Chaos vorm Hafen

Im Allgemeinen bemühen wir uns, auf der Rückreise nicht die gleichen Häfen anzulaufen wie auf der Hinfahrt. Im Allgemeinen klappt das auch. Bei Anholt im Besonderen nicht, aber das kann man gut mehrfach besuchen. Ich kenne sogar Leute, die machen das jedes Jahr. Bei Grenaa könnte man es vermeiden, aber das liegt halt so günstig, und der Yachthafen ist so groß. Weiter über Öer und Stavns Fjord auf Samsö.
Im Detail: Auf Anholt Fete im Lokal am Hafen. Viel Beleuchtung, viel Tanzlärm. Der Berichtende hat Probleme, in diesem Zusammenhang den Begriff Musik zu benutzen. Der Tanzlärm ging etwa so: Dumm-dumm-dumm-dumm (Viertel) dub dub dub dub dub (Achtel) budubudubudubudubum (Sechzehntel). Mit der Technik des Schlagzeugspiels unvertraut fragt er sich, der Berichtende, ob man denn mit einer Bassdrum sechzehntel spielen kann. Und wenn ja, wie. Kann mir das mal ein Drummer vorführen ? Die oben beschriebene Figur war bis mindestens 4:30 Uhr laut und klar zu vernehmen.

Überfahrt nach Grenaa, leider ab Südwestecke Windpark ohne Wind. Grenaa nicht überfüllt. In Grenaa waren einige muntere Kinder für die Beschallung zuständig. Mit dem Schlauchboot durch das Hafenwasser pflügend sangen sie, laut und klar, und gar nicht schlecht, etwa: Tammtammtatarrrammtamm, tatarammtamm, tataraa. Nach mehrmaligem, kreativem Stutzen hatte der Berichtende auch die Zuordnung: Fluch der Karibik, Black Perl in voller Fahrt. Das passt doch. Allerdings hat der Berichtende jetzt einen Ohrwurm:“Tammtammtatarrrammtamm…“

Grenaa nach Öer. Wurde uns von unserem Nachbarn auf Anholt – Gedränge im Hafen fördert die Kommunikation – als Übernachtungshafen empfohlen. Nicht teuer und immer freie Plätze.
Beschallung auf dem Weg nach Öer: Kein Wind, Diesel an, „Ratatatata“.
Öer ist eine Ferienhausanlage mit Bootsliegeplätzen, die in eine aufgelassene Kiesgrube hineingebaut wurde. Durch einen Kanal mit Schleuse mit der See verbunden. Hat schon ein wenig Patina angesetzt. Das mit den Ferienhäusern scheint noch zu laufen, wenn auch einige zum Verkauf stehen. Liegeplätze gibt es mehr als genug. Und die Relaxations- und Bespaßungszentralen, die da mal vorgesehen waren, die haben es offenbar schon vor längerer Zeit aufgegeben. Wenn noch jemand ’ne Seglerkneipe pachten möchte …

Öer Maritime Ferieby
Öer Maritime Ferieby

Beschallung in Öer: Bunt gemischt, schön laut, aber nicht so lang in den nächsten Morgen. „Why she had to go, I don’t know, she didn’t say“.

Mit Südwest von Öer nach Stavns Fjord. Das liegt an der Ostseite von Samsö und ist eigentlich mehr eine Lagune als das, was sich unsereiner unter Fjord vorstellt. Ein Bereich flachen Wassers, durch eine lange Nehrung von der freien See abgeteilt. Darin etliche Inselchen, wovon die meisten unter Naturschutz stehen und nicht, oder zeitweise nicht, betreten werden dürfen. Und mit einer tiefen Rinne die zwischen diesen Inseln hindurchführt. Nicht markiert, was die Sache umso spannender macht. Man soll, laut schlauem Buch, die Wassertiefe aber an der Farbe erkennen können. Ein anderes, ebenfalls schlaues Buch sagt, dass man die gar nicht befahren kann. Oder, noch ’n schlaues Buch, nicht sollte, weil man bei Wetterverschlechterung im Dunkeln nicht, oder nur schwer, wieder heraus findet.
Auch die Meinungen innerhalb der Marthabesatzung gingen zu diesem Thema weit auseinander, und so hat sich der schlechte Kompromiss ergeben: Rein, aber nur ein kleines Stückchen. Dann Ankern. Auch hier gingen die Meinungen auseinander: Der Anker hält, hält nicht, hält doch. Anker wieder auf. Er hielt so gut, das man heftig ackern musste, um ihn wieder auszubrechen. Nochmal ankern. Wetterverschlechterung. Dann doch nach vorne, wo alle ankern, ist dort etwas geschützter. (Ganz hinten, wo ich eigentlich hin wollte, wär es noch geschützter gewesen) Also nach vorne, wo alle ankern. Zwei oder drei Versuche, bei denen der Anker nicht hielt, aber viel Biomasse geerntet hat. Ich hab inzwischen den Überblick über die Anzahl der Ankerversuche verloren, aber jetzt hält er. Und wir liegen da, wo alle anderen auch liegen. Also so, wie ich es eigentlich vermeiden wollte. Dumm gelaufen. Und das Wetter hat sich, zumindest vorläufig, wieder beruhigt.

Grenzüberschreitung

Trestövsläge lass ich mal aus. Netter Hafen, wenig Ort dahinter. Den vielgepriesenen Fischladen im Fischereihafen konnten wir nicht nutzen, weil er schon zu hatte. Und die ebenfalls vielgepriesenen Strände haben wir auch nicht genutzt. Überhaupt neigt die Fremdenverkehrsindustrie in diesem Lande dazu, die Strände herauszustellen. Wahrscheinlich, weil Schweden, bezogen auf die Länge der Küstenlinie, nicht allzu viele davon hat.
Also Falkenberg. Wie wollen nach Anholt, und es ist Südwestwind angesagt. Von Varberg oder Treslövsläge aus liegt Anholt dann ziemlich genau in Windrichtung, Falkenberg liegt da günstiger. Und die Beschreibung im schlauen Buch klingt nicht schlecht.
Wenn man von See her auf Falkenberg zu läuft, sieht man von der Stadt erstmal nichts. Nur Industrie, Silos, Frachtschiffe. Man läuft in den Hafen, der eine ausgebaute Flußmündung ist, ein und sieht immer noch keine Stadt. Festmachen beim örtichen Segelverein, gegenüber der Werft.

Falkenberg Hafen
Falkenberg Hafen

Immer noch keine Stadt zu sehen. Erst etwa 1 bis 1 1/2 Kilometer flußaufwärts kommt man nach Falkenberg. Eine Kleinstadt, die durchaus ihre Reize hat.
Eine der Attraktionen ist Tullbroen, eine steinerne Bogenbrücke aus der Mitte des 18. Jahrhunderts.
Wie so oft in Schweden wird man durch ein Schild über die Geschichte des Bauwerks aufgeklärt: Nachdem der hölzerne Vorgängerbau noch nicht einmal den damaligen Sicherheitsstandards entsprach, hat man bei von Krone die Erlaubnis und auch die Mittel zum Bau einer Steinbrücke erhalten. Interessanterweise war man damals, so um 1760, der Meinung, nur das Militär sei in der Lage, ein solches Bauwerk zu errichten. Und so ist diese Brücke im Wesentlichen von schwedischen Soldaten erbaut worden. Die meisten Häuser sind ja heute noch aus Holz, Festungsbauten immer aus Stein. Vielleicht ist das einer der Gründe. Wie auch immer, bis ins zwanzigste Jahrhundert wurde Brückenzoll erhoben. Daher der Name „Tullbroen“.
 Falkenberg, Tullbroen
Falkenberg, Tullbroen

Mitte des 20 Jahrhundert wurde ein Antrag gestellt, die Fahrbahn autogerecht zu verbreitern. Dem wurde zum Glück nicht statt gegeben, dafür aber die Brücke flugs unter Denkmalschutz gestellt und renoviert.
Abgesehen von der Brücke hat Falkenberg auch einige weitere malerische Ecken zu bieten. Und die Lage an einem naturnah belassenen Fluß.
Wasserwanderer, kommst du nach Falkenberg, lass dich nicht vom Hafen abschrecken.
Mit Falkenberg endet die schwedische Phase dieser Reise.
Weiter nach Anholt. Dass der Hafen von Anholt in den Ferien überfüllt ist, hatten wir schon gehört oder gelesen. Das er so voll ist …
Nun ja, es gibt nur diesen einen Hafen in der Mitte des Kattegats. Das lehrt den Nordseesegler ganz neue Anlegetechniken und fördert die Kommunikation unter Seglern. Muss aber nicht jeden Tag sein.
Anholter Anlegetechnik
Anholter Anlegetechnik

Die Motorbootfraktion hab‘ ich nicht vergessen. Die sind hier wirklich unterrepräsentiert. Wahrscheinlich nageln die gleich in eins rüber. Wenn kein Wind ist. Oder gar nicht, wenn Wind ist.
Für morgen ist West angesagt. Da werden wir uns wohl noch ein bisschen Anholt anschauen. Die Teile, in die wir beim letzten Mal nicht gekommen sind. So wir denn einen Platz finden, an dem man das Boot alleine lassen kann.