Zentrale West

Eine lange Tour hatten wir uns nicht vorgenommen. Der Wetterbericht ließ uns Kälte, Starkwind, Böen bis 7 Bft und Regen erwarten. Unser nicht unbedingt genaues Innenthermometer zeigte am Morgen 14 Grad. Draußen dürften es noch ein paar weniger gewesen sein.
Bevor wir die Leinen los gemacht haben, mussten wir unbedingt noch sehen, wie das vor uns liegende Fahrgastschiff denn wohl gedreht wird. Nach Augenmaß war es etwa so lang wie der Kanal hier breit ist. Jetzt wissen wir´s: Mit ein paar Rückwärtsschüben das Heck am Steg halten und von Wind und Bugstrahler herumdrücken lassen. Das erklärt auch, warum das Holz des Steges stellenweise etwas bearbeitet aussieht.
Nach Ende der Vorstellung also ablegen und langsam zum nächsten Hafen, Hajstorp.
Hier beginnt der Abstieg, was bedeutet, ab hier kommen viele Schleusen kurz nacheinander. Bei Regen durch die alten Schleusen zu gehen ist nun etwas, was man sich nicht unbedingt antun muss. Da das Wetter die nächsten Tage nicht durchgreifend besser werden soll, haben wir auch keine Eile, den geschützten Kanal zu verlassen.
Hajstorp ist eigentlich nur eine Sammlung von Häusern, ein Weiler. Dorf wäre schon hoch gegriffen. Eine gewisse Bedeutung hat der Ort beim Bau des Kanals gehabt, denn hier war die Zentralstelle für den Bau des Westteils. Davon hat sich einiges erhalten, vor allem die Dienstwohnung des Leitenden Ingenieurs.
Heute eine respektable Villa in Privatbesitz mit parkähnlichem Garten. Als Leitender eines solchen Großprojekts besaß man offensichtlich gewisse Privilegien. Ein altes Magazin dient als Museum, die alte Schmiede steht einfach nur so rum. Im Museum gibt´s ein bisschen landwirtschaftliches Gerät aus dem 19. Jahrhundert und ein paar Kanalbau-Utensilien zu sehen. Und natürlich allerlei Schnickschnack, den man kaufen kann.

Spaten aus der Zeit des Kanalbaus. Man beachte die metallsparende Ausführung.

Zwei Doppelschleusen, eine Rollbrücke. Letztere wird in den bunten Papieren, die man zum Kanal bekommt, als etwas besonderes dargestellt, weil sie rechts und links der Fahrbahn einen Mast trägt, von dem Dahtseile zum Brückenträger gehen. Also im Prinzip eine Schrägseilbrücke, nur geht der Pylon nicht bis auf den Untergrund, sondern rollt mit der Rollbrücke hin und her. Die ganze Brücke ist so dimensioniert, wie man das Anfangs des 19.Jhd brauchte. Ein Auto zur Zeit geht rüber, Begegnungen mit Füßgängern sollte man eher vermeiden.
Nachdem wir alle wesentlichen Attraktionen von Hajstorp durch hatten kam sie dann, die Front. Mit Sturm, Regen, Hagel und eiskalter Luft. Da ist es durchaus entspannend, unter Deck zu sein und Mitleid mit denen zu haben, die es nicht rechtzeitig geschafft haben.

Schön, unter Deck zu sein

Am frühen Abend dann die Ruhe nach dem Sturm. Siehe Bild oben.
Der Temperaturanstieg war leider nur von kurzer Dauer. Kurz vor 22 Uhr haben wir die Heizung angemacht. Machen wir sonst eher selten im Juli.

 

Autor: cord

Hat mal Physik studiert, aber fast alles wieder vergessen. Hat jetzt altersbedingt viel Freizeit und segelt gerne. Oder macht Musik. Verheiratet, zwei erwachsene Kinder. Und inzwischen zwei Enkelkinder.