.. eine Kirche. Die kriegen wir später.
Den Göta-Kanal haben wir verlassen. Das ist zwar schade, aber irgendwann ist es halt vorbei. Das schwedische Jahrhundertbauwerk (nicht dieses Jahrhundert) hat uns so gut gefallen, dass wir schon überlegen, die ganze Tour in zwei, drei Jahren nochmal zu machen. Nur anders herum, und vielleicht auch, zumindest auf Teilstrecken mit Enkelkindern.
Der Kanal endet am Väner, dem größten aller schwedischen Seen. Auch der größte der EU und der größte Europas, der nicht in Russland liegt. Auch heute, wie schon in den letzten Tagen auf dem Kanal, haben wir unsere Fahrzeiten auf das instabile Wetter abgestimmt und uns nur eine kurze Strecke bis Mariestad vorgenommen. Nachmittags sollte es regnen und gewittern. Die Vorhersage war nicht ganz zutreffend. Wir haben zwar viele hoch aufgetürmte Wolken gesehen, aber alle waren über Land. Über dem See war mehr oder weniger blauer Himmel. Es scheint, als sei der Väner groß genug, um im Binnenland einen Seewindzyklus aufzubauen.
Von der Größe des Vänern haben wir noch nicht viel mitbekommen, denn der See ist nicht nur groß, er ist auch reich an Inseln und Schären. Es sollen etwa 22000 (in Worten: Zweiundzwanzigtausend) sein. Wie man das wohl zählt? Und was unterscheidet eine sehr kleine Schäre von einem sehr großen Stein, der aus dem Wasser guckt? Diesen Schären- und Inselgürtel haben wir heute nicht verlassen.
Mariestad, unser Tagesziel, liegt direkt am Vänern und hinter den Schären, man legt als Gast direkt an der Altstadt an. Die Stadt ist, wie viele, die wir besucht haben, planmäßig angelegt. Das Straßenmuster ist, was auch sonst, rechtwinklig. Richtung Norden, Richtung Seeufer, gibt es aber noch zwei straßen, die je einen Halbkreis bilden. Somit sieht der Straßenplan auch aus wie ein Kirchenfenster. Ob das gewollt war, haben wir nicht herausgefunden. Jedenfalls hat die Stadt in den Nachwehen der Reformation eine gewisse Rolle gespielt. Die Schweden waren zu der Zeit wohl noch nicht so recht von der neuen Konfession überzeugt, die evangelische Obrigkeit wollte etwas nachhelfen und hat hier bereits ein Jahr nach der Gründung einen Bischofssitz eingerichtet. Zu dem gehört natürlich eine ordentliche Kathedrale. Diese steht auf einer Anhöhe, beherrscht bis heute das Ortsbild und ist schon von weit draußen auf dem See zu sehen. Sie hat gerade 400-Jahr Feier. Eigentlich war der Bau einer gotischen Kathedrale um 1619 ja schon ein Anachronismus. Außer in Schweden(Mariestad) und Spanien (Segovia).
Altar und Kanzel sind barock und aufwändig gestaltet, also eher schein-katholisch. Einen Bischoff hat das Bistum nie gehabt. Es wurde komissarisch von einem Superintendenten geführt und nach 50 Jahren wieder aufgelöst. Die Stadt und die Kirche sind geblieben. Heute lebt Mariestad im Sommer vom Tourismus und den Rest des Jahres von der Industrie, die es hier gibt, die man aber von der Altstadt aus nicht wahr nimmt.
Außer im Stadtplan, und dort besonders am Gleisplan der Eisenbahn. Jeder Modellbahn-Freund müsste an einem solchen Gleisplan seine helle Freude haben. Solch ein Gewusel gibt es im Rest der Welt wohl nur in H0.
Mariestad ist auch End- bzw. Ausgangshafen der Wilhelm Tham, der wir ja schon am Anfang unserer Kanalreise begegnet sind. Die hat hier heute Nachmittag ihre Fahrgäste samt Gepäck ausgespuckt und wartet offenbar auf neue Gäste. Ein Blick in die offenen Türen zeigt, dass man da in edlem Ambiente, aber sehr beengt reist. Dafür aber wahrscheinlich nicht billig.
Der angesagte große Regen ist bis jetzt ausgeblieben. Wir hoffen, dass das auch so bleibt.