Schleusendeutsch

Das Wetter erlaubt uns endlich, den ebenso ländlichen wie  versorgungsfernen Hafen Ballen (Kreiswehrersatzamt Svendborg) zu verlassen.

Wind aus WSW, westdrehend ist angesagt, und davon genug.

Kurs ist die Richtung, in die man will und aus der der Wind kommt


Wurde auch geliefert und hat uns flott und fast ohne Motoreinsatz bis Marstal geführt. (Kurze Zweitspanne, in der der Motor lief, um der Fähre in der Rinne nach Æroskøping mehr Platz zu machen, na gut)
Zwischen den Inseln der dänischen Südsee ist es ja relativ geschützt, aber draußen sollte es dann ja wohl losgehen.
Wir hatten darum vorsichtigerweise nur die kleine Fock, fast schon Sturmfock, drauf. Und dann an der Ansteuerungstonne vor Marstal, im freien Wasser: Nichts! Welle, aber kein Wind. Fock weg, Genua wieder rauf. Was mit der Altwelle von 3 Tagen Starkwind geht, aber dauert und auch keinen Spaß macht. Was nicht geht, ist, das abgeschlagene Segel wieder zusammen zu legen. An Deck hat es eine ausgeprägte Tendenz, sich Richtung Wasser zu bewegen, unter Deck ist nicht genug Raum, es gerade zu ziehen und zu falten.

Das normale Chaos


Nachdem wir so dem Wind mit der Genua gedroht haben, hat es sich’s überlegt und dann kräftig aus SSW so geblasen, dass wir fast auf dem geplanten Kurs zur Kieler Förde gesegelt sind. Nur die Ecke des Verkehrstrennungsgebietes am Kieler Leuchtturm, die haben wir gerade eben nicht erwischt. Als ordentliche Verkehrsteilnehmer also noch ein Hohlschlag, im spitzen Winkel ins VTG und auf gleichem Kurs am Ende wieder raus. Die Lotsen auf der Leuchtturminsel haben sich das angeschaut. Formal richtig, und gestört haben wir niemanden. Außer den Lotsen und uns war auch niemand da.


Weiter bis Sportboothafen Stickenhörn (Kreiswehrersatzamt Kiel) zu Übernachten.

Stickenhörn liegt nahe an den Kanalschleusen in Holtenau. Es ist darum sinnvoll, den Funkverkehr abzuhören, damit man weiß, wann Sportboote geschleust werden. So muss man dann nicht so lang im Wartebereich rumdümpeln. Besonders an einem Tag wie diesem, an dem sich die Berufsschiffe teils schon bei Strande zum Warten  vor Anker legen.


Man ist so nicht nur besser informiert, man lernt auch schöne Formulierungen kennen, die entstehen, wenn Profis sich täglich über die gleichen Dinge unterhalten.
Hier ein paar Perlen:
„Ich hab‘ da noch ’ne Kammer drin.“
„Nummer eins Nord Nord gut voraus.“
„Die Kammer steht jetzt nach Westen und kommt leer zurück.“

Wir haben es verstanden. Der geschätzte, aber mit den Gegebenheiten unvertaute Leser kann ja mal drüber grübeln.

Als die Einfahrt für „Plastik“ freigegeben wurde, hat sich der Schleusenmeister übrigens bei den wartenden Freizeitkapitänen für ihre Geduld bedankt. Wofür ich mich hier wiederum bedanke. Der Ton ist da doch im Laufe der Jahre um einiges verbindlicher geworden.

Autor: cord

Hat mal Physik studiert, aber fast alles wieder vergessen. Hat jetzt altersbedingt viel Freizeit und segelt gerne. Oder macht Musik. Verheiratet, zwei erwachsene Kinder. Und inzwischen zwei Enkelkinder.