Halmstad

Die Beschreibung im Begleitheft der Seekarten las sich gut. Der Liegeplatz nahe dem Zentrum von Halmstad wurde als gar lauschig, vor Bäumen und alten Häusern beschrieben. Wollten wir uns man ansehen. Wind war reichlich, von hinten, und wir waren richtig schnell – für unsere Verhältnisse. (Wenn man richtig schnell sein will, ist eine Segelfahrzeug eine sehr ungünstige Wahl. Und je kleiner, desto ungünstiger.)
Halmstad versteckt sich, wie auch andere schwedische Küstenorte, hinter seinem Hafen. Dafür liegt dann der Gästehafen dicht am Ortskern, ist aber doch nicht so malerisch wie die Beschreibung glauben machen will.
Halmstad ist Provinzhauptstadt, etwa dreimal so groß wie Helmstedt 😉 und offenbar stolz auf seine Geschichte, seine Skulpturen, sein Schloss und sein Stadtbild.

Eine der Halmstader Skulpturen

Um 1600 als Festung gegen die Schweden ausgebaut vom dänischen Christian IV. Dem eigentlich politisch glücklosen König, dessen Bauten man von Glückstadt bis hier überall findet, wo mal Dänemark war. Und das war vor C4 eben viel mehr als nach C4. (Die Abkürzung hat er selbst erfunden, steht in Schloß Helsingör an jeder zweiten Wand)
Von der Festung ist noch ein Tor erhalten,und das ganze Befestigen hat ja, wie man sieht, nur Geld gekostet und nichts gebracht. Heute gehört die Stadt trotzdem den Schweden.

Das Festungstor von Halmstad

Das Schloss ist geblieben, auch von C4 und gut erhalten. Die Skulpturen bereichern das Stadtbild wirklich. Nur das Stadtbild selbst begeistert nicht so vollständig. Zumindest Nicht-Schweden nicht. Es gibt zwar einzelne interessante Altbauten, aber sie sind locker über die Innenstadt verstreut, so dass man keine zusammenhängende Bereiche findet. Was eine Besonderheit ausmacht, ist, dass es hier, nach dänischer Tradition, Fachwerkhäuser gibt. Die kommen, soweit wir es gesehen haben, in Schweden eher selten vor. Entweder Holz und Stein, nicht so eine seltsame Zwischenlösung.

Verstreute Altbauten

Und noch ein kleiner, aber ärgerlicher Unfall. Bei der Suche nach einem Standpunkt, von dem aus man das Schloss mit dem alten Segelschiff, aber ohne hässliche Motorboote fotografieren kann, hat der Bordfotograf leider die Kaikante übersehen. Die Fallhöhe auf den davor liegenden Steg war nur etwas kniehoch, hat aber ausgereicht, den Operateur umzuwerfen und die Kamera nachhaltig zu schädigen. Das ist ärgerlich, nachdem er endlich gelernt hatte, sie halbwegs ordentlich zu bedienen. Ab jetzt gibt´s nur noch Handy-Fotos.

Gen Süden

Der Rückweg hat nun auch gefühlt begonnen. Die Strecken werden länger. Was allerdings nach den teils sehr kurzen Etappen auf dem Göta-Kanal gar nicht ausbleiben konnte. Nach dem Verlassen des, oder vielleicht auch Abschied vom, Göteborger Schärengarten war das Ziel für die Nacht ein versteckter Steg, den wir von unserem letzten Besuch in diesem Gebiet kannten.
War leider besetzt. Über die Eignung der alternativen Ankerplätze in dessen Umgebung und über die Stabilität des Wetters konnte innerhalb der Besatzung keine Einigkeit hergestellt werden. Also haben wir die Bucht ohne Einigkeit wieder verlassen und sind weiter zum nächsten Hafen:
Bua. Der Ort ist nicht wirklich interessant, wenn auch nicht so schrecklich wie sein Name suggeriert. Ein ehemals großer Fischerhafen, heute immer noch ein Fischereihafen, aber mit weit mehr Sportbooten als Fischerbooten. Nur das Kernkraftwerk nebenan stört etwas. Noch mehr stört einen das Kraftwerk, wenn man die Liste seiner Störfälle gelesen hat: Bua!
Uns hat es in der Nacht nicht belästigt. Anscheinend hat man die Druckbehälter auch verkleidet, eine zylindrische Umbauung sorgt dafür, dass man die typische Form des Druckbehälters, das ¨Atom-Ei¨ erst auf den zweiten Blick erkennt.

KKW Ringhals bei Bua (oder umgekehrt)

Von Bua mit seinem Bua-Kraftwerk (richtiger Name: Ringhals) am nächsten Tag nach Falkenberg. Der, nach meiner Meinung, sehenswertere Teil dieses Ortes verbirgt sich etwas. Von See kommend sieht man erst viel Hafen mit Silos, Industriebetrieben, Werftanlagen und zwei Schwimmdocks.

Hafenanlagen Falkenberg

Nach einem Weg von etwa 20 Minuten kommt man über ein Brücke aus dem 18 Jahrhundert in eine typisch schwedische Kleinstadt: Quadratisch, sauber, aber nicht aufregend.
Und ganz an deren Rand, eingeklemmt zwischen Ortskern und Hafen, liegt der alte Ortskern, wie ein Museum. Mit einem Überbleibsel aus der Frühzeit von Falkenbergs Industriealisierung.

Falkenberg: Alte Häuser mit Hafertrocknungsanlage

Beim letzten Besuch haben wir nicht herausgefunden, was das ist. Jetzt wissen wir: Eine Anlage zum Trocknen von Hafer. Weiteres zu Falkenberg findet man hier.

Ein Tag, drei Inseln

Styrsö. Sabine hat schon früh am Tag einen Einheimischen getroffen, der, wie wohl die meisten Insulaner, von den Vorzügen seiner Insel zutiefst überzeugt war. Er hat sie auf eine Karte der Insel hingewiesen, an der er selbst mitgearbeitet hat. Die zeigt Wanderwege und Sehenswürdigkeiten von Styrsö. Zum Segeln sei heute auch zu wenig Wind, meint jedenfalls unser Lokalpatriot. Wir haben jedenfalls seine Anregung auf- und seine Karte mitgenommen und wesentliche Teile von Styrsö erwandert. Ortskenntnis hat der Mensch jedenfalls. Bei einem der in der Karte eingetragenen Wege waren wir uns nicht ganz sicher, ob das wirklich der gemeinte Weg war.
Er war es.

Strandweg schwedisch, nicht barrierefrei

Ein sehr unorthodoxe, sehr schwedische Art des Wegebaus. Bei den hiesigen geologischen Verhältnissen aber wohl die einfachste Lösung.

Die Schären südlich Göteborgs sind der südlichste Teil des westlichen Schärengartens (eigentlich ja Schärenhofs), weiter südlich gibt es dann nur noch vereinzelte Schären. Ein bisschen fällt der Abschied von dieser Landschaft schwer. Wir haben den Tag als den letzten in den Schären genutzt. Tanken mussten wir auch, das geht auf Donsö. Und für die Nacht bleiben wir im Hafen von Vrangö. Den haben uns ein Freund und auch das Handbuch als besonders malerisch empfohlen. Nach Besuch mehrerer Orte auf den Südschären von Göteborg ist unser Favorit jetzt woanders. Das behalten wir aber für uns.

Das mit dem Individualtourismus ist auch so eine Sache. Besonders hier gibt es so viele Individuen, dass sie sich etwas ballen. Da verliert das individuelle Reisen schon sehr an individuellem.

Ganz viele Individualisten

Man kann sich zwar noch zwischen den Schären ein Plätzchen suchen.
Setzt aber geeignetes Wetter (haben wir gerade) und Ortskenntnis (haben wir hier leider nicht) voraus.

Man muss die Plätze finden!

So liegen wir heute, es ist Samstag und Gebiet einer Großstadt, nach einem schönen Tag in einem überfüllten Hafen. Hier sind wir aber wieder einer der Kleinen, und darum ganz hinten, wo nicht so viel los ist und die Großen gar nicht hin kommen.

Crescendo-Decrescendo

Nach der Nacht im teil-idyllischen Hafen unterhalb Bohus wieder zurück auf den Göta Älf/Trollhätte Kanal. Die Idylle wurde etwas getrübt durch die Beschallung. Auf dem Parkplatz von Bohus war Oldtimer-Treffen mit dutzenden amerikanischer Blechmonster und wenigen europäischen Autos der 50er und 60er Jahre, auch Saab ¨Blechtroll¨ alias ¨Nordkapschüssel¨, entsprechend untermalt mit Elvis und anderem Rock ´n´ Roll von Konserve. Im Hotel ein Stückchen weiter verdiente ein Tom-Jones-Imitator sein Geld. Immerhin hat er das ganz ordentlich gemacht. Ab 23:00 war Schluss und die Idylle dann viel idyllischer.

Ein großes Schiff?

Zu Bohus und seiner Geschichte haben wir noch ein Detail gefunden: Als das Ganze noch den Norwegern gehörte, haben die Schweden, so um 1570, einen Turm der Festung besetzt. Nicht wissend, dass dort die Munition der Festung gelagert war, oder zumindest ein größerer Teil davon. Den haben die Norweger dann gezündet. Damit hatten sie keinen Turm mehr, aber auch keine Schweden. Letztere sollen ¨wie die Krähen¨ durch die Luft geflogen sein. Konnten aber danach nichts mehr dazu berichten. Raue Sitten hier.

Boshus vom Göta Älf

Wieder zurück auf den Göta Älf – ich weiss nicht, wie man das korrekt schreibt, man findet´s mit großem und mit kleinem ¨Ä¨. Je weiter man sich seiner Mündung nähert, um so mehr Industrie und Verkehr zeigt sich an den Ufern, besonders am linken. Rechts teils ursprünglich wirkende Natur – zwischen Kanal und Autobahn, da kommt kaum einer hin, um zu müllen oder zu bauen.
Die Nähe zu Großstadt hat den Vorteil, dass die Brücken jetzt immer besetzt sind und auf Anruf auch geantwortet wird. Hilft aber nichts, denn wegen des Verkehrs wartet man genau so lang wie weiter oben. Man weiss jetzt aber immerhin, dass man zur Kenntnis genommen wurde.
Und dann, nach der letzten Eisenbahn-Drehbrücke die furiose Steigerung: Mit dem Boot mitten durch Göteborg. Welches vom Wasser aus einen beeindruckenden Anblick bietet.

Göteborg, vorwärts

 

Göteborg, rückwärts
Göteborg seitwärts: Ostindienfahrer-Replik

Auf Landgang haben wir verzichtet: Zu heiß zum Pflastertreten in der Großstadt. Wir waren vor drei Jahren das letztemal hier, das muss reichen. Link: symartha.de/grossstadt-halbtrocken

Da haben wir die Stadt allerdings nicht vom Wasser aus gesehn, das haben wir jetzt nachgeholt. Damals sind wir mit der Fähre nicht so weit hinauf gekommen, da steigt man weiter draußen in die Straßenbahn um.
Zu Göteborg gehören ja zahlreiche Inseln und Schären, und dort haben wir angelegt, in Styrsö. Was den Hamburgern die Elbchausse und den Bremern Oberneuland ist den Göteborgern ihr Schärengarten. Nur viiiel schöner. Und nach der Steigerung in der Stadt ein ruhiger Ausklang.

Schären bei Göteborg

Naja, nicht ganz so ruhig, viele Boote und Fähren, und dicht besiedelt. Eben Stadtgebiet.

Der andere Kanal

Im Prinzip ist das Meiste vom Trollhättan Kanal der Fluß Göta Älf. Die gegrabenen und gesprengten Teile beschränken sich auf die Einfahrt von Norden und die Umgehung der Wasserfälle.

Der Fluss hat so etwa die Breite der Mittelweser, vielleicht ein bisschen mehr. Nur stehen hier Häuser am Ufer, die nach Pippi Langstrumpf, Micha aus Löneberga oder Petterson und Findus aussehen. Und der Fluß/Kanal wird von Schiffen bis 5000 Tonnen befahren und ist entsprechend tief und dicht betonnt. Wobei die Betonnung allerdings so aussieht, das am Rand Dalben stehen, von denen Stangen waagerecht zur Flußmitte zeigen, und an deren Ende ist dann die eigentliche Markierung. Ein ebenso aufwändiges wie gewöhnungsbedürftiges System .Wahrscheinlich geht es aber bei dem felsigen Untergrund nicht anders.

Trollhättan Schleuse: Juno muss noch mit rein

Funktioniert hat das Unternehmen ¨Kanal¨ heute nur mittelgut. Mal war eine Brücke nicht anzusprechen, mal die Schleuse nicht. Das ist angesichts der hohen Gebühren schon ärgerlich.

Trollhättan Kanal

So sind wir nur bis Kungälf, bis dahin, wo der Göta älf sich in seine beiden Mündungsarme teilt. Der Hafen ist so klein, dass dort nur recht kleine Fahrzeuge hinein kommen. Wir sind hier ausnahmsweise einer der großen. Dafür liegen wir mal wieder historisch wertvoll: In unmittelbarer Nähe die Festung Bohus. Obwohl zeitweise schon als Steinbruch freigegeben steht noch viel und natürlich heute unter Denkmalschutz. Eigentlich mal von den Norwegern zum Schutz vor den Schweden gebaut. Später von den Schweden zum Schutz vor den Norwegern genutzt. Sie mögen sich halt, die Skandinavier.
Von Kungälf haben wir nur das kleine Stück gesehen, das in Richtung Festung reicht. Erst zu heiss, jetzt wird es dunkel und wir sind müde. Man kann nicht alles mitnehmen.