Viel Steine, wenig Strom

Von Skillinge nach Hanö. Vorhergesagter Wind SW 4 morgens, SW 4-5 nachmittags. Um 9 aus dem Hafen. Realer Wind: fast nichts. Ab und an mal so ein paar Katzenpfötchen. Die Versuche, damit zu segeln, bestätigen, was man schon weiß: 2kn +-. Das würde bei 38 sm Entfernung 19 Stunden Fahrzeit bedeuten und ist beim Rest der Besatzung nicht durchzusetzen. Also 2 Stunden unter Motor, fast genau geradeaus – Das Schießgebiet, das heute leider auch  aktiv ist, berührt man so nur am Rande. Außerdem wird heute sowieso nur 12500 m weit gesperrt, davon sind wir weit entfernt.

Nach den zwei besagten Stunden setzt dann endlich der Wind ein, genau von hinten. Bis kurz vor Hanö nimmt er langsam zu und die letzten Meilen wieder ab, ohne je die Richtung zu ändern.
Dicht vor der Hafeneinfahrt von Hanö liegt ein ziemlich großes Schiff. Wir haben das für einen Ankerlieger gehalten, beim näher kommen aber gesehen: Der baggert. So viel Schiff für so einen kleinen Bagger? Was auch immer der gemacht hat, jedenfalls kamen volle Baggerschaufeln aus dem Wasser und wurden ins Schiff entleert.

Auf Hanö ins Päckchen als zweite. Landseitig liegt eine Halberg aus DK mit drei freundlichen Damen. Ob wir ein Stromkabel über ihr Vordeck legen dürfen? Dürfen wir natürlich, aber “you need a very long line”. Haben wir. Stöpseln wir ein – keine Spannung.  Sicherungen alle OK, Schutzschalter nicht zu finden. Zum Bezahlen müssen wir sowieso zur Hafenmeisterin. (Inzwischen geht das sogar auf Hanö per Karte. Beim letzten Besuch wollte man dort noch Bares sehen –  ungewöhnlich in Schweden)
Zum Thema Strom: Geht hier nicht, da nicht und dort nicht. Wir wissen auch noch nicht, warum. Wir sammeln unsere “Lange Linie” wieder ein, die Damen von nebenan ihre  auch.

Wir haben bei unseren letzten Besuchen Hanö vernachlässigt. Das sollte man nicht tun, es ist schade drum. Einmal sind wir stumpf daran vorbei gesegelt, einmal haben wir zwar übernachtet, aber abends haben wir nichts mehr unternommen und morgens sind wir gleich weiter. Daher diesmal: Ausflug zum Leuchtturm bevor es dunkel wird.

Wieder unten haben wir das Bedürfnis, die Wasserversorgung der Insel in Anspruch zu nehmen. Geht aber nicht, alles geschlossen.
So langsam bemerken wir, dass nirgendwo Licht brennt. Es gibt kein Wasser. Das Mobilfunknetz funktioniert nicht mehr. Das Richtfeuer ist aus. Der Leuchtturm leuchtet nicht.

Wir wissen es nicht genau, aber der Verdacht liegt nahe, das der Bagger wohl die Stromversorgung, vielleicht auch noch die Wasserversorgung von Hanö weg gebaggert hat. Es geht ein Raunen um, dass es wohl zwei Wochen dauern  könnte, bis alles wieder läuft.

Der Bösewicht

Wir sind dann am nächsten Morgen nach Karlshamn. Da gibts Strom und Wasser, dafür funktionieren andere Dinge nicht. Ist halt Vorsaison.

Die Steine schweigen

Auf der Fahrt von Skillinge Richtung Hanö. Soll: SW 4. Ist:kein Wind, Diesel rattert. Auf dem Wasser ist auch nichts los. Da kann man gut texten.

Gestern von Abbekås über Kåseberga nach Skillinge. Wenn Kås wirklich “kleiner Hafen” bedeutet, dann ist Kåseberga zutreffend: Kleiner Hafen am Berg. Wobei der Berg natürlich nur die Geestkante ist. So richtige Berge gibt es ja in Schonen nicht wirklich.
Weil die Kante aber doch in einer ansonsten mehr flachen Landschaft hervorgehoben ist, hat schon in halbwegs grauer Vorzeit ein (neu?)-reicher Einheimischer sich hier ein Denkmal gesetzt: Ales Stenar. Nicht “alles Steine” sondern “Ale’s Steine” – Ale soll sein Name, keine Biersorte sein. So genau weiß das aber keiner, in der Region heißt das Objekt auch anders. Ales Stenar sind ein  Haufen senkrecht stehender Stein in Form eines Schiffes – die größte Schiffssetzung ganz Skandinaviens. Und noch gar nicht so alt, wie es aussieht: Per C14 datiert auf 800 – 1050. Was ja gut in die gängige Datierung der Wikingerzeit 800 – 1066 passt. Die Steine selbst sind wohl wesentlich älter. Als Teil eines Bauwerks, meine ich natürlich, die Steine sind Granit und Gneis, noch älter. Als Baumaterial wurden sie, so steht zu lesen, der einen oder andern megalithischen Konstruktion entnommen. Derer es in dieser Gegend ja auch reichlich gibt.


Das Schöne an Ales Stenar: Obwohl nationales Denkmal, kein Zaun, kein Eintrittgeld. Relativ naturnah: Die auch in der Vorsaison schon zahlreichen Besucher dürfen sich die Wiese kollegial mit einer Herde Kühe teilen – was gut funktioniert, wenn man ab und zu nach unten schaut. Und der Blick von oben über Steine und Kühe auf die blaue Ostsee ist schon eindrucksvoll. Und der Grund, nach Kåseberga zu fahren.

Schweigende Steine

Eine der freundlichen Informationstafeln, die man dort findet, fordert den Besucher auf, auf die Sprache der Steine zu hören. Sabine und ich sind der Meinung, die Steine sagen gar nichts. Die stehen nur stur rum, und das seit Jahrhunderten.
 
Da das für uns nur ein Zwischenstop war, waren wir auch schon zu einere Zeit im Hafen, zu der üblicherweise wenige einlaufen. Nach uns erst noch einer, der dritte kam dann von der Ochtum, aus unserem Nachbarverein. Die Welt ist manchmal klein, und mit den Ochtumer Booten ist es wie mit den Berlinern: Man trifft sie überall.

Der leere Hafen Kåseberga



Nach Aufenthalt in Kåseberga bei den Steinen vor dem Wind nach Skillinge. Ein Fischerhafen, in den Yachties auch rein dürfen. Entsprechend rustikales, aber nicht unsympatisches Ambiente. Leider hapert da noch einiges an der Infrastruktur, die Saison hat hier aber auch nicht begonnen. Dafür gibts ein gutes, bodenständiges “Restaurang” direkt am Hafen. Zitat: “Habe die Scholle unter 5 Pfund Butter gefunden!” Kommentar des Chronisten: Die war nicht klein, die Scholle. Und die Zitierte neigt mitunter zu Übertreibungen.

Skillinge

Zu!

Die Wetterberichte widersprachen sich mal wieder ein wenig. Wir haben uns dann entschieden, dem zu glauben, der am besten zum Plan passte, weiter nach Osten zu kommen. Morgens Ost, mittags schwachen Südwind, nachmittags SW 4 Bft. Morgens stimmte. Erstens waren sie sich da ja auch noch einig, die Meteorologen, und zweitens konnte man ja die Nase in den Wind halten und den Ist-Zustand feststellen. Der Schwachwind war aber dann wirklich schwach und dauerte auch bis zu Abend. Also bis Abbekås, die eine Hälfte aufgekreuzt, die andere mit Wind aus dem Tank.

Der Hafen ist klein, ganz nett anzuschauen und zu. “Zu” heißt hier: Der größte Teil der Infrastruktur ist außer Betrieb. Duschen, Tankstelle, Bezahlautomat, alles abgeklebt und außer Betrieb. Gestern war das Klo noch auf, da hat aber nebenan die Feuerwehr geübt und die hatten anscheinend aufgeschlossen. Heute morgen jedenfalls auch: zu.

Was gibt es sonst noch zu Abbakås? “Kås”, die Silbe kommt hier in mehreren Ortsnamen vor, soll bedeuten “kleiner einfacher Hafen”. Stimmt!

Vorsaison!

Nils Holgerson: Der Hof, von dem er stammt, soll hier in der Nähe liegen. Und seine Gänseschar soll am Ende der Geschichte hier Schweden Richtung Süden verlassen haben. Was hier durch einige Hausgansplastiken “Martin” gewürdigt wird.

Martin


Auch Martin

Dann gibt es hier noch einen Golfplatz. Den hat der Chronist aber, selbst aus eher golf-fernen Bevölkerungsschichten stammend, weder gefunden noch gesucht.

Beitragsbild oben: Schwedens Südende.

Sabine ermahnt mich beim Korrektur lesen, auf den Bäcker direkt am Hafen hinzuweisen. Der hat nämlich ganz tolle Sachen und nicht zu!

Borstahusen statt Ven

10:00 Abfahrt aus Höganäs unter Motor, weil kaum Wind. Und das bisschen aus Süden, also von da, wo wir hin wollen. Nähert man sich dem Nordende des Öresunds, dann ist man auf der schwedischen Seite gezwungen, sich in einem schmalen Streifen zu bewegen. An Backbord wird´s flach, an Steuerbord liegt das Verkehrstrennungsgebiet. Und da man ja auf der Ostseite ist, fährt man gegen die Richtung, muss also deutlich außerhalb bleiben. Kreuzen ist da nicht möglich, also weiter unter Motor. (Auf der dänischen Seite wäre man zwar auf der richtigen Spur, aber mit einem Segler das VTG/TSS zu benutzen ist etwa so sinnvoll wie mit dem Rollator über die Autobahn zu preschen)

Schiffsverkehr bei Helsingör

Am Ende des VTG hatten wir uns dann geeinigt, dass wir, wegen hochsommerlicher Temperaturen, nicht wie geplant Landskrona besuchen, sondern Ven. Ven, dänisch Hven, ist die schwedische Insel im nördlichen Öresund. Die, wo einst Tycho Brahe sein Observatorium hatte. Und dort den Hafen an der Nordseite, Norreborg. Ven hat zwar die schöne Eigenschaft, ringsum von gutem Ankergrund umgeben zu sein. Aber wenn man ankert, kann man sich die Insel nur von außen anschauen. An der Hafeneinfahrt von Norreborg stand allerdings ein schönes, großes, rotes Schild mit der Aufschrift. ¨Fullt¨. Das haben wir verstanden, auch wenn wir kein Schwedisch oder Dänisch können.
Wenn um die Zeit dieser Hafen schon ¨fullt¨ ist, braucht man nicht damit zu rechnen, dass es bei den beiden anderen besser aussieht. Also haben wir die Ringsum-ankern-Option genutzt und auf der Seite mit ablandigem Wind geankert, und, wie man auf Neudeutsch sagt, gechillt. Altdeutsch wäre das ein Mittagsschläfchen. Über die Frage, ob der Platz zum Übernachten geeignet sei, konnte leider keine Einmütigkeit hergestellt werden, so so haben wir, unter Knurren des Skippers, den Anker wieder eingeholt und sind in den nächsten Hafen. Der auch wieder, siehe letzter Beitrag, reichlich voll war. Und die letzten freien Plätze liegen gegenüber der Einfahrt und sind, zumindest nach Meinung des Skippers, unruhiger als es vor Ven war und insbesondere Nachts wäre.

Zudem laufen hier possierliche Tierchen auf dem Steg auf und nieder. Nachdem ich das erste Huschen irrtümlich einer Ratte zugeordnet hatte, haben sich die zwei Tierchen noch mehrfach gezeigt und wurden von uns als Marderartige identifiziert. Ratten können nicht so geschmeidig über Treppenstufen fließen. Die beiden haben auch keine Scheu vor Menschen, laufen allerdings ziemlich planlos auf der Mole hin und her. Unser Vergleich mit den Bildern unterschiedlicher bei uns heimischer Marderarten hat nicht zur Erleuchtung geführt. Kann ein Kundiger uns mitteilen, um welche Art Marder (Stein-, Haus-, Baum-M., Wiesel, Iltis, Frettchen, …) es sich hier handelt? Sabine meint, es seien Jungtiere, man sehe, dass ihnen die Lebenserfahrung fehle. Mir ist nicht ganz klar, wonach man das bei einem Marder beurteilt.

Wir halten jedenfalls alle Öffnungen am Boot gut verschlossen, wenn wir nicht an Bord sind.

Der Marder von Borstahusen


Der Ort zum Hafen, ein ehemaliges Fischerdorf, besteht im Wesentlichen aus drei parallelen Straßen mit kleinen Häusern aus Stein. Das Ganze sieht weit mehr dänisch als schwedisch aus. War es ja früher auch. Stockholm ist weit weg, und bei klarer Sicht, so wie heute, kann man zumindest das Kraftwerk von Kopenhagen schon sehen.

Der Kongress tanzt nicht

Auf dem Kullen, oder Kullaberg, versammeln sich alle Tiere, um einen Kongress abzuhalten und sich zu amüsieren. Steht jedenfalls so im Standardwerk über die Geografie Schwedens von Selma Lagerlöf. Besser bekannt unter ¨Nils Holgersons wunderbare Reise mit den Wildgänsen¨.
Der Kullaberg ist ein Gebirgszug, der mit seinem Westende ein Stück ins Kattegatt hinausragt und so eine Halbinsel bildet. Zu Zeiten der Wildgänse ein abgeschiedener Ort, heute ein Naturschutzgebiet. Am Rande des Kullen gibt es zwei Häfen, Arild im Süden und Mölle nördlich. Von Arild sagt das Hafenhandbuch, dass man als Ortsunkundiger nicht hinfahren soll, weil der Hafen klein und flach sei und wenig Platz biete. Von Mölle sagt es, dass es malerisch sei. Somit haben wir Mölle als Ziel gewählt. Wind gut, Stärke und Richtung OK. Zumindest bis vor die Spitze von Kullen. Dann mit Wind genau von hinten Richtung Mölle, was nicht jeder gut verträgt. Die Stützwirkung der Segel entfällt und das Boot rollt dann mehr.
Und Mölle? Vom Malerischen verschwindet leider ein großer Teil, wenn man in den Hafen einfährt und dieser einem überfüllten Campingplatz ähnelt. Vermutlich wollen die alle auf den Kullaberg. Da laufen heute 500 000 Leute pro Jahre rum und die Tiere haben sich vermutlich ein anderes Konferenzzentrum gesucht.

Mölle mit dem Kullaberg

Unseres Bleibens war dort nur kurz. Weiter Richtung Süden kommen noch zwei Häfen, von denen das Handbuch abrät. Der nächste empfohlene heißt Höganäs, der Service dort sei gut, aber es fehle an Charme. Stimmt teilweise. Zwei Klos für hunderte Schiffe und Duzende Wohnmobile ist zwar auch nicht ganz das, was man sich unter gutem Service vorstellt, aber man findet auch in der Urlaubssaison einen Platz.
Besser so, was hilft der malerischste Hafen, wenn man nicht rein kommt.

Die Containerbrücke von Höganäs

Offenbar hat der Welthafen Höganäs mal gemeint, am weltweiten Boom der Containerschifffahrt teilhaben zu können. Jedenfalls gibt es eine Containerkaje. Mit einer Containerbrücke, genau einer. Dieser Service hat die Reedereien wohl nicht überzeugen können. So ist hier auch im Containerhafen Platz.