Die letzten Inseln

Ganz offensichtlich sind wir wieder in mehr oder minder heimischen Gewässern. Man merkt’s an verschiedenen Kriterien: Das Wasser wird flacher. Die Zahl der bekannten Boote wird größer. Die Zahl der bekannten Menschen wird größer. Die Zahl der Seehund auch. Und leider: Die Zahl der Probleme mit der Seefahrt wird auch größer. Zum Glück nicht unsere, aber um uns her. Auf Borkum eine Yacht, die sich völlig ver-navigiert hatte und mit Hilfe der DGzRS in den Hafen geleitet wurde. Auf Nordeney begrüßte der Hafenmeister eine einlaufende Yacht mit: Ward ihr das vor Wangereooge? Ihr steht schon in der Zeitung! Vor Spiekeroog hat ein ortsfremder seine 40-Fuß Yacht so auf die Sände gepackt, dass sie ihren Kiel verloren hat und leckgeschlagen ist.

Schadendurch Strandung im Seegat. Das war ein Kielboot! Vorher.
Schaden durch Strandung im Seegat. Das war ein Kielboot! Vorher.

Ein andere hat sich in der Einfahrt seine Ruderanlage verdängelt – OK, das war nur ein bayrisches Leichtbauschiff. Alles innerhalb weniger Tage. Hier ist wirklich was los zur Zeit. Und hier sind zur Zeit zahlreich Mitglieder einer deutschen Landsmannschaft unterwegs, die als verstärkt beratungsresistent gelten. Vielleicht ja nicht völlig zu Unrecht. Unter ihnen auch eine Gruppe mit einem Wasserfahrzeug, das nach Meinung des Autors absolut revierungeeignet ist. Scheint aber nichts passiert zu sein.

Für die Seefahrt ungeeignetes Wasserfahrzeug auf Baltrum
Für die Seefahrt ungeeignetes Wasserfahrzeug auf Baltrum

Man wünscht sich, das ihnen eine Gewitterböe mit Wind gegen Strom erspart bleibe.
Es waren aber auch Niederländer und Skandinavier unter den Akteuren zu vermelden. Ansonsten: Die Ostfrieseninseln sind ein schöner Ausklang dieser Fahrt. Schon mehrfach hatten wir vor, unseren Sommertörn hier ausklingen zu lassen. Diesmal haben wir es auch geschafft. Borkum (Hafen – Na ja), Norderney, Baltrum, Spiekeroog. Wangerooge hatten wir auf der Hinfahrt, ist aber nochmal geplant. Langeoog hatten wir auch auf der Hinfahrt. Juist fällt aus.
Und im Moment warten wir auf das angesagte Gewitter. Mit Böen bis 9 Bft. angesagt. Da muss man ja nicht unbedingt im Watt unterwegs sein. Wir haben im Laufe der Jahre schon mehrere Ausdrucksstarke Gewitter auf Spiekeroog erlebt. Und auch wenn mehrere von der Kapitänsbank – die Stühle vor’m Clubhaus, wo immer die besten Kapitäne sitzen – sagen, heute komme kein Gewitter mehr: Wir möchten es nicht ausprobieren.Da schauen wir uns lieber die kleineren und größeren Lebensformen an, die für dieses Revier so typisch sind.

Kleinere Lebensform: Einsiedlerkrebse
Kleinere Lebensform: Einsiedlerkrebse
Größere Lebensform im Watt: Dergemeine Wattwanderer, von uns auch Pinguine genannt
Größere Lebensform im Watt: Gemeine Wattwanderer, von uns auch ¨Pinguine¨ genannt

Und ganz oben: Das unbefahrbare Seegat, die Wichter Ee bei Niedrigwasser. Die Einheimischen fahren da manchmal trotzdem durch, aber das sollte man besser nicht nachmachen.

Innen weiter

Wenn es auf See so richtig ¨nicht komfortabel¨ (Zitat eines einheimischen Seglers) ist, kann es im Kanalnetz sehr komfortabel sein. Deshalb wurde der anfängliche Plan, bei Lauwersoog wieder ins Watt zu fahren geändert und wir haben den Rest des Nordteils der Staande Mast Route auch noch abgefahren. Obwohl wir den eigentlich schon gut kennen, er ist immer wieder reizvoll, man findet noch neue Orte. Und überwiegend unter Segeln haben wir ihn vorher auch noch nicht befahren. Ab und an mal ein Stückchen schon. Aber wegen des sehr ausdrucksstraken Westwind der letzten Tage konnten wir dieses Mal wirklich große Strecken segeln. Was ja auf teils engen Kanälen nicht so häufig ist.

Schonung fossiler Brennstoffe!
Schonung fossiler Brennstoffe!

Geht natürlich nicht durchgehend, nicht in Ortsdurchfahrten, nicht an Brücken und Schleusen und besser nicht an unübersichtlichen Stellen – es bremst sich so schlecht unter Segeln, besonders wenn der Platz zum drehen nicht reicht. Und natürlich nur unter Vorsegel, damit man notfalls schnell genug den Antrieb abschalten kann. Damit ist man aber bei diesem Wetter allemal schnell genug. Manchmal sogar mehr als genug.

Also Lauwersmeer – Reitdiep – Groningen Eemskanal – Delftzijl. Es gibt zahlreiche ¨naturnahe¨ Liegeplätze, an denen man bis zu drei Tage bleiben darf.

Viel Wind auch im Binnenland
Viel Wind auch im Binnenland

Die Wassertiefe war bislang für uns immer ausreichend. Die Infrastruktur ist begrenzt auf eine Kante zum Festmachen, Poller zum Anbinden und manchmal beschilderte Wanderwege. Alles andere ist mitzubringen und natürlich auch wieder mitzunehmen.

Naturnahe Liegeplätze
Naturnahe Liegeplätze

Für die, die noch nicht mit dem Boot hier waren: Zeit ist ebenfalls mitzubringen. Erstens, weil die Strecke durchs Binnenland erheblich länger ist als über See. Man nicht schnell fahren darf und sollte. Die Brücken teils nicht bedient werden: Auf freier Strecke Mittagspause der Bediener.

Mittagspause! Zweimal rot.
Mittagspause! Zweimal rot.

In den Ortsdurchfahrten Sperrzeiten, wenn der Berufsverkehr läuft. Und in Groningen an Sonn- und Feiertagen nur im Konvoi zu festen Zeiten. Wir waren Sonnabends da und bekamen vollen Service: Drei Brückenwärter, einer macht hinter einem die Brücke zu, einer vorne auf und der dritte radelt schon mal zur übernächsten. Alles auf Staatskosten. (Bei uns wären die Grachten vermutlich schon zugeschüttet.)
Nach Groningen ist die Fahrt dann nicht mehr so spannend, der Kanal ist breit, gerade und höchstens dadurch interessant, das er so hoch über der umgebenden Landschaft liegt.

Ein sehr Niederländisches Motiv am Eemskanaal
Ein sehr Niederländisches Motiv am Eemskanaal

Themenwechsel: Im heimische Watt haben wir an einem Tag mehr Meeressäuger gesehen als auf der ganzen Fahrt vorher. Vorher: Ein Delfin, und den habe nur ich gesehen, dafür allerdings in ganzer Länge und kurzfristig vollständig in der Luft, zwei oder drei Schweinswale und ein paar Seehunde im Haringsvliet. Vor Borkum siehe Bild oben. Das neue Fahrwasser führt ganz dicht an den Seehunden vorbei, und das scheint die nicht sonderlich zu stören. Ein paar schauen schon mal auf – neugierig sind die eigentlich ja immer -, aber die Mehrzahl hebt nicht mal mehr den Kopf.