Liegt am Wetter

Von Agersö1 in den Langeland-Sund. Wir sind jetzt deutlich auf dem Rückweg. Der Hafen von Agersö liegt auf der Ostseite der Insel, also gibt es zwei Wege, nach Westen, nach Langeland zu kommen. Links oder rechts herum um die Insel. Rechts ist kürzer, aber wir hätten den Wind dann genau von hinten. Links sind 2 Meilen mehr, aber Wind raumschots, was das Boot schneller und die Bewegungen angenehmer macht. Wir haben die längere, bequemere Route genommen.

Leider kann man nicht einfach um die Nordspitze von Langeland herumfahren, weil dort ein ausgedehntes Flach liegt, das Langeland Ref. Da führt eine betonnte Passage durch. Danach Kurs zum nächsten Hafen, Lundeborg. Auf dem Weg dahin hat sich uns dann ein Regenschauer in den Weg gestellt.

Der Versuch, so langsam zu segeln (Groß weg, Genua weit auf), dass er vor uns weg ist, hat nicht funktioniert. Der Ausweichversuch (umdrehen, zurück segeln und warten, bis es besser wird) auch nicht. So sind wir dann ziemlich nass in Lundeborg angekommen und haben die letzte freie Box belegt. Zumindest die letzte, die für uns groß genug ist.(Das mit dem Wetter muss ortstypisch sein – obwohl wir hier ja nicht so oft sind, nass wurden wir bislang fast jedes Mal.)

Lundeborg ist ein ehemaliger Handels- und Fischereihafen. Es gibt ein paar kleine Fischereifahrzeuge und ein Gebäude der Fischvermarktungsgesellschaft. (Steht sinngemäß so am Gebäude, das dänische Wort hab’ ich mir nicht aufgeschrieben).

Vom Handelshafen gibt es noch ein Lagerhaus, heute für Veranstaltungen und den Verkauf von kunsthandwerklichen Erzeugnissen genutzt – wenn’s denn geöffnet ist.  Ansonsten lebt auch dieser Hafen von Yachties. Der Ort dazu ist vom Hafen aus kaum zu sehen und macht, wenn man ihn gefunden hat, einen wenig urbanen Eindruck.

Und so ward aus Abend und Morgen ein neuer Tag. Durch den Langelandsund nach Süden, Ziel Strynö. Da sind wir allerdings nicht angekommen. Kurz vor Rudköbing hat der Wind so zugelegt, dass wir uns in den Hafen verkrochen haben.

Nochmal ins Zentrum von Langelands Hauptstadt. Die wurde hier schon beschrieben. Neu entdeckt: Es gibt eine Windmühle. Die haben wir wohl übersehen. Es gibt ein Haus, das eine Fassade hat, die so aussieht, als stamme sie aus der Zeit des C4 und das auch noch Rosenborg heißt. Das wäre uns vor dem Besuch von Rosenborg kaum aufgefallen.

Jetzt warten wir darauf, dass das Gepfeife in den Masten und das Schaukeln aufhört. Ist aber schon besser geworden.

  1. Aus Gründen der Tastaturökonomie wurde auf dänische Umlaute verzichtet. ↩︎

Agersø

Der Bach, der bei Karrebæksminde in die Ostsee mindet/mündet, ist eigentlich kein Bach. Denn ein anständiger Bach hat eine Quelle und eine Mündung und die Quelle liegt oben, die Mündung tiefer und das Wasser fließt von der Quelle zur Mündung. Das Gewässer hier hat aber keine Quelle und das Wasser fließt, je nach Wasserstandänderungen in der Ostsee, mal in die eine und mal in die andere Richtung. Weil das hier nämlich eine Verbindung zwischen einem großen Randsee oder Noor und dem Smalandfahrwasser ist. Ein von insgesamt dreien.

Womit das Stück Land, an dem der Hafen liegt, eine Insel ist: Enø. Wegen der Grashüpferbrücke aber auch wieder nicht so richtig Insel. Ein Stück der nicht so richtigen Insel haben wir uns erlaufen. Im Westen Ferienhäuser, im Osten Gegend, und vorne, also nach Süden, zur Ostsee, eine Steiküste aus Lehm. Was natürlich keine besonders stabile Formation ist, wie man an den vielen Abbrüchen erkennen kann.

In dem Bach, der keiner ist, bildet sich bei Südwest ein ziemlich deutlicher Schwell. Heute morgen ziemlich viel Südwest, weit mehr als die Wetterapp uns erzählen wollte, und außer dem Schwell im Hafen davor auch noch viel Bewegung im Wasser, weil es dort zur Hafeneinfahrt hin flach wird.

Bis Mittag gewartet, dass sich die Situation bessert, dann los. Hat trotzdem noch gut geschaukelt. Statt die Fender und Leinen ordentlich wegzuhängen sind sie erstmal im Salon gelandet und wurden erst weiter draußen aufbereitet. Ziel war Omö, eine unserer Lieblingsinseln. Da wir aber Agersø, gleich nebenan, anliegen konnten und Omö gerade eben nicht, sind wir jetzt dort, auf Agersø. Gewissermaßen die Schwesterinsel. (Manche Omøer sehen das nicht so!)

Der Hafen ist hauptsächlich für Fischerei und Werft da, entsprechend gibt es auch hier allerlei “Projekte”. Der für Yachties genutze Teil ist während der Ferienzeit gut belegt und wurde wohl auch geplant, als die Boote durchschnittlich noch etwas kleiner waren. Der Hafenmeister hat uns bei der Einfahrt zugerufen, er habe noch genau einen Platz: ganz durch und dann zweimal rechts. Nach uns kamen aber noch zwei größere Yachten und wurden im Fischereiteil im Päckchen untergebracht. Sollte also wohl eher heißen, er habe noch einen guten Platz. Der ist auch gut, der Platz. Wenn man erstmal drin ist. Aber das hat mehrere Anläufe gebraucht.

Nachtrag zum Beitragsbild: Hier gibt es Brown Ale alkoholfrei. Das würde das Schreiberling auch gerne zu Hause mal finden.

Brücken bauen

Spät los und wenig Wind, Ost 3 Bft. Für den Abend waren Ost 5 mit Böen bis 7 vorhergesagt. Mit dem Ostwind reicht es bis Vordingborg, danach kommt über längere Entfernungen kein Hafen, den man mit so wenig Wind noch rechtzeitig erreichen könnte.

Gegen Vordingborg ist nichts einzuwenden, der Hafen hat allerdings den Nachteil, am Ende eines nach Südosten offenen Arms/Fjords zu liegen, was das Liegen dort bei Starkwind aus Ost zumindest unbequem macht. Wir haben den Fehler schon einmal gemacht.

Nun gibt es bei Vordingborg nicht nur das breite Fahrwasser Storstrøm, sondern auch noch den wesentlich engeren Masnedsund. Der bildet den Industriehafen von Vordingborg, und es gibt dort zwei weitere Bootshäfen, zumindest nach Karte und Handbuch. Diese Häfen schützen gut vor Starkwind aus Ost, soweit man das aus der Karte ersehen kann.

In Masnedsund (Nordseite) sind wir dann auch gut untergekommen. Der andere Hafen Masnedø auf der Südseite ist de facto nicht mehr vorhanden. In den verbleibenen Resten lagen zwar noch zwei Boote, die aber nicht so aussahen, als würden sie noch genutzt.

Über den Storstrøm wird gerade eine neue Brücke gebaut. Die alte ist zu großen Teilen aus Spannbeton und aus den 30er Jahren. Wenn man weiss, das zuhause die Spannbetonbrücken aus den 60ern alle in absehbarer Zeit ersetzt werden müssen, darf man sich wundern, dass die hier überhaupt noch steht.

Auf der Insel Masned gibt es, nahe der Großbaustelle für die neue Brücke, ein Fort aus der Zeit um 1900. Man darf es auf eigene Gefahr anschauen, ganz viel gibt es aber nicht zu sehen. Laut Beschilderung wird es für Ausstellungen genutzt, davon war aber auch nichts zu sehen.

Nachdem es in der Nacht kräftig geweht und geregnet hat und auch noch einen Teil des Vormittags genieselt, haben wir denn gegen 11 losgemacht. Wir hatten schon damit gerechnet, wegen des Wetters 2 Tage in Vordingborg zu liegen.

Lyngsby Radio sendet regelmäßig unter “nautical warnings” den Hinweis, man solle sich über die gerade gültige Durchfahrt durch die Brückenbaustelle informieren. Sagt aber nicht, wo. Die Stegnachbarn meinten, da liegen so viele Tonnen, da kann man nichts falsch machen. Die Mitte-Fahrwasser-Tonnen (rot-weiss), englich “safe water buoy, stehen allerdings heute genau in eine Linie mit dem mittleren Brückenpfeiler. So sicher also doch nicht 😉

Leider hat der Wind gerade durch die Baustelle und noch ein paar Meilen weiter gereicht und wurde dann immer schwächer. Wir haben uns angepasst und so, auf Empfehlung unserer Stegnachbarn, einen Hafen kennengelernt, den wir bislang noch nicht kannten: Karrebæksminde. Viel Strand, mehrere Häfen, ein bisschen “Seaside” und die Grashüpferbrücke.

Das Rohr

Von Dragør Richtung Rødvig. Der Wind war mit SW 4 vorhergesagt, wobei SW im Mittel wohl auch hinkam, 4 eher nicht. Zu Anfang haben wir schon etwas an unsere seglerischen Fähigkeiten gezweifelt, weil trotz emsigen Kreuzens und wiederholten sorgfältigen Trimmens keine Höhe zustande kam. Bis wir eingesehen haben, das nach der Starkwindphase vor Dragør ein deutlicher nordsetzender Strom stand, dem wir dann unter Einsatz fossilen Brennstoffs entkommen sind. Wenn man aus dem Bereich der Flachs raus ist, geht’s wieder. Insgesamt blieb der Wind unstet und das Logbuch ist jetzt gut bestückt mit Einträgen wie “Genua raus, Motor aus”, “Genua weg, Motor an” und so weiter.

Rødvig kam auf diesen Seiten schon mehrfach vor, es liegt einfach da, wo man einen Hafen auch braucht. Weshalb auch wir immer wieder dort vorbei gekommen sind. Dieses Jahr mussten wir doch einige Veränderungen feststellen. Die Ostseite des Yachthafens ist Baustelle. Die vielen Fischerhütten auf der Mole sind nicht mehr da. Dafür ist die Mole deutlich erhöht und mit einer Betonplatte versehen, aus der schon einige Leitungen hervorragen. Alles eine Folge der Sturmflut von letzten Oktober.   


Man kann sich das ganz Elend auch hier anschauen.

Die Rødviger haben es trotzdem geschafft, dass der Hafen und all seine Infrastruktur wieder funktioniert!

Für den nächsten Tag war SW 3 angesagt. Wir haben überlegt, damit nach Klintholm zu segeln, uns dann aber dafür entschieden, lieber unter Motor nach Nyord zu fahren. Und das war gut so, der Wind war so schwach, dass wir den ganzen Tag bis Kintholm gebraucht hätten und dann wahrscheinlich doch den Motor angeworfen hätten. Nach Nyord geht bei SW und dann auch noch so wenig davon sowieso nur unter Motor. Man braucht also gar nicht zu überlegen, ob man zu segeln versucht. (Ein paar Wassersporttreibende haben es trotzdem versucht und sind gescheitert.)

Nyord haben wir hier auch schon behandelt , daher nur ein Einzelaspekt: “Røret”.

Røret ist ein Boot, das wir auch früher schon hier im Hafen gesehen haben, wenn auch nicht ein einem so frisch renovierten Zustand.


Jetzt ist Røret offensichtlich fahrbereit und wird auch für Rundfahrten genutzt. Weil wir uns so ein Schmuckstück ja auch aus der Nähe ansehen mussten, wurden wir gleich von der freundlichen Røret-Besatzung angesprochen, dass es heute keine Fahrten mehr gäbe. Wollten wir ja auch gar nicht. Im Laufe des weiteren Gespräches kam zusammen: Røret, 1904 gebaut, Lärche auf Eiche (mit “Eisklasse”) war bis 1959 die einzige Verbindung von Nyord in die weite Welt. Damals mit einem Glühzünder-Motor, dessen charakteristisches Auspuffrohr noch erhalten ist und, so glaubt der Schreiber, dem Boot auch den Namen verschafft hat.

Der z.Z. sehr gepflegte Zustand beruhe leider darauf, das bei der besagten Oktober-Sturmflut wohl einige Boote im Nyorter Hafen gegen Røret gedengelt seien und deutliche Spuren hinterlassen hätten, die wieder beseitigt werden mussten. Im Nyorder Hafen sei fast alle neu, nach der Flut war kaum noch etwas zu gebrauchen. In Rødvig seien etwa 25 Boote gesunken. Die Røret-Leute waren sich nicht sicher, ob alle wieder gehoben seien.

Die Røret-Pfleger hab einiges zur Geschichte des Boots, des Ortes und des Sunds erzählt. Dass hier früher ca. 150 Menschen gelebt haben, alle von Landwirtschaft, Fischfang und Lotsenwesen. Das der Bogø-Sund ein dicht befahrener Wasserweg war, der allerdings ohne Lotsen nicht zu passieren war. So etwas wie die Hauptverkehrsader zwischen Holstein und Kopenhagen. Auf meine Frage, warum der Verkehr denn durch den verwinkelten Bogø-Sund und nicht durch den einfacheren Grønsund ging, wurde mir gesagt: Weil man hier überall ankern kann. (Theoretisch kann man das, wenn es nicht zu flach für’s eigene Boot ist und die Fischer die Fläche nicht schon mit ihren Gerätschaften belegt haben. Und im Grønsund kann man es nicht: Entweder ist es zu tief oder der Boden ist zu hart. Selbst schon ausprobiert.) Erst später ist mir aufgefallen: Østlich Östlich des Grønsunds liegt ein Flach, durch dass eine gebaggerte Rinne führt, die auch stændig ständig nachgebaggert werden muss. Das ging früher vermutlich gar nicht.

Auch für Nyord gilt: Alles ist repariert, alles funktioniert. Eine tolle Leistung, finden wir. (Offenbar musste wohl nicht alles europaweit ausgeschrieben werden.)

Dragør

Wir haben uns vom Wetter und besonders von den Wettervorhersagen etwas foppen lassen. Aus Kopenhagens Kalkbrenderihavn nach Süden, mal sehen, wie weit wir kommen.

Der Weg an Kopenhagen vorbei ist zur Zeit etwas spannend, da man einen neuen Stadtteil in den Sund hinaus bauen will. Damit verfolgt man mehrere Ziele: Man schafft neuen Wohnraum, der ja hier knapp und daher sehr teuer ist, man verbessert den Küstenschutz und man kann große Mengen von Material los werden, das bei Großprojekten aller Art schon angefallen ist. Wie wohl nicht anders zu erwarten, gibt es natürlich auch Leute, die das Ganze gar nicht gut finden.

Für den vorbeisegelnden Segler bedeutet es z.Z. in erster Linie, dass überall gelbe Tonne herumliegen, “allgemeine Gefahren- und Warnzeichen”, und man sich schlau machen muss, wo man durch darf und wo nicht. Für die, die schon mit dem Boot hier waren: Die Einfahrt südlich der Lynette gibt es nicht mehr, die Lynette selbst wird nach Ende der Bauarbeiten in einer fast abgeschlossenen Bucht liegen. Ob das nun dem Reiz Kopenhagens gut tut, sei mal dahingestellt.

Nachdem wir so an Kopenhagen vorbei waren, war der Wind so schlapp, dass wir kaum vor der Dunkelheit in Rødvig, dem nächsten  Zwischenziel in der geplanten  Richtung, angekommen wären. Daher rein nach Dragør. Nachdem wir in Dragør fest waren und bezahlt hatten, war der Wind wieder da. Wie man’s macht, macht man’s falsch.

Dragør ist ein reizvoller Ort, man kann auch schlechter liegen. Verkehrstechnisch bestens angebunden: Fahrwasser des Öresunds, das westliche, für die kleineren Einheiten, einschließlich der Kreuzfahrtschiffe. Die Öresundbrücke und der Flughafen von Kopenhagen. Alles nicht in Dragør, aber gut zu sehen und zu hören. Letzeres wiederum nicht so, dass es lästig wird – zumindest, wenn man hier nicht dauerhaft wohnt.

Dragør war ursprünglich ein Fischereihafen und der Standort der Lotsen für den Sund.  Beides gibt es auch heute noch, ein paar wenige Fischereifahrzeuge und eine Lotsenstation. Die bei weitem meisten Fahrzeuge sind heute allerdings Yachten. Außerdem eine Werft mit den offenbar landestypischen “Projekten”.

Es gibt hier ein Fort, das den Eingang zum Sund bewacht oder besser bewacht hat. Es ist zwar immer noch militärisches Gelände, was einem zwar auf Schildern mitgeteilt wir, was aber auf die Bewegungsfreiheit der Besucher keinen Einfluß hat. Von der ganzen Militärausstattung sind nicht mehr als ein paar Löcher geblieben. Dafür der Blick über den Sund oben vom Fort.

Die Lotsen hatten einen Turm, von dem aus sie nach potentiellen Opfern Kunden Ausschau gehalten haben. Durch den Bau des Forts wurde ihnen dann allerdings der Blick auf die Einfahrt zum Sund versperrt und sie mussten höher hinauf. Daher gibt es hier zwei Türme, beide restauiert, konserviert und ohne Funktion.

Heute geht das alles per Funk, nur die Lotsenboote fahren immer noch raus und rein. Außer von Lotsen und Yachties lebt der Ort wohl in erster Linie von Leuten, die hier ihre Wohnung oder Zweitwohnung haben, ihr Geld aber in Kopenhagen verdienen. Der ganze Ortskern besteht aus Häusern, in deren Renovierung erkennbar viel Geld geflossen ist. Daraus ist ein einerseits malerisches, andererseits etwas unechtes Gesamtbild entstanden. Strohdach, gelbe Farbe, Malven/Stockrosen und Kopfsteinpflaster. Ganz so einheitlich sieht ein Ort normalerweise nicht aus.

Plan: Weiter nach Rødvig. Wettervorhersage: Spätnachmittags und am Abend viel Wind. Dann eine Starkwindwarnung über Lyngsby Radio, Westliche Ostsee, Belte umd Sund, Kattegat, alles so um 15,16,17 m/s. Wir bleiben in Dragør. Tatsächlich kam der Starkwind so spät, das wir vermutlich schon in Rødvig gewesen wären. Aber das weiß man ja vorher eben nicht. In Dragør hat’s im Hafen geschaukelt, geklappert und gequietscht.