Völlig überlaufen ?

Man hatte uns gewarnt: Harstena sei ein beliebtes Ausflugsziel und man müsse sich auf viel Trubel im Hafen und im Ort einstellen. Zumindest in der Saison.
Harstena ist die Hauptinsel einer Gruppe von Schären und Inseln. In Ost-West-Richtung dicht am äußeren Rand des Schärengürtels, in Nord-Süd-Richtung etwa da, wo es zum Göta-Kanal links ab geht.

Der Hafen ist Teil eines Sundes, der die Hauptinsel von ihrer unbewohnten Nachbarinsel trennt. Und der Trubel hält sich, zumindest zur Zeit noch, für mitteleuropäischen Geschmack, in überschaubaren Grenzen. Allerdings hat hier die Ferienzeit noch nicht angefangen, das geht erst übermorgen los.

Harstena hatte zu seiner “Blütezeit” etwa 70 Einwohner, die sich durch Robbenschlagen, Seevögel umbringen und Vogeleier einsammeln ernährten. Alles Dinge, die heute verboten sind und zudem auch nichts einbringen würden.
Heute liegt die Zahl ständiger Einwohner bei etwa 12. Allerdings gibt es etliche Sommerhäuser, die aber nur bei genauem Hinsehen als solche zu erkennen sind. Der Ort hat sein Aussehen seit dem vorvorigen Jahrhundert nicht wesentlich geändert. (Ich hörte hierzu “Wie Bullerbü”.) Und das ist wohl, neben der großartigen Landschaft, ein Grund für die vielen Touristen, die hierher kommen.

Die beiden Kreuzfahrtschiffe


Touristen sind natürlich die anderen, nicht wir!

Man merkt aber schon, wenn die beiden Kreuzfahrtschiffe wieder abgelegt haben. Dann kehrt mehr Ruhe ein. Und das Inselmuseum schließt pünktlich zur Abfahrt. Was wir nicht wussten und somit die Trankocherei nicht besichtigen konnten. Die steht nämlich am äußersten Ende des Ortes, verständlicherweise. Stinkt aber nicht mehr, kein Mensch braucht heute noch Robbentran.

Schären schleichen

Wir schleichen uns durch die Schären. Die Beiträge werden ein bisschen seltener, weil vor schauen, planen und Landschaftserlebnis das Schreiben etwas zurück treten muss.
Immer noch zusammen mit der Anouk. Wobei “zusammen” nicht für die Zeiten gilt, in denen wir wirklich segeln. Da sehen wir uns nur von ferne oder gar nicht. Anouk ist deutlich länger und schneller. Wir sprechen die Ziele ab und treffen uns wieder  – oder auch nicht.

Nicht kam so: Wir haben das Ziel abgesprochen, Ralf hat mir den Zielhafen in seinem schlauen Buch gezeigt. Ich hab es mir in meinem schlauen Buch angeschaut, bin zu mir an Bord gegangen und habe eine Route zu den Koordinaten  vorbereitet, die in meinem Buch gedruckt standen. Das Ziel war ein Steg vor einem Strand.

Das verhängnisvolle Buch



Als wir schon nah am Ziel waren, sahen wir aber zwar Steg und Strand, aber keine Anouk. Dafür relativ freier Blick auf den Hafen von Vestervik.

Wir haben uns gewundert, geärgert, telefoniert, sind wieder ein Stück unter Motor zurück und dann nochmal ein ca. 8  Meilen gesegelt zum richtigen Hasselö. Eine Insel mit 30 Einwohnern, die wohl alle vom Tourismus leben. Leider wenig davon gesehen, weil wir durch unser Missgeschick so spät angekommen sind.

Da wollten wie eigentlich nicht hin!

Heute sind wir auf Bokö, einer kleinen Insel mit ca. 12 Einwohnern, aber ein paar mehr Häusern, einschließlich einer Informationsbude in der Nähe des Steges. Da kann man u.A. auch lesen, dass so um 1840 “die Einwohner freundlich miteinander umgingen und das Personal das tat, was es sollte”.  Heute sind es zwar weniger Einwohner, aber ansonsten soll das Gesagte immer noch zutreffen.

DIe Bucht ist gut geschützt, am Steg liegen einige Boote mit Heckanker und eins katholisch, weil der berichtende Skipper keine Lust hatte, seinen zweiten Anker zusammen zu bauen und die lange Leine unten aus der Backskiste zu wühlen und das Wasser nach Aussage eines freundlichen Ortskundigen am Steg 4 Meter tief ist.

Charlotte (6) von der Anouk hat bei der Buchtbereisung im Schlauchboot eine “echt coole, krasse Klippe” bestiegen, von der man einen schönen Blick auf die Boote am Steg hat.

Ohne die drei Anouks wären wir jetzt nicht hier.

Mittsommer

Das oben ist der Sonnenaufgang, morgens um 4:00.

Figeholm hat einen wunderschönen Gästehafen – eigentich drei kleine, alle in Sichtweite voneinander, ~600 Einwohner und ein gut im Wald verstecktes Kernkraftwerk.

Heute wird hier Mittsommer gefeiert. Immer am Freitag nach Sommeranfang.

Die Feier, jedenfalls der öffentliche Teil beim Bootclub, war ein bisschen wie der schwedische Sommer selbst: Sehr schön und recht kurz. Außerdemwar sie gut vorbereitet,schon gestern waren Tische, Stühle und all das Material vorbereitet, dass man so braucht für die Fete.

Aus dem vorbereiteten Material entsteht dann “life” vor den Augen der Figeholmer und der reichlich anwesenden Yachties etwas, was einem Maibaum bei uns nicht unähnlich ist.

Wie das Ding heißt, was die Kränze daran bedeuten – wir wissen es nicht. Um diesen Baum herum wird dann getanzt, die größe der Begleitkapelle entspricht der Größe des Ortes. Leider verstehen wir die Texte nicht. Und alle die Lieder haben wir schon gehört, offenbar wir da das gleiche an der Ost- wie an der Westküste gesungen und gespielt. Jedenfalls klang das in Varberg genauso. Nur lauter.

Des Königs neuer Hafen

Karl hatte schon einen, Friedrich auch. Wilhelm bekam ihn erst später, Oskar bekam ihn 1856: einen Hafen, der seinen Namen trug. Bei Oskar I war es so, das der Ort schon da war, ~2200 Einwohner hatte und von Flecken zur Stadt befördert wurde – und bei der Gelegenheit wurde aus Döderhultsvik eben Oskarshamn. Etwas von seinem Marktfleckencharakter hat sich Oskarshamn auch bis heute erhalten. Auch wenn von hier die Fähren nach Gotland fahren und deren Ausmaße schon recht beträchtlich sind. (“Immer ein bisschen wie Venedig” Aussage eines Oskarshamner Hafenmeisters).

Außerdem steht hier ein großes schwedische Automobilwerk. (Volvo ist in Göteborg, Saab gibt’s nicht mehr, was bleibt da noch? Die großen Autos!)

Der Yachthafen von Oskarshamn – nicht der Stadthafen, der andere – ist eine eigenwillige Mischung: Eine große Wasserfläche, von der aber nur ein Teil befahrbar ist. Man hat einige Schären mit einem Damm verbunden, im Hafen gibt es diverse Untiefen und daher auch etliche Tonnen. Nach vorn hat man einen Blick auf Teile des Industriegebiets, nach hinten auf eine malerische Schärenlandschaft. Platz für Gäste gibt es genug.

Stadthafen

Einen Hafenmeister gab’s zunächst nicht. Mit dem Bezahlen ist das hierzulande für Ausländer manchmal etwas schwierig, weil die Schweden oft und gerne mit einer Bankapp bezahlen, die aber nur mit schwedischen Bankkonten funktioniert. Sabine hat dann jemanden gefragt, und siehe, dass war der Hafenmeister. Der hatte uns schlicht nicht gesehen.


Dafür hat er Sabine aber zu dem Thema “Wohin sollte man zur Mittsommerfeier fahren?” eine Liste mit drei Orten gegeben. 1. Figeholm, 2.Krakelund, 3. Idö. Wir sind seinem Rate gefolgt, und das war gut so.
Wir haben uns entschieden, am nächsten Tag nach Figeholm zu fahren und Oskarshamn von dort aus mit dem Fahrrad zu besuchen. Das war nicht so gut so. Es gibt einen sehr schönen Radweg von Figeholm nach Oskarshamn. Wirklich, landschaftlich toll. Aber leider ~20 km Schotter und ständig rauf und runter. Das hat die mittelsportlichen älteren Herrschaften etwas gefordert.

Auf dem Rückweg wollten wir schlauer sein und sind der Wegempfehlung von Google gefolgt. Das war gar nicht schlau. Google Maps wollte uns auf die E22 locken. Voll des Vertrauens haben wir angenommen, dass es dann da ja wohl einen Radweg geben müsse. Diese Annahme war leider irrig. Nun ist es zwar legal, mit dem Velo hierselbst eine solche Straße (so zwischen gut ausgebauter Bundesstraße und Autobahn) zu benutzen. Aber Spaß macht das nicht. Immerhin es wird angezeigt, wo der Radweg von der Autobahn abzweigt – manchmal.

Nicht schön

Wieder in Figeholm waren wir jedenfalls etwas geschafft. Und die “Anouks” waren da. Was aber kein reiner Zufall war.

Die dunkle Seite der Macht

Jetzt nicht das Wetter, das war zwar dunkel, feucht und kalt, bis Mittag. Aber das ist ja dem norddeutschen Segler nicht völlig unbekannt. Und das segelunfreundliche Wetter hat uns bewogen, den helleren Nachmittag zu nutzen und das Bauwerk, das Borgholm den Namen gegeben hat, zu besuchen: die Burg/das Schloss. Oder das, was davon übrig geblieben ist.

Im Mittelalter, 12 Jhdt., als Burg angelegt, an einer Stelle, die für eine Burg optimal ist: Über dem Kalmarsund auf einem Felsvorsprung, so dass sie an drei Seiten durch steile Hängen  geschütz ist. Im Laufe der Zeit hat sich die Burg dann in ein Schloss verändert, wobei die Funktion als Burg/Festung aber immer bestehen blieb.

Seine Glanzzeit erlebte das Schloss als Jagdschloss der schwedischen Könige. In absolutistischen Zeiten war ganz Öland königliches Jagdrevier. Das war zwar schön für die Könige, aber gar nicht für die Öländer. Denn erstens mussten sie die Herrscher samt ihrem sehr zahlreichen Gefolge versorgen, was bei der kargen Vegetation der Insel schon eine Zumutung war. Zweitens hatten sie kein Recht, zu jagen, zu fischen oder Holz zu schlagen. Als Gipfel absolutistischer Perversion war es ihnen nur erlaubt, dreibeinige Hunde zu halten. Die kann man ja schlecht als Jagdhunde einsetzen. Königs wiederum haben einen so opulenten Hof geführt, dass gar mancher frühzeitig das Zeitliche mit dem Ewigen verrechnet hat. Man munkelt von 3-4 Litern Bier und Wein (je!) pro Person niederen Standes, höhergestellte entsprechend mehr. Und von einem Leibesumfang eines Monarchen – welcher, hat der Schreiber vergessen – von 2 Metern. Ein Kleidungsstück des betreffenden Herren ist im Schloss ausgestellt, wurde aber von einer Besucherin gar nicht als solches erkannt. Auch der Berichterstatter geht davon aus, dass solche Größen heute nicht im regulären Handel zu erhalten sind.

An dem Schloss haben sich die bekannten schwedischen Barock-Architekten abgemüht, u.a. der aus Karlskrona bekannte Nikodemus Tessin. (Nikodemus I war gar kein echter Schwede. Der kam aus Stralsund, also ein Beuteschwede.) Fertig geworden ist das Monster nie.
Nachdem der heutige Süden Schwedens eingemeidet war, hat die Schlossburg (oder das Burgschloss) seine strategische Bedeutung verloren und wurde anderweitig genutzt, auch als Fabrik, ist dann 1806 abgebrannt und nicht wieder aufgebaut worden. Heute steht die Ruine weithin sichtbar über dem Kalmarsund. Schon die Lage und die beeindruckende Größe machen einen Besuch lohnend. Und die Ausstellung bietet reichlich Material und Information.

Für die, die nach uns kommen: Verlasst euch nicht auf Google-Maps, das kennt den richtigen Fußweg nicht. Von Borgholm zwischen den Schulen durch, hinter der gelben Sporthalle rechts rum und dann immer geradeaus. Ist schöner und kürzer.

Am nächsten Tag haben wir zur anderen Seite gewechselt. Zur anderen Seite des Sundes, 6 Meilen, und selbst dafür haben wir zur Hälfte Wind aus dem Tank nehmen müssen. Und wenn Borgholm sowas wie Kreisstadt und, für schwedische Verhältnisse, geschäftiger Badeort ist, gegenüber, an der Festlandseite, ist es sehr idyllisch. Viele Inselchen, Holme, Schären, Buchten. Wenn’s nicht so abgedroschen wäre: eine andere Welt. Siehe Bilder unten.