Großstadt, halbtrocken

Zunächst zur Flakmoppe. Die gibt es hier auch in elektrischer Ausführung. Und das ist auf einer so kleinen Insel ja auch sinnvoll, weil, wenn es auch nur eine Lademöglichkeit gibt, dann ist die Infrastruktur ja schon voll ausgebaut. Andererseits ist der gemeinen Flakmoppe aber auch ein furchterregender Konkurrent entstanden: Das gemeine Quad mit einem Tablett vorne drauf. Und das verbreitet sich hier schon und ist den Moppen natürlich in den Fahrleistungen weit überlegen. Kann man die Flakmoppe unter Artenschutz stellen?

Ältere Flakmoppe
Ältere Flakmoppe

Heute hat es mal, im Gegensatz zu den letzten zwei Tagen, auch mal aufgehört zu regnen, und der Schiffsführer war auch nicht mehr fußkrank, was er leider auch die letzten zwei Tage war. Nachdem wir bemerkt hatten, dass es wirklich schon eine ganze Zeit nicht geregnet hatte, haben wir uns mutig entschlossen, nach Göteborg zu fahren. Nicht mit dem eigenen Boot, sondern mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Also ins richtige Göteborg, weil wir ja eigentlich schon in Göteborg sind. Es gibt etliche Schären, Holme und Inseln (Bezeichnungen nach aufsteigender Größe), die zum Stadtgebiet gehören. Und zwischen denen git es auch ÖPNV, also öffentlichen Personen-Nahverkehr.
An keinem anderen mir bekannten Ort ist der ÖPNV so spannend wie hier. Was die Fähren hier bieten, dagegen sind die venezianischen Vaporettos langweilig.

Schiff fast so breit wie die Durchfahrt!
Schiff fast so breit wie die Durchfahrt!

So manche Durchfahrt ist nur wenig breiter als die Fähren, und die Fahrt geht mitunter beängstigend nahe an Schären und Felswänden vorbei.
Göteborger Fähre an der Felskante
Göteborger Fähre an der Felskante

Wo Strecken ohne Hindernisse sind, wird der Hebel auch wirklich auf den Tisch gelegt. Da heute fast ein jeder einen GPS-Empfänger bei sich hat, in seinem Smartphone nämlich, kann man ja leicht nachmessen, war da so rauskommt beim Hebel-auf-den-Tisch-legen: 25 Knoten. Und das zwischen Felsen und, soweit ich weiß, bislang unfallfrei. Vielleicht sollten manche Kreuzfahrtreedereien ihre Schiffsführer in Göteborg anwerben, die können das!
Im Stadtzentrum, wir haben uns auf den Teil hinter den Wallanlagen beschränkt, war es dann nicht mehr ganz regenfrei, aber die letzten Tage haben uns da tolerant gemacht. Natürlich reichen ein paar Stunden nur für einen oberflächlichen Eindruck, mehr haben wir auch nicht erwartet. Und Jogis Tipp, die Markthallen zu besuchen, konnten wir auch folgen. Die Altstadt „Inom Vallgraven“ ist so klein, dass man sie in ein paar Stunden schon gut ablaufen kann.
Stora Saluhallen / Große Markthalle
Stora Saluhallen / Große Markthalle

Gen Abend dann mit der Fähre, auch eine der Attraktionen von Göteborg, zurück in den Schärengürtel, ebenfalls eine der Attraktionen von Göteborg.

Die Dunstinsel

Es ging nicht weiter. Zumindest der Wind war so, dass man hätte segeln können. Wenn es denn wirklich notwendig gewesen wäre. Aber wir müssen keine Fracht abliefern und können kein Geld mit Segeln verdienen – im Gegenteil. Dann muss man ja nicht los, wenn es keinen Spaß macht. Und es hätte keinen Spaß gemacht. Dies hier ist ja eine Westküste, und da ist dann bei Westwind schon ein bisschem mehr los auf dem Wasser. Mit Rücksicht auf die gute Laune und das Wohlbefinden, besonders im Magenbereich, sind wir noch einen Tag in unserem Versteck hinter Malö und zwischen Hestholm und Mönster geblieben.
Heute morgen war das Wetter dann deutlich ruhiger, wenn auch in der See noch etwas Bewegung war, und wir sind weiter Richtung Norden.
Obwohl unser Liegeplatz gut geschützt war und man ihn nur erreichen kann, indem man um etliche Schären und Inselchen herum fährt und dann von Osten kommt, kann man ihn vom Sund zwischen Malö und dem Festland sehen. Was man nicht sieht, ist, dass das Wasser stellenweise so flach ist, da noch nicht einmal die Wellen durchkommen.
Siehe Bild oben.
Heute also Richtung Göteborg, mit Westwind. War, für unsere Verhältnisse, richtig schnelles Segeln. Fast durchgehend 6 Knoten und mehr bis zur Einfahrt in den Göteborger Schärengürtel.

Einfahrt in die Göteborger Schären
Einfahrt in die Göteborger Schären

Den Schärengürtel darf man sich nicht so vorstellen, dass es da nur einsame Schären gäbe. Den größten Teil der Landfläche machen recht große und auch dicht besiedelte Inseln aus. Die meisten sind durch Fährlinien, stellenweise auch durch Brücken, miteinander verbunden und gehören schon zum Randbereich der Großstadt Göteborg.
So auch Donsö, wo wir zur Zeit liegen. Der örtliche Prospekt legt Wert auf die Feststellung, das Donsö schon wichtig war als es Göteborg noch gar nicht gab. Was ja auch nicht verwunderlich ist, Göteborg ist ja eine Gründung aus dem 17. Jahrhundert und damit für eine so große Stadt relativ jung, für europäische Verhältnisse.
Donsö ist über eine Fähre an das Göteborger Straßenbahnnetz angeschlossen. Wir werden das morgen mal nutzen, unser Boot hier lassen und mit ¨Öffies¨ in die große Stadt fahren.
Donsö – der Name soll von Dunst abgeleitet sein, also die Dunstinsel – hat, wie sich das für eine ordentliche Insel gehört, ein paar Besonderheiten. Es ist die am meisten ¨industrialisierte¨ Insel in dieser Gegend. Wobei die Industrie wohl im wesentlichen aus Reedereien besteht. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der schwedischen Handelsflotte wird von hier aus bereedert. Wobei alle diese Tanker etc. Donsö natürlich nie anlaufen können. Dazu ist der Hafen zu klein
und sind die Fahrwasser zu eng.
So findet man denn im Hafen viele Sportboote, wenige Fischer und etliche große Trawler, die so sauber und aufgeräumt aussehen, dass man annehmen kann: Die sind zum Verkauf hübsch gemacht.
Donsö Hafen
Donsö Hafen

Ich finde die Mischung nicht schlecht: Man hat zumindest optisch nicht den Eindruck, im Yachtie-Ghetto zu liegen.
Weitere Besonderheiten der Insel: Mit maritimen Motiven bemalte Briefkästen an manchen Häusern. Keine, oder fast keine normalen Autos, dafür viele umgebaute Golf-Karts und viele dieser landestypischen Verkehrsmittel, deren Name ich nicht weiß: Dreirad, hinten Moped und vorne eine Ladefläche, die ggf. auch zum Personentransport genutzt wird. Wir nennen sie die rasenden Tablets, obwohl das vermutlich nicht die korrekte Bezeichnung in Schweden ist. Jedenfalls sind sie für die engen Straßen hier besser geeignet als normale Autos, von den heute überall zu findenden Blechblasen ganz zu schweigen.
Plan für Morgen: Siehe oben, in die Stadt, uns fehlt noch ein Hafenführer für die nördliche Hälfte des Reviers. Und den sollte es dort wohl geben. Und ohne das südliche Gegenstück hätten wir den Platz von vorgestern/gestern sicher nicht gefunden. Und die Lebenmittelvorräte sind mittlerweile auch schon ein wenig dezimiert.

PS: Der Autor dankt hiermit nochmal all denen, die ihn heute angemails, -smsst oder -gerufen haben.