Völlig überlaufen ?

Man hatte uns gewarnt: Harstena sei ein beliebtes Ausflugsziel und man müsse sich auf viel Trubel im Hafen und im Ort einstellen. Zumindest in der Saison.
Harstena ist die Hauptinsel einer Gruppe von Schären und Inseln. In Ost-West-Richtung dicht am äußeren Rand des Schärengürtels, in Nord-Süd-Richtung etwa da, wo es zum Göta-Kanal links ab geht.

Der Hafen ist Teil eines Sundes, der die Hauptinsel von ihrer unbewohnten Nachbarinsel trennt. Und der Trubel hält sich, zumindest zur Zeit noch, für mitteleuropäischen Geschmack, in überschaubaren Grenzen. Allerdings hat hier die Ferienzeit noch nicht angefangen, das geht erst übermorgen los.

Harstena hatte zu seiner “Blütezeit” etwa 70 Einwohner, die sich durch Robbenschlagen, Seevögel umbringen und Vogeleier einsammeln ernährten. Alles Dinge, die heute verboten sind und zudem auch nichts einbringen würden.
Heute liegt die Zahl ständiger Einwohner bei etwa 12. Allerdings gibt es etliche Sommerhäuser, die aber nur bei genauem Hinsehen als solche zu erkennen sind. Der Ort hat sein Aussehen seit dem vorvorigen Jahrhundert nicht wesentlich geändert. (Ich hörte hierzu “Wie Bullerbü”.) Und das ist wohl, neben der großartigen Landschaft, ein Grund für die vielen Touristen, die hierher kommen.

Die beiden Kreuzfahrtschiffe


Touristen sind natürlich die anderen, nicht wir!

Man merkt aber schon, wenn die beiden Kreuzfahrtschiffe wieder abgelegt haben. Dann kehrt mehr Ruhe ein. Und das Inselmuseum schließt pünktlich zur Abfahrt. Was wir nicht wussten und somit die Trankocherei nicht besichtigen konnten. Die steht nämlich am äußersten Ende des Ortes, verständlicherweise. Stinkt aber nicht mehr, kein Mensch braucht heute noch Robbentran.

Schären schleichen

Wir schleichen uns durch die Schären. Die Beiträge werden ein bisschen seltener, weil vor schauen, planen und Landschaftserlebnis das Schreiben etwas zurück treten muss.
Immer noch zusammen mit der Anouk. Wobei “zusammen” nicht für die Zeiten gilt, in denen wir wirklich segeln. Da sehen wir uns nur von ferne oder gar nicht. Anouk ist deutlich länger und schneller. Wir sprechen die Ziele ab und treffen uns wieder  – oder auch nicht.

Nicht kam so: Wir haben das Ziel abgesprochen, Ralf hat mir den Zielhafen in seinem schlauen Buch gezeigt. Ich hab es mir in meinem schlauen Buch angeschaut, bin zu mir an Bord gegangen und habe eine Route zu den Koordinaten  vorbereitet, die in meinem Buch gedruckt standen. Das Ziel war ein Steg vor einem Strand.

Das verhängnisvolle Buch



Als wir schon nah am Ziel waren, sahen wir aber zwar Steg und Strand, aber keine Anouk. Dafür relativ freier Blick auf den Hafen von Vestervik.

Wir haben uns gewundert, geärgert, telefoniert, sind wieder ein Stück unter Motor zurück und dann nochmal ein ca. 8  Meilen gesegelt zum richtigen Hasselö. Eine Insel mit 30 Einwohnern, die wohl alle vom Tourismus leben. Leider wenig davon gesehen, weil wir durch unser Missgeschick so spät angekommen sind.

Da wollten wie eigentlich nicht hin!

Heute sind wir auf Bokö, einer kleinen Insel mit ca. 12 Einwohnern, aber ein paar mehr Häusern, einschließlich einer Informationsbude in der Nähe des Steges. Da kann man u.A. auch lesen, dass so um 1840 “die Einwohner freundlich miteinander umgingen und das Personal das tat, was es sollte”.  Heute sind es zwar weniger Einwohner, aber ansonsten soll das Gesagte immer noch zutreffen.

DIe Bucht ist gut geschützt, am Steg liegen einige Boote mit Heckanker und eins katholisch, weil der berichtende Skipper keine Lust hatte, seinen zweiten Anker zusammen zu bauen und die lange Leine unten aus der Backskiste zu wühlen und das Wasser nach Aussage eines freundlichen Ortskundigen am Steg 4 Meter tief ist.

Charlotte (6) von der Anouk hat bei der Buchtbereisung im Schlauchboot eine “echt coole, krasse Klippe” bestiegen, von der man einen schönen Blick auf die Boote am Steg hat.

Ohne die drei Anouks wären wir jetzt nicht hier.

Mittsommer

Das oben ist der Sonnenaufgang, morgens um 4:00.

Figeholm hat einen wunderschönen Gästehafen – eigentich drei kleine, alle in Sichtweite voneinander, ~600 Einwohner und ein gut im Wald verstecktes Kernkraftwerk.

Heute wird hier Mittsommer gefeiert. Immer am Freitag nach Sommeranfang.

Die Feier, jedenfalls der öffentliche Teil beim Bootclub, war ein bisschen wie der schwedische Sommer selbst: Sehr schön und recht kurz. Außerdemwar sie gut vorbereitet,schon gestern waren Tische, Stühle und all das Material vorbereitet, dass man so braucht für die Fete.

Aus dem vorbereiteten Material entsteht dann “life” vor den Augen der Figeholmer und der reichlich anwesenden Yachties etwas, was einem Maibaum bei uns nicht unähnlich ist.

Wie das Ding heißt, was die Kränze daran bedeuten – wir wissen es nicht. Um diesen Baum herum wird dann getanzt, die größe der Begleitkapelle entspricht der Größe des Ortes. Leider verstehen wir die Texte nicht. Und alle die Lieder haben wir schon gehört, offenbar wir da das gleiche an der Ost- wie an der Westküste gesungen und gespielt. Jedenfalls klang das in Varberg genauso. Nur lauter.

Des Königs neuer Hafen

Karl hatte schon einen, Friedrich auch. Wilhelm bekam ihn erst später, Oskar bekam ihn 1856: einen Hafen, der seinen Namen trug. Bei Oskar I war es so, das der Ort schon da war, ~2200 Einwohner hatte und von Flecken zur Stadt befördert wurde – und bei der Gelegenheit wurde aus Döderhultsvik eben Oskarshamn. Etwas von seinem Marktfleckencharakter hat sich Oskarshamn auch bis heute erhalten. Auch wenn von hier die Fähren nach Gotland fahren und deren Ausmaße schon recht beträchtlich sind. (“Immer ein bisschen wie Venedig” Aussage eines Oskarshamner Hafenmeisters).

Außerdem steht hier ein großes schwedische Automobilwerk. (Volvo ist in Göteborg, Saab gibt’s nicht mehr, was bleibt da noch? Die großen Autos!)

Der Yachthafen von Oskarshamn – nicht der Stadthafen, der andere – ist eine eigenwillige Mischung: Eine große Wasserfläche, von der aber nur ein Teil befahrbar ist. Man hat einige Schären mit einem Damm verbunden, im Hafen gibt es diverse Untiefen und daher auch etliche Tonnen. Nach vorn hat man einen Blick auf Teile des Industriegebiets, nach hinten auf eine malerische Schärenlandschaft. Platz für Gäste gibt es genug.

Stadthafen

Einen Hafenmeister gab’s zunächst nicht. Mit dem Bezahlen ist das hierzulande für Ausländer manchmal etwas schwierig, weil die Schweden oft und gerne mit einer Bankapp bezahlen, die aber nur mit schwedischen Bankkonten funktioniert. Sabine hat dann jemanden gefragt, und siehe, dass war der Hafenmeister. Der hatte uns schlicht nicht gesehen.


Dafür hat er Sabine aber zu dem Thema “Wohin sollte man zur Mittsommerfeier fahren?” eine Liste mit drei Orten gegeben. 1. Figeholm, 2.Krakelund, 3. Idö. Wir sind seinem Rate gefolgt, und das war gut so.
Wir haben uns entschieden, am nächsten Tag nach Figeholm zu fahren und Oskarshamn von dort aus mit dem Fahrrad zu besuchen. Das war nicht so gut so. Es gibt einen sehr schönen Radweg von Figeholm nach Oskarshamn. Wirklich, landschaftlich toll. Aber leider ~20 km Schotter und ständig rauf und runter. Das hat die mittelsportlichen älteren Herrschaften etwas gefordert.

Auf dem Rückweg wollten wir schlauer sein und sind der Wegempfehlung von Google gefolgt. Das war gar nicht schlau. Google Maps wollte uns auf die E22 locken. Voll des Vertrauens haben wir angenommen, dass es dann da ja wohl einen Radweg geben müsse. Diese Annahme war leider irrig. Nun ist es zwar legal, mit dem Velo hierselbst eine solche Straße (so zwischen gut ausgebauter Bundesstraße und Autobahn) zu benutzen. Aber Spaß macht das nicht. Immerhin es wird angezeigt, wo der Radweg von der Autobahn abzweigt – manchmal.

Nicht schön

Wieder in Figeholm waren wir jedenfalls etwas geschafft. Und die “Anouks” waren da. Was aber kein reiner Zufall war.

Die dunkle Seite der Macht

Jetzt nicht das Wetter, das war zwar dunkel, feucht und kalt, bis Mittag. Aber das ist ja dem norddeutschen Segler nicht völlig unbekannt. Und das segelunfreundliche Wetter hat uns bewogen, den helleren Nachmittag zu nutzen und das Bauwerk, das Borgholm den Namen gegeben hat, zu besuchen: die Burg/das Schloss. Oder das, was davon übrig geblieben ist.

Im Mittelalter, 12 Jhdt., als Burg angelegt, an einer Stelle, die für eine Burg optimal ist: Über dem Kalmarsund auf einem Felsvorsprung, so dass sie an drei Seiten durch steile Hängen  geschütz ist. Im Laufe der Zeit hat sich die Burg dann in ein Schloss verändert, wobei die Funktion als Burg/Festung aber immer bestehen blieb.

Seine Glanzzeit erlebte das Schloss als Jagdschloss der schwedischen Könige. In absolutistischen Zeiten war ganz Öland königliches Jagdrevier. Das war zwar schön für die Könige, aber gar nicht für die Öländer. Denn erstens mussten sie die Herrscher samt ihrem sehr zahlreichen Gefolge versorgen, was bei der kargen Vegetation der Insel schon eine Zumutung war. Zweitens hatten sie kein Recht, zu jagen, zu fischen oder Holz zu schlagen. Als Gipfel absolutistischer Perversion war es ihnen nur erlaubt, dreibeinige Hunde zu halten. Die kann man ja schlecht als Jagdhunde einsetzen. Königs wiederum haben einen so opulenten Hof geführt, dass gar mancher frühzeitig das Zeitliche mit dem Ewigen verrechnet hat. Man munkelt von 3-4 Litern Bier und Wein (je!) pro Person niederen Standes, höhergestellte entsprechend mehr. Und von einem Leibesumfang eines Monarchen – welcher, hat der Schreiber vergessen – von 2 Metern. Ein Kleidungsstück des betreffenden Herren ist im Schloss ausgestellt, wurde aber von einer Besucherin gar nicht als solches erkannt. Auch der Berichterstatter geht davon aus, dass solche Größen heute nicht im regulären Handel zu erhalten sind.

An dem Schloss haben sich die bekannten schwedischen Barock-Architekten abgemüht, u.a. der aus Karlskrona bekannte Nikodemus Tessin. (Nikodemus I war gar kein echter Schwede. Der kam aus Stralsund, also ein Beuteschwede.) Fertig geworden ist das Monster nie.
Nachdem der heutige Süden Schwedens eingemeidet war, hat die Schlossburg (oder das Burgschloss) seine strategische Bedeutung verloren und wurde anderweitig genutzt, auch als Fabrik, ist dann 1806 abgebrannt und nicht wieder aufgebaut worden. Heute steht die Ruine weithin sichtbar über dem Kalmarsund. Schon die Lage und die beeindruckende Größe machen einen Besuch lohnend. Und die Ausstellung bietet reichlich Material und Information.

Für die, die nach uns kommen: Verlasst euch nicht auf Google-Maps, das kennt den richtigen Fußweg nicht. Von Borgholm zwischen den Schulen durch, hinter der gelben Sporthalle rechts rum und dann immer geradeaus. Ist schöner und kürzer.

Am nächsten Tag haben wir zur anderen Seite gewechselt. Zur anderen Seite des Sundes, 6 Meilen, und selbst dafür haben wir zur Hälfte Wind aus dem Tank nehmen müssen. Und wenn Borgholm sowas wie Kreisstadt und, für schwedische Verhältnisse, geschäftiger Badeort ist, gegenüber, an der Festlandseite, ist es sehr idyllisch. Viele Inselchen, Holme, Schären, Buchten. Wenn’s nicht so abgedroschen wäre: eine andere Welt. Siehe Bilder unten.

The Riddle of the Tvättmaskin

Bei gutem Segelwind von Utklippan nach Bergkvara. Das liegt auf der Westseite des Kalmarsunds und ist einer der Orte, die wir noch nicht besucht hatten. In früheren Zeiten ein wichtiger Hafen und vor allem Werftenstandort. Obwohl davor ein ausgedehntes Flach liegt, aus dem hier und da ein Inselchen und insgesamt viele Steine durch die Wasseroberfläche schauen. Entsprechend unübersichtlich sind die Zufahrten.

Bergkvara soll, ethymologisch betrachtet, “Stand mit Birken” bedeuten. Und so sieht es hier aus.

Der Yachthafen ist hier ein Anhängsel eines großen Campingplatzes und wird von diesem mitverwaltet und -betreut. (Hier mal so rum. Sonst schlüpfen ja meist die WoMos bei den Yachties unter)
Zur Infrastruktur gehören auch zwei Waschmaschinen und Trockner. Und so wurde beschlossen, die schiffseigene Bettwäsche einer Maschinenwasch- und -trocknung zu unterziehen. Also wurde die Tvättmaskin morgens um 8:00 Uhr Ortzeit, entspricht 6:00 UTC, beschickt, aber nicht gestartet. Weil, diese Maschine ist dem Personal vorbehalten und nicht mit dem Bezahlomat verbunden. Also alles wieder raus und in die andere Tvättmaskin. Die zeigt nach Programmstart eine Restlaufzeit von 2 Stunden an.

Also ein Gang entlang der Küste nach Norden, ein Kaffee (gut trinkbar, das ist in diesem Lande leider nicht immer so), ca. 1 1/2 Stunden sind vergangen, Kontrolle der Tvättmaskin. Restlaufzeit  +/- 1 1/2 Stunden. Gang zur anderen Seite, nach Süden. Lotsenstation – hier wird heftig am Holz gearbeitet, der Zahn der Zeit hatte reichlich Zeit zum nagen, seit hier professionell gelotst wurde. Ein Sjöfarts-Museum – klein, mit Patina (soweit das bei einem Holzbau geht) und zu.
Von der alten Seefahrts-Infrastruktur sind hier und da noch Reste zu sehen. Bergkvara war früher (19.Jhdt.) der Standort mehrerer Werften. Wobei man – schön, dass überall Schilder stehen – für eine Werft nicht viel brauchte: Leute, die etwas davon verstanden, eine ebene Fläche (hier ist alles eben) und genügend tiefes Wasser, in das man das fertige Schiff setzen konnte (Das ist hier eher knapp)

Besuch der Tvättmaskin, Restlaufzeit 1 1/4 -Stunde. Anscheinend hat hier die Stunde 200 Minuten. Irgendwann hat Sabine dann die Campingplatzverwaltungsbesatzung gebeten, dem grausamen Spiel ein Ende zu bereiten. Die haben uns mitgeteilt, sie würden immer nur das Programm “XY” nutzen. Woher sollen wir sowas aber auch wissen. Und die Beschriftung hätte uns vermutlich auch nicht weiter geholfen, wenn wir Schwedisch gekonnt hätten. Also haben wir die feuchte Wäsche eingepackt und uns auf den Weg gemacht.

Da inzwischen der Nachmittag schon deutlich angefangen hatte, nächste Etappe bis Kalmar. Da gibt es fast alles: Lebensmittel, Seekarten gedruck(!) und sogar Wäschetrockner, die irgendwann fertig werden.

Kalmar gehört auch nicht zu den Orten, wo wir noch nie waren. Aber durchaus zu den Orten, wo es noch viel neues für uns zu entdecken gibt. So z.B. einen Straßenabschnitt, an dem es nur Süßigkeitengeschäfte und Spielwarenläden gibt. (Eltern, überlegt euch genau, ob ihr da mit euren Kindern durchgehen wollt!) Oder einen Brunnen, auf dem oben David einen nicht signifikant größeren Goliath massakriert, während unten in mehreren Reliefs dargestellt wird, wie der (gute) schwedische Anführer Gustav Erikson (Nachnamen gabs noch nicht) die Stadt Kalmar von den (bösen) dänischen Besatzern befreit. Nach seinem Tode wurde er, der Gustav, in Gustav Vasa umbenannt, und noch später nach ihm dann ein Schiff und ein Knäckebrot. Und Gustav wurde zu einem der beliebtesten schwedischen Königsnamen.

Kalmar hat auch davor und danach eine wichtige Rolle in den etwas angespannten Beziehungen zwischen Dänen und Schweden gespielt (Kalmarkrieg, Frieden von Kalmar, Kalmarer Union).

Ab Kalmar wird der Kalmar-Sund dann ein etwas kompliziertes Fahrwasser, zumindest für größere Schiffe. Das die Fahrrinne vor Kalmar nur wenige hundert Meter breit ist – heute, im ausgebauten Zustand – hat sicher bewirkt, dass hier die Stand entstanden ist. Eine der ältesten Schwedens und einmal umgezogen (~1640), weil man nach einem Stadtbrand die Gelegenheit genutzt hat und die Stadt auf der Nachbarschäre wieder aufgebaut hat. Die war besser zu verteidigen, und so ist das Kalmar von heute eine barocke Planstadt: Übersichtlich, rechteckig, mit einer Kirche in der Mitte und einem Schloss am Rand. Das Schloss ist geblieben, wo es immer war, die Stadt ist weiter gezogen.

Nach Seekartenbeschaffung und Stadtrundgang bei wieder gutem Segelwind (Vorhersage SW4, max 6 Bft) nach Timmernabben. Da waren wir noch nicht, es liegt in der richtigen Entfernung und an der Festlandsküste, also geschützt bei Westwind. Wegen der vielen Untiefen und Hindernisse im Kalmarsund geht das betonnte Fahrwasser an der Ölander Seite entlang, für die Häfen an der Westseite gibt es dann “Stichstraßen”. Da wo die Stichstraße nach Timmernabben abgeht, hat uns der Wind überzeugt, lieber abzubrechen und den nächsten Hafen anzulaufen. Mithin sind wir (mal wieder) in Borgholm gelandet.

Borgholm lebt vom Tourismus, auch Schwedens Könige haben in der Nähe ihre Sommerresidenz. Die namensgebende Schloss/Burgruine ist schon von weitem zu sehen. Der Ort selbst ist, nun ja, wie viele in Schweden, rechteckig und übersichtlich. Der Hafen hier ist nicht an den Campingplatz, dafür aber an ein Hotel angeschlossen. Das auch die notwendige Infrastruktur stellt.

Und in nämlichem Hotel fand die Versammlung der schwedischen Chevrolet Corvette-Fahrer (brumm brumm) statt. Ganz viele (röööhr) von den Dingern können (brubblbrubblbrubbl) jedenfalls in Schweden nicht mehr herumfahren, denn die (drööööhn) waren alle hier und haben gefeiert. Mit einer Rock’n’roll-Band (rööööaaaar), die zwar bis nach Mitternacht durchhielt, aber bei weitem nicht der Saaaooouunnd ihres Publikums erreichte.

“Loud pipes save lives” – No Corvettes save even more lives!

Gestern war Juni, heute ist April: Tiefe Temperaturen im oberen einstelligen Bereich, wiederholt Wasser von oben und bleiern bedeckter Himmel.
Anmerkung der Lektorin: “Dass der Wind uns die ganze Nacht durchgeschüttelt hat, steht hier nicht.” Jetzt steht’s!

Am Rande des Universums

Das Gerücht, ich wolle oder würde unter vollen Segeln durch die Schären rasen, ist mit zu Ohren gekommen. Es stimmt nicht. Bei viel Wind wird man eben auch mit wenig Fläche etwas schneller.

Bei wenig Wind von hinten allerdings mit knapp 2 Knoten durch die Schären zu schlendern ist dann auch nicht richtig. Wie man’s macht ist es falsch.

Von Karlshamn nach Ekenäs vor dem Wind, kurzer Abstecher nach Tjarö, um es mal gesehen zu haben. Da wir aber gerade erst los sind, bleibt es bei einer Besichtigung im Vorbeifahren. Wenn man mal zeitlich anders hier ankommt, so nachmittags etwa, sicher auch ein Ort, den man in seine Liste der zu besuchenden Häfen aufnehmen kann. 

Stora Eköen, die ehemalige Lotseninsel von Rönneby lassen wir aus. Man kann hier zwar zwischen einer kleinen Steinmauer und einer Heckboje gut und naturnah liegen. Sollte das aber nur bei ruhigem Wetter tun, denn die Insel ist so klein, das die Wellen ziemlich ungestört um sie herum laufen. Da wird es bei den gegebenen Windverhältnissen etwas unruhig.

Ekenäs, der Yachthafen von Rönneby, ist in der Aufwachphase. Ein Bornholmer, der hier irgendwas einkaufen wollte – ich hab hier außer vielleicht Eis und Cola noch nie was gesehen, was man kaufen könnte – ist gleich wieder weg gefahren. Immerhin kann man zahlen, die Sanitäreinrichtungen sind offen und in Ordnung und es sind reichlich Gästeplätze frei. Auch dann, wenn es heftig windet, liegt man hier in der Regel ruhig. Nach Rönneby rein sind wir nicht, das sind hier ein paar Schritte mehr und gefühlt ist es noch nicht so lang her, dass wir dort waren.

Also Aspö und Tjurkö: Damit die Bösen (siehe oben) da nicht einfach durchfahren können, hat man schon um 1700 auf jeder Seite eine Festung mit vielen Kanonen angelegt.



Weiter innen Richtung Karlskrona noch eine, falls es doch mal einer geschafft haben sollte.



Und um die Gemeinheiten abzuschließen, wurde im 19. Jhdt. noch ein Damm zwischen Aspö und Tjurkö angelegt, mit einer Lücke in der Mitte. Der Damm liegt knapp unter der Wasseroberfläche, so dass man ihn nicht sieht, und die Durchfahrt wäre im Krisenfalle nicht markiert gewesen.

Weiter nach Aspö. Das ist eine Insel und gehört zum Stadtgebiet von Karlskrona. Und es war bei der Einrichtung des schwedischen Marinehafens von Karlskrona ein wichtiger Ort. Karlskrona ist ja, so um 1680/90, als Marinehafen gegründet worden und war lange Zeit eine geschlossene Stadt. Nur Marineangehörige und ihre Familien durften da rein.

Damit der böse Feind (= die Dänen) da nicht rein konnte, wurden alle Einfahrten, durch die ein Segelschiff vielleicht in die Schären hätte einfahren können, versperrt. Fast alle, denn natürlich musste man selber ja raus können. Das geht durch die Vordertür zwischen Aspö und Tjurkö, den zwei großen Inseln südlich Karlskrona. Aspö ist noch eine richtige Insel, man kommt nur mit dem Schiff hin. Darf auch die Fähre sein, die kommt von Karlskrona und ist vom schwedischen Steuerzahler schon bezahlt. Tjurkö ist über mehrere Inseln und Brücken inzwischen mit dem Festland verbunden. Und die meisten dieser Brücken sind so niedrig, dass sie für unsereinen nicht passierbar sind. (Es sei hier mal wieder an den russischen Uboot-Kommandanten erinnert, der meinte, durch die Schären schleichen zu können und jämmerlich gescheitert ist)

Heute sind die ganzen martialischen Konstruktionen außer Betrieb und sogar UNESCO Kulturerbe. Weil sie nämlich nach ihrer Errichtung nie verändert wurden. Sie haben offenbar ihren Zweck von Anfang an erfüllt. (Die letzten Minen in der Durchfahrt wurden angeblich aber erst 2000 entfernt)

Der Schreiber dieses hat in früheren Zeiten mehrfach gesehen, dass neben der Festung auf der Aspö-Seite ein kleiner Yachthafen liegt. Den wollte er mal aus der Nähe sehen. Hat er jetzt: Sehr klein, sehr ordentlich, sehr freundliche Gastgeber. Und offenbar sehr wenige Gäste. Der normale Karlskrona-Besucher fährt hier wohl eher selten hin.

Wenn man hier schon ist und das Wetter so ist, wie es ist, bietet sich an, auch noch einen andern Ort zu besuchen, den man immer schon mal sehen wollte und wo man noch nie war: Utklippan. Der Ort, der das ist, was der Name sagt: Die Außenklippen. Die Insel am Rand des Universums, mit Leuchtturm. Eigentlich nur ein paar Schären, die sich weit vor die übrige Küste verirrt haben. Da sie dort ein arges Verkehrshindernis bilden, wurden sie 1836 mit einem Leuchtturm versehen. Zur Versorgung des oder der Leuchtturmwärter gab es wohl ein paar Nutztiere, für diese aber wenig Futter. Der Ziegenbock des letzten Leuchtturmwärters soll diesem bis auf den Turm gefolgt sein. (Schön, dass die Schweden solche Sachen aufschreiben und den Touris zugänglich machen).
1940 wurde dann zwischen den beiden Hauptschären ein richtiges Hafenbecken angelegt.

Utklippan


Da es zwischen den zwei Hauptschären zwei Zufahrten gibt, hat der Hafen auch zwei Einfahrten (siehe Karte oben). Dadurch ist eine Insel zwischen den Inseln entstanden. Dort gibt es dann gar nichts außer einem Klo und einem Papierkorb. Aber der nordische Schärensegler hat natürlich ein Beiboot.


An den zwei Einfahrten zum Hafenbecken gibt es Tore, die man schließen kann, wenn der Schwell zu arg wird. Besser, man konnte sie mal schließen, als sie neu waren. Der eine oder andere Boots- oder Schiffsführer hat dann nämlich das Tor hinter sich geschlossen, das Hafenbecken aber auf der anderen Seite verlassen. Was beim nächsten Besucher Ärger erzeugt hat, weil er umdrehen, den Hafen verlassen und die Insel von der anderen Seite anlaufen musste. Also gab es Beschwerden, die Obrigkeit wies den Meister von Leuchtturm und Hafen an, für mehr Disziplin zu sorgen. Dem blieb nichts anderes, als solches zuzusagen, es war ja die Obrigkeit.

Seitdem sind die Ketten zum Schließen der Tore abgesägt, und die Tore stehen immer offen. Undiszipliniertes Verhalten kommt nicht mehr vor.

Viel Steine, wenig Strom

Von Skillinge nach Hanö. Vorhergesagter Wind SW 4 morgens, SW 4-5 nachmittags. Um 9 aus dem Hafen. Realer Wind: fast nichts. Ab und an mal so ein paar Katzenpfötchen. Die Versuche, damit zu segeln, bestätigen, was man schon weiß: 2kn +-. Das würde bei 38 sm Entfernung 19 Stunden Fahrzeit bedeuten und ist beim Rest der Besatzung nicht durchzusetzen. Also 2 Stunden unter Motor, fast genau geradeaus – Das Schießgebiet, das heute leider auch  aktiv ist, berührt man so nur am Rande. Außerdem wird heute sowieso nur 12500 m weit gesperrt, davon sind wir weit entfernt.

Nach den zwei besagten Stunden setzt dann endlich der Wind ein, genau von hinten. Bis kurz vor Hanö nimmt er langsam zu und die letzten Meilen wieder ab, ohne je die Richtung zu ändern.
Dicht vor der Hafeneinfahrt von Hanö liegt ein ziemlich großes Schiff. Wir haben das für einen Ankerlieger gehalten, beim näher kommen aber gesehen: Der baggert. So viel Schiff für so einen kleinen Bagger? Was auch immer der gemacht hat, jedenfalls kamen volle Baggerschaufeln aus dem Wasser und wurden ins Schiff entleert.

Auf Hanö ins Päckchen als zweite. Landseitig liegt eine Halberg aus DK mit drei freundlichen Damen. Ob wir ein Stromkabel über ihr Vordeck legen dürfen? Dürfen wir natürlich, aber “you need a very long line”. Haben wir. Stöpseln wir ein – keine Spannung.  Sicherungen alle OK, Schutzschalter nicht zu finden. Zum Bezahlen müssen wir sowieso zur Hafenmeisterin. (Inzwischen geht das sogar auf Hanö per Karte. Beim letzten Besuch wollte man dort noch Bares sehen –  ungewöhnlich in Schweden)
Zum Thema Strom: Geht hier nicht, da nicht und dort nicht. Wir wissen auch noch nicht, warum. Wir sammeln unsere “Lange Linie” wieder ein, die Damen von nebenan ihre  auch.

Wir haben bei unseren letzten Besuchen Hanö vernachlässigt. Das sollte man nicht tun, es ist schade drum. Einmal sind wir stumpf daran vorbei gesegelt, einmal haben wir zwar übernachtet, aber abends haben wir nichts mehr unternommen und morgens sind wir gleich weiter. Daher diesmal: Ausflug zum Leuchtturm bevor es dunkel wird.

Wieder unten haben wir das Bedürfnis, die Wasserversorgung der Insel in Anspruch zu nehmen. Geht aber nicht, alles geschlossen.
So langsam bemerken wir, dass nirgendwo Licht brennt. Es gibt kein Wasser. Das Mobilfunknetz funktioniert nicht mehr. Das Richtfeuer ist aus. Der Leuchtturm leuchtet nicht.

Wir wissen es nicht genau, aber der Verdacht liegt nahe, das der Bagger wohl die Stromversorgung, vielleicht auch noch die Wasserversorgung von Hanö weg gebaggert hat. Es geht ein Raunen um, dass es wohl zwei Wochen dauern  könnte, bis alles wieder läuft.

Der Bösewicht

Wir sind dann am nächsten Morgen nach Karlshamn. Da gibts Strom und Wasser, dafür funktionieren andere Dinge nicht. Ist halt Vorsaison.

Die Steine schweigen

Auf der Fahrt von Skillinge Richtung Hanö. Soll: SW 4. Ist:kein Wind, Diesel rattert. Auf dem Wasser ist auch nichts los. Da kann man gut texten.

Gestern von Abbekås über Kåseberga nach Skillinge. Wenn Kås wirklich “kleiner Hafen” bedeutet, dann ist Kåseberga zutreffend: Kleiner Hafen am Berg. Wobei der Berg natürlich nur die Geestkante ist. So richtige Berge gibt es ja in Schonen nicht wirklich.
Weil die Kante aber doch in einer ansonsten mehr flachen Landschaft hervorgehoben ist, hat schon in halbwegs grauer Vorzeit ein (neu?)-reicher Einheimischer sich hier ein Denkmal gesetzt: Ales Stenar. Nicht “alles Steine” sondern “Ale’s Steine” – Ale soll sein Name, keine Biersorte sein. So genau weiß das aber keiner, in der Region heißt das Objekt auch anders. Ales Stenar sind ein  Haufen senkrecht stehender Stein in Form eines Schiffes – die größte Schiffssetzung ganz Skandinaviens. Und noch gar nicht so alt, wie es aussieht: Per C14 datiert auf 800 – 1050. Was ja gut in die gängige Datierung der Wikingerzeit 800 – 1066 passt. Die Steine selbst sind wohl wesentlich älter. Als Teil eines Bauwerks, meine ich natürlich, die Steine sind Granit und Gneis, noch älter. Als Baumaterial wurden sie, so steht zu lesen, der einen oder andern megalithischen Konstruktion entnommen. Derer es in dieser Gegend ja auch reichlich gibt.


Das Schöne an Ales Stenar: Obwohl nationales Denkmal, kein Zaun, kein Eintrittgeld. Relativ naturnah: Die auch in der Vorsaison schon zahlreichen Besucher dürfen sich die Wiese kollegial mit einer Herde Kühe teilen – was gut funktioniert, wenn man ab und zu nach unten schaut. Und der Blick von oben über Steine und Kühe auf die blaue Ostsee ist schon eindrucksvoll. Und der Grund, nach Kåseberga zu fahren.

Schweigende Steine

Eine der freundlichen Informationstafeln, die man dort findet, fordert den Besucher auf, auf die Sprache der Steine zu hören. Sabine und ich sind der Meinung, die Steine sagen gar nichts. Die stehen nur stur rum, und das seit Jahrhunderten.
 
Da das für uns nur ein Zwischenstop war, waren wir auch schon zu einere Zeit im Hafen, zu der üblicherweise wenige einlaufen. Nach uns erst noch einer, der dritte kam dann von der Ochtum, aus unserem Nachbarverein. Die Welt ist manchmal klein, und mit den Ochtumer Booten ist es wie mit den Berlinern: Man trifft sie überall.

Der leere Hafen Kåseberga



Nach Aufenthalt in Kåseberga bei den Steinen vor dem Wind nach Skillinge. Ein Fischerhafen, in den Yachties auch rein dürfen. Entsprechend rustikales, aber nicht unsympatisches Ambiente. Leider hapert da noch einiges an der Infrastruktur, die Saison hat hier aber auch nicht begonnen. Dafür gibts ein gutes, bodenständiges “Restaurang” direkt am Hafen. Zitat: “Habe die Scholle unter 5 Pfund Butter gefunden!” Kommentar des Chronisten: Die war nicht klein, die Scholle. Und die Zitierte neigt mitunter zu Übertreibungen.

Skillinge

Zu!

Die Wetterberichte widersprachen sich mal wieder ein wenig. Wir haben uns dann entschieden, dem zu glauben, der am besten zum Plan passte, weiter nach Osten zu kommen. Morgens Ost, mittags schwachen Südwind, nachmittags SW 4 Bft. Morgens stimmte. Erstens waren sie sich da ja auch noch einig, die Meteorologen, und zweitens konnte man ja die Nase in den Wind halten und den Ist-Zustand feststellen. Der Schwachwind war aber dann wirklich schwach und dauerte auch bis zu Abend. Also bis Abbekås, die eine Hälfte aufgekreuzt, die andere mit Wind aus dem Tank.

Der Hafen ist klein, ganz nett anzuschauen und zu. “Zu” heißt hier: Der größte Teil der Infrastruktur ist außer Betrieb. Duschen, Tankstelle, Bezahlautomat, alles abgeklebt und außer Betrieb. Gestern war das Klo noch auf, da hat aber nebenan die Feuerwehr geübt und die hatten anscheinend aufgeschlossen. Heute morgen jedenfalls auch: zu.

Was gibt es sonst noch zu Abbakås? “Kås”, die Silbe kommt hier in mehreren Ortsnamen vor, soll bedeuten “kleiner einfacher Hafen”. Stimmt!

Vorsaison!

Nils Holgerson: Der Hof, von dem er stammt, soll hier in der Nähe liegen. Und seine Gänseschar soll am Ende der Geschichte hier Schweden Richtung Süden verlassen haben. Was hier durch einige Hausgansplastiken “Martin” gewürdigt wird.

Martin


Auch Martin

Dann gibt es hier noch einen Golfplatz. Den hat der Chronist aber, selbst aus eher golf-fernen Bevölkerungsschichten stammend, weder gefunden noch gesucht.

Beitragsbild oben: Schwedens Südende.

Sabine ermahnt mich beim Korrektur lesen, auf den Bäcker direkt am Hafen hinzuweisen. Der hat nämlich ganz tolle Sachen und nicht zu!