Völlig benebelt

Der Abend in Kopenhagen wurde durch periodisch wiederkehrende Geräusche geprägt. Die kamen aus unterschiedlichen Richtungen, auch übers Wasser, und hatten vermutlich den Zweck, Primaten zum Bewegen der Extremitäten zu veranlassen. Der Lärm erstreckte sich bis weit nach Mitternacht ohne das sich an dessen Ausprägung wesentliches geändert hätte. (Dumm-dumm-tatata-dumm o. ä.)
Am Morgen wurde die akustische Umgebung dann durch lange Töne tieferer Frequenz geprägt. Erst allmählich dämmerte dem Erwachenden, dass es sich um Nebelsignale der vorbeifahrenden Schiffe handeln könnte.
Frühmorgendliche Sichtkontrolle ergab: Meerjungfrau völlig benebelt, gegenüber liegendes Ufer und Schifffahrt komplett außer Sicht.

Unter solchen Umständen kann man sich Zeit mit dem Frühstück lassen. Kein vernünftiger Skipper fährt bei solchem Nebel los. Zeitweise wäre es schon schwierig gewesen, überhaupt die Ausfahrt zu finden. Ein großes Kreuzfahrtschiff dicht an unserem Liegeplatz fest gemacht,  war kurz sichtbar, nach 2 Minuten aber schon wieder im Nebel verschwunden. Gegen neun verließen einige Yachten den Hafen, gegen 10 nach neun fuhren einige in den Hafen. Es waren die gleichen.

Erst gegen 10 löste sich der Nebel auf, die Sammlung der Kreuzfahrtschiffe wurde sichtbar und die Yachties strömten auf´s Wasser. Wir auch.

Abfahrt aus Kopenhagen

In der Nähe der Wasseroberfläche noch diesig, die Pylone der Öresundbrücke aber schon gut erkennbar. Man fährt vor Kopenhagen im spitzen Winkel in das Hauptfahrwasser, das über den Tunnel zur Öresundbrücke Richtung Süden, zur Ostsee, führt. Vor uns die Brücke, rechts der Flughafen und hinter uns ein Frachter. Und dann, in weniger als einer Minute, alles weg. Alles im Nebel verschwunden. Nun kann man sich zwar heute dank GPS auch ohne Sicht außerhalb des Fahrwassers halten. Aber schön ist es trotzdem nicht, vor einem hupenden Frachter  durch den Nebel zu fahren. Das ist schon bei guter Sicht nicht schön.

Seenebel

Nächster Hafen: Dragör alter Hafen. Schon in der Einfahrt zu erkennen: Hier kreisen etliche, die hier Zuflucht gesucht haben. Also weiter, Dragör Marina. Das sind nur ein paar hundert Meter, und hier war Platz. Warten, dass der Nebel sich auflöst. Einmal auf die Festung, und siehe, bis man da oben ist, ist der Nebel schon deutlich weniger geworden. Also wieder an Bord. Inzwischen strahlender Sonnenschein.

Nur, es ist zu spät geworden für unseren Zielhafen. So beschließen wir, uns an die Windvorhersage anzupassen. Heute mit Südost nach Köge, morgen mit West wieder aus der Bucht und weiter.

Wir waren noch nie in Köge, wie wohl die meisten anderen nicht-dänischen Segler auch. Es liegt auf keiner normalen Route. Wenn man hier vorbeikommt, ist man entweder auf dem Weg nach Kopenhagen oder nach Mön. Jeder Segler kennt die Köge-Bucht, aber wenige kennen Köge. Auch wir haben erst im Hafen festgemacht und dann nachgesehen, wer oder was Köge eigentlich ist.

Köge

Und siehe, es wurde beschrieben als eine der Städte mit dem am besten erhaltenen mittelalterlichen Stadtbild in Dänemark. Wir können es bestätigen. Und ohne den Nebel wären wir nie hin gekommen.

Autor: cord

Hat mal Physik studiert, aber fast alles wieder vergessen. Hat jetzt altersbedingt viel Freizeit und segelt gerne. Oder macht Musik. Verheiratet, zwei erwachsene Kinder. Und inzwischen zwei Enkelkinder.