Sjællands Odde

Noch mehrere Tagen in Norsminde, verbracht mit Krebse fangen (und wieder freilassen), am Strand herum laufen etc..

Kurzes Segeln vor Nordminde mit Anna und Tom. Da sah man mal, wer wohin sieht: Die Regattaseglerin Anna gefühlte 70% der Zeit auf die Trimmfäden, der Eigener – äh, ja auch manchmal, doch eher sporadisch. Allerdings tut es beim Fahrtensegeln ja auch nicht weh, wenn man mal 2,3 Sekunden verschenkt.

Mit dem Boot zur Egå Marina. Wenig Wind, zwei Enkelkinder an Bord. Die letzten Meilen so gut wie ohne Wind, dafür mit Enkelkind auf dem Vordeck. Das andere im bootstypschen Halbschlaf.

Egå liegt etwas nördlich von Aarhus1. Es gibt dort Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf und auch Yachtausrüstung. Wir sind auf Egå gekommen, weil es anscheinend der einzige Ort in und bei Aarhus ist, wo wir Ersatz für die Gaspatrone der Rettungsweste bekommen haben, die der Skipper versehentlich ausgelöst hat. Nicht das erste Mal, aber immer wieder ärgerlich.

Die Marina von Egaa, äh Egå, erwies sich als groß, nüchtern, mit allem nötigen ausgestattet, aber langweilig. Offensichtlich kein Ziel für herumirrende Gastsegler. Zumindest im Kontrast: Wenn man, wie wir, mit dem Bus von der engen Marina Marelisborg in Aarhus kommt, wirkt Egå gar nicht  so schlecht. Wenn man mit dem Boot aus dem schönen Norsminde kommt, eben ein Parkplatz für Boote.

Also zurück nach Norsminde. Zitat: „Das ist, wie wenn man nach Hause kommt.“ Wir werden Nosminde in die kurze Liste userer Liebingshäfen aufnehmen, haben es  aber versäumt das auch in’s Gästebuch zu schreiben. Liebe Norsminder, wir bitten um Entschuldigung.

Opa’s Geburtstag. Im Ballon Bremer Luft aus Grolland.

Nach Opas Geburtstag Abfahrt der Kinder samt Eltern zum nächsten Geburtstag nach Årø. Und Abfahrt der Standard-Martha-Crew Richung Ost, Ziel Sjællands Odde.

Sjællands Odde ist eine lange, schmale Halbinsel, die von Sjælland aus etwa 15 km ins Kattegat recht, aber teils nur ein paar hundert Meter breit ist. In der Verlängerung gibt es unter Wasser noch Sjællands Rev mit dem Leuchtturm Sjællands Rev auf der Spitze, der vor Sjællands Rev warnt. Und ein Stück davor noch den wesentlich markanteren  Leuchtturm Sjællands Rev Nord, der dann von Sjællands Rev (Riff) und damit auch vor Sjællands Rev (Turm) warnt.

Damit Kleinfahrzeuge wie das unsere nicht den ganzen langen Weg um Sjællands Rev nehmen müssen, hat die Natur auf etwa einem Drittel der Strecke von Sjællands Odde (Gniben) bis Sjællands Rev (Turm) ein Loch gelassen. Und die dänische Wasserstraßenverwaltung zwei Tonnen gesetzt. Eine grüne auf der NW-Seite, die man an Backbord und eine rote auf der SE-Seite, die man an Steuerbord lassen muss. (Dass entspricht so zwar nicht der Erwartungshaltung des mitteleuropäischen Seglers, der gelernt hat, dass Fahrwasser A: Richtung Hafen, B: von West nach Ost, C: von Nord nach Süd betonnt werden, ist aber trotzdem außerordenlich hilfreich. Übrigens gibt es die „dänische Betonnung“ z.B. auch am Langelands-Rev, wo sie uns genauso verwirrt hat.)

Das Loch im Rev heißt Snekkeløb, warum auch immer, hat eine garantierte Wassertiefe von 3,8 m und da durch sind wir in den Hafen auf der Odde gelangt, der auch Odde heißt.

Soweit man das als durchreisender Bootstourist erkennen kann, lebt Odde  (Ort und Hafen)
A: Vom Fischfang. Es gibt hier noch etliche funktionsfähige Fischereifahrzeuge und auch etliche andere, die den ganzen hinteren Teil des Hafens einnehmen.
B: Im Sommer vom Tourismus, insbesondere von mehreren fischlastigen Restaurants.
C: Vom Holzbootsbau. Es gibt hier eine Werft, die hölzerne Kutter repariert und auch den Neubau von Holzbooten anbietet.
D: Vom Lotsenwesen. Es sind hier mehrere Lotsenboote stationiert. Allerdings fahren die so selten raus und rein, dass das wohl nicht die einzige Lotsenstation in dieser Gegend sein kann.

Alles zusammen gibt Ort und Hafen ein durchaus ansprechendes Ambiete: Genug Infrastruktur, um sich zu versorgen, aber eben nicht nur Touristenort (mit solchen Leute wie uns, die nichts zum Bruttosozialprodukt beitragen)

Im Moment liegen wir im Hafen von Sj Odde (hier oft gesehene Abkürzung) fest, weil draußen die Verlängerung des Wetters stattfindet, das gestern die EM-Spiele in Deutschland unterbrochen hat. Es regnet anhaltend, wenn auch nicht so ergiebig, wie es er Wetterbericht vorhergesagt hat. Und im Hafen seht ein leichter Schwell, der Sabine leider gar nicht bekommt.


  1. Die Stadt Aarhus hat freundlicherweise entschieden, dass man sie mit „Aa“ schreibt, was dem Nicht-Eigner einer dænischen Tastatur sehr entgegen kommt! Die machen mich irre mit ihren ø’s und å’s (Asterix). Und æ’s! ↩︎

Mehr zu Norsminde

Bevor nun die, die da kommen sollten, auch ankamen, hatten wir Gelegenheit, altehrwürdiges nordisches Brauchtum zu erleben. Es ist Sommeranfang, was man sogar am Wetter deutlich meken kann. Wärmer, kein Regen, blauer Himmel, gibt’s tatsächlich.

Offenbar besteht die Ansicht, dass sich diese Gaben der Natur nicht von selbst einstellen. Während man in Schweden den Wetterumschwung ja durch Singen und Tanzen um einen Baum auslöst (siehe hier), greift man hier offensichtlich zur bewährten Methode der Hexenverbrennung. Was auch hier größere Mengen Volks anzieht, die das als erfreuliches Ereignis sehen und feiern. Das Ganze läuft unter dem Namen Hans-Feuer, wobei ja Hans auch bei uns die Kurzform von Johannes ist. Was der mit Hexen zu tun hat, ist uns nicht klar, aber als Heiliger für den Sommeranfang hat er früher ja auch bei uns herhalten müssen, der Johannes (welcher Johannes ist das eigentlich?)

Im Verbrennen unliebsamer Personen hat die Kirche ja auch eine lange Tradition. Dann doch lieber eine nordische Papierhexe. Wir haben uns vorzeitg zurück gezogen. Nicht wegen der Pietät, sondern weil es dunkel wurde und der Heimweg unbeleuchtet war.

Nachdem der Rauch sich nun verzogen hat, haben wir noch ein bisschen über Norsminde gelernt. Im 17., 18. Jahrhundert war der Hafen von Aarhus wohl so klein, dass größere Schiffe nach Norsminde umgeleitet wurden. Was damals dem Ort soviel Bedeutung gab, dass die Engländer zur Zeit Napoleons nicht nur Kopenhagen, sondern auch Norsminde angegriffen haben. Zumindest der letzere Angriff konnte abgeschlagen werden. Die Glanzzeit von Norsminde ging allerdings mit der Erfindung der Eisenbahn dahin. Die Kirche verfiel, heute sind noch ein paar historisch wertvolle Steine übrig, auf denen eine Büste Frederiks des VII tront, die man allerdings kaum findet.

Und das 4-Sterne Hotel (mit gehobener Küche) war urprünglich die Mautstelle für die klapprige Holzbrücke über den Eingang zum Nor. Heute wird keine Maut mehr erhoben, die Brücke ist eine ganz alltägliche Straßenbrücke. Aber Geld kann man hier immer noch loswerden. Im Gegensatz zu früher muss man’s aber nicht.