Eyemouth und Holy Island 2013

Sonnabend, 27.07.2013, Holy Island, England. UK
Ja, ich bin wieder in England, habe gegen Mittag die Grenze überschritten, was auf dem Wasser aber nicht nachzuvollziehen ist. Laut Seekarte endet die Grenze am Strand.
Zuvor habe ich nochmal versucht, gegen schottisches Gesetz zu verstoßen. Manche Gesetze in diesem Lande sind aber auch so, äh, eigenwillig, dass ich vorschlagen möchte, den Entwurf vor der ersten Lesung einem Psychater vorzulegen.
Also, das mit dem Gesetzesverstoß ging so: Martha lag mal wieder im Päckchen, mein Nebenmann wollte um 9:30 Uhr raus, der Hafenmeister sollte um 9:00 erscheinen, um 8:00 machen die Geschäfte auf. Also habe ich, relativ erfolgsarm, versucht, meine Vorräte zu ergänzen. Unter anderem befand sich ein 4-er Pack Ale in Dosen in meinem Körbchen, und die Idee, eine Flasche Whisky zu erstehen in meinem Kopf. So geht dass aber nicht in Schottland, morgens um 20 nach 8 wird hier kein Bier verkauft. “It’s the scottish law”. Nach dem Whisky – den gibt’s nur an der Kasse, im Regal stehen nur die leeren Kartons – nach dem Whisky also habe ich erst gar nicht gefragt. Wenn man sich also in jenem Lande bereits vor 10:00 Uhr die Birne zudröhnen will, muss man sich seinen Stoff schon Tags zuvor auf Halde legen. Wahrscheinlich geht das schottische Parlament davon aus, dass das den vorgeschädigten Dauertrinker mental überlastet und daher auf diese Weise dem Alkoholmissbrauch ein Riegel vorgeschoben werden kann. Tatsächlich sind mir auch morgens keine Betrunkenen begegnet, was der Beweis für die tiefe Weisheit hinter den schottischen Schankgesetzen sein dürfte.

Und heute ab 1500 Uhr wurde in Eyemouth die Heringskönigin gekürt.

Eymouth, geschmückt für die Fete
Eymouth, geschmückt für die Fete

Sie soll 15 Jahre jung und sehr hübsch sein, weiß ich alles schon. Und die meisten Dinge bei der Fete sind “for free”. Dort wird man sicher auch keine alkoholisierten Eyemouther treffen, wegen der weisen schottischen Gesetze zum Thema Alkohol. Sowas gibt’s natürlich nur auf dem Kontinent, bei Wein-, Heide- , Schützen- und ähnlichen Königen und -innen.
Auf dem Rückweg vom Boot bin ich dann mit relativ leerer Einkaufstasche wieder an dem schwarzen Ding vorbei gekommen, bei dem wir beim ersten Besuch schon gerätselt haben, was es sein könnte. So falsch waren unsere Vermutungen nicht, es ist tatsächlich ein Kettendampfer zum Hafenschlick rausschieben namens “Bertha”.

Bertha, der Kettenschlickschieber
Bertha, der Kettenschlickschieber

Jetzt steht ein Schild ‘dran. Interessant ist auch, dass es ein Kettendampfer mit 2 Ketten ist, eine dicke zum Schlick schieben, und eine dünne, um die Schlickschieberin wieder zurück zu holen. (Schiffe sind im englischen ganz konsequent immer weiblich) Bertha ist das älteste noch betriebsfähige Dampfschiff Großbritanniens (und damit vermutlich der Welt), steht weit oben auf der Liste der technikgeschichtlichen Denkmäler des UK, und der Erbauer war Isambard Kingdom Brunel. Freunde der Technikgeschichte teilen jetzt mein Aha-Erlebnis, die anderen schlagen mal nach.

So, nun konnte ich endlich zum Hafenmeister. Hat etwas gedauert, weil der auf dem Balkon stand und auf mich gewartet hat, während ich im Gebäude herum geirrt bin, um ihn zu suchen. Als wir uns dann endlich gefunden haben, hat er sein “paper work” erledigt, und als er “Bremen” – Verzeihung St. Veiter, habe auf “woher” mit “Bremen”, nicht mit “Ochtum” geantwortet – also, als er “Bremen” gehört hat, da ging’s los. Ja, da gab’s doch diesen Liner, der das “blue ribbon”, und dann die P-Liner, Pamir, Passat, Potosi, Preussen … – Toll, dass man auch in Schottland – Aber ja doch, jeder der sich für die Seefahrt interessiert, kennt doch … –
Mein Nachbar ist dann etwas später weggekommen, hat sich aber nichts anmerken lassen.
Nachdem ich den Nachbarn also raus gelassen, das Boot wieder fest und klar zum Auslaufen gemacht habe, ergab die Zählung meiner Fender drei, was falsch ist. Da muss wohl einer, Holländer, meinen ratlosen Gesichtsausdruck bemerkt haben und brachte mir einen Fender, den er aus dem Hafen gefischt hatte. War mir bei der Rauslass-Aktion wohl entwischt. So war’s dann heute etwas später beim Auslaufen.

Eyemouth Hafenausfahrt
Eyemouth Hafenausfahrt

Segeln war etwas mühsam, meist zu wenig Wind, und wenn doch, dann von vorne. So ab Berwick kam dann die erste Starkwindwarnung mit 6 Bft, dann 7, zur Zeit mit 8 Bft.

Liege jetzt vor Anker im “Hafen” von Holy Island, das eigentlich Lindisfarne heißt. Hafen heißt hier, wie oft im UK, Naturhafen. Also einfach eine einigermaßen geschützte Bucht. Diese hier wirklich nur einigermaßen. Dafür ist die Umgebung umso schöner. Backbord eine Burg auf einem steilen Felsen.

Holy Island Castle
Holy Island Castle

Hinter mir die Abtei, die Heinrich VIII …

Lindisfarne Abbey
Lindisfarne Abbey

Vor mir in einiger Entfernung Bamburgh Castle, zu weit weg zum fotografieren, und Bb voraus der Leuchtturm von Farne Island, blinkt zu kurz und ist auch zu weit weg zum fotografieren. Kann man halt nur beschreiben.
Nur mit meinem Landausflug wir das wohl nichts, sind immer noch 80 cm Wasser unter’m Kiel. Bis das weggelaufen ist, ist es wahrscheinlich selbst hier stockdunkel.
Ach ja, Lindisfarne, das ist da, wo unsere dänischen Nachbarn, als sie noch Wikinger hießen, am 8. Juni 793 an Land gegangen sind, um Kirchenschätze zu klauen und schreiende Jungfrauen zu entführen. Heute tun sie das nicht mehr !
Damals haben sie damit das Zeitalter der Wikingerüberfälle eingeleitet. Haben aber nicht nur geräubert. Alle Städte in dieser Gegend, die auf -by enden, sollen dänische Gründungen sein. Whitby, Grimsby – na ja, das hätten sie besser gelassen –
Morgen mehr.