Dragør

Wir haben uns vom Wetter und besonders von den Wettervorhersagen etwas foppen lassen. Aus Kopenhagens Kalkbrenderihavn nach Süden, mal sehen, wie weit wir kommen.

Der Weg an Kopenhagen vorbei ist zur Zeit etwas spannend, da man einen neuen Stadtteil in den Sund hinaus bauen will. Damit verfolgt man mehrere Ziele: Man schafft neuen Wohnraum, der ja hier knapp und daher sehr teuer ist, man verbessert den Küstenschutz und man kann große Mengen von Material los werden, das bei Großprojekten aller Art schon angefallen ist. Wie wohl nicht anders zu erwarten, gibt es natürlich auch Leute, die das Ganze gar nicht gut finden.

Für den vorbeisegelnden Segler bedeutet es z.Z. in erster Linie, dass überall gelbe Tonne herumliegen, „allgemeine Gefahren- und Warnzeichen“, und man sich schlau machen muss, wo man durch darf und wo nicht. Für die, die schon mit dem Boot hier waren: Die Einfahrt südlich der Lynette gibt es nicht mehr, die Lynette selbst wird nach Ende der Bauarbeiten in einer fast abgeschlossenen Bucht liegen. Ob das nun dem Reiz Kopenhagens gut tut, sei mal dahingestellt.

Nachdem wir so an Kopenhagen vorbei waren, war der Wind so schlapp, dass wir kaum vor der Dunkelheit in Rødvig, dem nächsten  Zwischenziel in der geplanten  Richtung, angekommen wären. Daher rein nach Dragør. Nachdem wir in Dragør fest waren und bezahlt hatten, war der Wind wieder da. Wie man’s macht, macht man’s falsch.

Dragør ist ein reizvoller Ort, man kann auch schlechter liegen. Verkehrstechnisch bestens angebunden: Fahrwasser des Öresunds, das westliche, für die kleineren Einheiten, einschließlich der Kreuzfahrtschiffe. Die Öresundbrücke und der Flughafen von Kopenhagen. Alles nicht in Dragør, aber gut zu sehen und zu hören. Letzeres wiederum nicht so, dass es lästig wird – zumindest, wenn man hier nicht dauerhaft wohnt.

Dragør war ursprünglich ein Fischereihafen und der Standort der Lotsen für den Sund.  Beides gibt es auch heute noch, ein paar wenige Fischereifahrzeuge und eine Lotsenstation. Die bei weitem meisten Fahrzeuge sind heute allerdings Yachten. Außerdem eine Werft mit den offenbar landestypischen „Projekten“.

Es gibt hier ein Fort, das den Eingang zum Sund bewacht oder besser bewacht hat. Es ist zwar immer noch militärisches Gelände, was einem zwar auf Schildern mitgeteilt wir, was aber auf die Bewegungsfreiheit der Besucher keinen Einfluß hat. Von der ganzen Militärausstattung sind nicht mehr als ein paar Löcher geblieben. Dafür der Blick über den Sund oben vom Fort.

Die Lotsen hatten einen Turm, von dem aus sie nach potentiellen Opfern Kunden Ausschau gehalten haben. Durch den Bau des Forts wurde ihnen dann allerdings der Blick auf die Einfahrt zum Sund versperrt und sie mussten höher hinauf. Daher gibt es hier zwei Türme, beide restauiert, konserviert und ohne Funktion.

Heute geht das alles per Funk, nur die Lotsenboote fahren immer noch raus und rein. Außer von Lotsen und Yachties lebt der Ort wohl in erster Linie von Leuten, die hier ihre Wohnung oder Zweitwohnung haben, ihr Geld aber in Kopenhagen verdienen. Der ganze Ortskern besteht aus Häusern, in deren Renovierung erkennbar viel Geld geflossen ist. Daraus ist ein einerseits malerisches, andererseits etwas unechtes Gesamtbild entstanden. Strohdach, gelbe Farbe, Malven/Stockrosen und Kopfsteinpflaster. Ganz so einheitlich sieht ein Ort normalerweise nicht aus.

Plan: Weiter nach Rødvig. Wettervorhersage: Spätnachmittags und am Abend viel Wind. Dann eine Starkwindwarnung über Lyngsby Radio, Westliche Ostsee, Belte umd Sund, Kattegat, alles so um 15,16,17 m/s. Wir bleiben in Dragør. Tatsächlich kam der Starkwind so spät, das wir vermutlich schon in Rødvig gewesen wären. Aber das weiß man ja vorher eben nicht. In Dragør hat’s im Hafen geschaukelt, geklappert und gequietscht.

Autor: cord

Hat mal Physik studiert, aber fast alles wieder vergessen. Hat jetzt altersbedingt viel Freizeit und segelt gerne. Oder macht Musik. Verheiratet, zwei erwachsene Kinder. Und inzwischen zwei Enkelkinder.