Jetzt nicht das Wetter, das war zwar dunkel, feucht und kalt, bis Mittag. Aber das ist ja dem norddeutschen Segler nicht völlig unbekannt. Und das segelunfreundliche Wetter hat uns bewogen, den helleren Nachmittag zu nutzen und das Bauwerk, das Borgholm den Namen gegeben hat, zu besuchen: die Burg/das Schloss. Oder das, was davon übrig geblieben ist.
Im Mittelalter, 12 Jhdt., als Burg angelegt, an einer Stelle, die für eine Burg optimal ist: Über dem Kalmarsund auf einem Felsvorsprung, so dass sie an drei Seiten durch steile Hängen geschütz ist. Im Laufe der Zeit hat sich die Burg dann in ein Schloss verändert, wobei die Funktion als Burg/Festung aber immer bestehen blieb.
Seine Glanzzeit erlebte das Schloss als Jagdschloss der schwedischen Könige. In absolutistischen Zeiten war ganz Öland königliches Jagdrevier. Das war zwar schön für die Könige, aber gar nicht für die Öländer. Denn erstens mussten sie die Herrscher samt ihrem sehr zahlreichen Gefolge versorgen, was bei der kargen Vegetation der Insel schon eine Zumutung war. Zweitens hatten sie kein Recht, zu jagen, zu fischen oder Holz zu schlagen. Als Gipfel absolutistischer Perversion war es ihnen nur erlaubt, dreibeinige Hunde zu halten. Die kann man ja schlecht als Jagdhunde einsetzen. Königs wiederum haben einen so opulenten Hof geführt, dass gar mancher frühzeitig das Zeitliche mit dem Ewigen verrechnet hat. Man munkelt von 3-4 Litern Bier und Wein (je!) pro Person niederen Standes, höhergestellte entsprechend mehr. Und von einem Leibesumfang eines Monarchen – welcher, hat der Schreiber vergessen – von 2 Metern. Ein Kleidungsstück des betreffenden Herren ist im Schloss ausgestellt, wurde aber von einer Besucherin gar nicht als solches erkannt. Auch der Berichterstatter geht davon aus, dass solche Größen heute nicht im regulären Handel zu erhalten sind.
An dem Schloss haben sich die bekannten schwedischen Barock-Architekten abgemüht, u.a. der aus Karlskrona bekannte Nikodemus Tessin. (Nikodemus I war gar kein echter Schwede. Der kam aus Stralsund, also ein Beuteschwede.) Fertig geworden ist das Monster nie.
Nachdem der heutige Süden Schwedens eingemeidet war, hat die Schlossburg (oder das Burgschloss) seine strategische Bedeutung verloren und wurde anderweitig genutzt, auch als Fabrik, ist dann 1806 abgebrannt und nicht wieder aufgebaut worden. Heute steht die Ruine weithin sichtbar über dem Kalmarsund. Schon die Lage und die beeindruckende Größe machen einen Besuch lohnend. Und die Ausstellung bietet reichlich Material und Information.
Für die, die nach uns kommen: Verlasst euch nicht auf Google-Maps, das kennt den richtigen Fußweg nicht. Von Borgholm zwischen den Schulen durch, hinter der gelben Sporthalle rechts rum und dann immer geradeaus. Ist schöner und kürzer.
Am nächsten Tag haben wir zur anderen Seite gewechselt. Zur anderen Seite des Sundes, 6 Meilen, und selbst dafür haben wir zur Hälfte Wind aus dem Tank nehmen müssen. Und wenn Borgholm sowas wie Kreisstadt und, für schwedische Verhältnisse, geschäftiger Badeort ist, gegenüber, an der Festlandseite, ist es sehr idyllisch. Viele Inselchen, Holme, Schären, Buchten. Wenn’s nicht so abgedroschen wäre: eine andere Welt. Siehe Bilder unten.