Kalt, windig aber trocken. Heute auf dem Kanal von Rendsburg nach Kiel. Dabei nutzt man die nicht ausgebaute Teilstrecke des Kanals. Also den Teil, der noch die Maße aus Kaisers Zeiten oder wenig danach aufweist. Und zudem etliche Kurven. Ist schon ganz schön eng, wenn einem dann so ein Frachtschiff in den Kurven entgegen kommt. Zumindest fühlt es sich von unten, aus der Froschperspektive des Yachties, so an. Wie das dann aus der erhabenen Position des Frachterkapitäns aussieht, kann man sich ja so ungefähr vorstellen. Da sind wir so`n lästiges Schwimmzeugs.
Der nicht ausgebaute Teil des Kanals
Der Zustand des NOK ist ja bekanntlich eher kritisch, es fehlt deutlich an Geld und wohl auch an Ingenieurs-Kapazitäten. Beides hat man wohl für den sehr sinnvollen Rhein-Main-Donau-Kanal gebraucht, auf dem sowieso keiner fährt. Jedenfalls ist von den 4 Kammern der Schleuse in Holtenau nur eine in Betrieb, eine wird repariert, zwei sind stillgelegt. Entsprechend ist der Andrang an der letzten funktionsfähigen Kammer. Und entsprechend sind die Wartezeiten für die Sportboote, denn die Berufsschifffahrt hat natürlich Vorrang. Man kann sich also mental auf längere Wartezeiten vorbereiten. So hat uns denn auch die Durchsage an eines der Berufsschiffe, man müsse jetzt noch einen ganzen Pulk Sportboote mit in die Kammer nehmen, die warteten schon Stunden, bewogen, den Hebel ganz weit nach vorn zu schieben. Wir waren noch gar nicht in besagtem Pulk, wir kamen gerade erst um die Kurve. Mussten dann aber doch noch fast eine Stunde warten bis wir in der Kammer fest waren. Platz war genug, die großen haben meist auch einigen ¨Verschnitt¨. Bis allerdings ein Pulk Sportboote festgemacht und dann später auch wieder abgelegt hat, das dauert. Die Schleusenmannschaft war trotzem freundlich und sachlich. Was man erwähnen sollte. Sie verwalten den Mangel und haben ihn nicht zu verantworten. Und die Yachten sind mehr oder weniger Gäste im Kanal, die Gebühren der Yachties sind wohl nicht entscheidend für den Unterhalt. (Der Autor kennt nur einen Kanal, der noch günstiger ist: Falsterbro-Kanal. Der kostet gar nichts. Allerdings kann man da bei der Einfahrt das Ende auch schon sehen.)
Auch wenn es uns etwas gegen den Strich ging, die Entscheidung, in Brighton abzubrechen war wohl nicht ganz verkehrt. Entweder haben wir keinen Wind, zuviel Wind oder Ostwind. Mehr als die Hälfte der Zeit für die Rückfahrt vorzusehen scheint richtig gewesen zu sein. Nur nach der langjährigen Statistik herrscht überwiegend Westwind. Leider hält er sich aber nicht daran. So also die gleiche Streck zurück wie hin. Eigentlich hatte es ja England rauf, Frankreich runter werden sollen.
Vormittags aus Sovereign Harbour bei Eastbourne raus. Da gibt es nicht nur Martellos als Zeugen der Geschichte, sondern auch ein Wrack. Und ein Schild, das u.A. darauf hinweist, wer die Bösen waren, die das Schiff zum Wrack gemacht haben, am Anfang des 2. Weltkriegs. Das Wrack selbst ist weitgehend zerfallen, was noch dräut und auf unvorsichtige Sportbootfahrer wartet, sind die Dampfkessel. Direkt neben der Hafeneinfahrt. Einmal haben wir mitgehört, wie ein Hafenmitarbeiter einen Bootsführer freundlich aber nachdrücklich von der Gefahrenstelle weg geführt hat. Es hat auch Vorteile, dass die Häfen hier personel gut bestückt sind.
Sovereign Harbour, Eastbourne, Dampfkessel
Mit Nordwind, durchaus kräftigem an Hastings vorbei und um Dungeness herum. Dungeness, das ist eine flache Halbinsel vor der südenglischen Küste, die sich durch Künstlerkolonien, eine spleenige Minieisenbahn, ein Kernkraftwerk im Naturschutzgebiet und durch die Tatsache, das der Tidenstrom östlich und westlich davon zeitweise entgegengesetz läuft, auszeichnet.
Geschickt ausgenutzt hat man so mehr als 7 Stunden mitlaufende Tide. Ganz bis Dover hat es nicht gereicht, der Wind hat auf Ost gedreht und das letzte Stück musste dann Wind aus dem Tank herhalten.
Also wieder Dover. Rye geht nur bei Hochwasser, Folkstone hat einen sehr rustikalen Hafen, der zudem vor Ostwind nicht schützt. Und Hastings hat eigentlich gar keinen Hafen, obwohl es doch zu den Cique Ports gehört. Dafür eine Seebrücke, die aber deutlichst das Ende ihrer Lebenszeit
Hastings mit verschraddelter Seebrücke
erreicht hat.
Und da der Skipper bei seinem ersten Besuch in Dover etwas fußkrank war, gibt’s in Dover noch genug zu besichtigen.
Die Stadt Dover kennt eigentlich jeder, zumindest vom Namen her. Was natürlich an ihrer besonderen Lage an der Südostecke der großen Insel liegt, die wir oft fälschlich als England bezeichnen.
Dover ist ungefähr halb so groß wie Delmenhorst, aber ein bisschen interessanter. Erstens, weil es landschaftlich schön liegt. Zweitens, weil es eine lange und bewegte Geschichte hat, von der noch etliches zu sehen ist. Schon die Römer hatten hier ein Kastell. Liegt heute unter der modernen Bebauung. Zu sehen ist heute nur der Rest eines römischen Hauses, das beim Bau des Kastells zugeschüttet wurde, was die antiken Wandmalereien konserviert hat. Heute das ¨Painted Roman House¨.
Als William the Conquerer, von Hastings kommend auf dem Weg nach London – auch nicht die kürzeste Strecke – hier vorbei kam, haben seine Soldaten die Burg – jetzt schon an der heutigen Stelle – angezündet und niedergebrannt. William hat den Schaden bezahlt und die Burg wieder aufgebaut. Offenbar hat man hier schon länger Probleme mit Vandalismus.
Einer seiner Nachfolger, Henry II, hat dann die heute noch erhaltene normannische Burg dort hingestellt. Eine der größten und am besten erhaltenen. Die hat man in jüngster Zeit auch innen so ausgestaltet, wie sie zu seiner Zeit ausgesehen haben könnte.
Raumgestaltung, 12. Jahrhundert
Heinrich der Zweite, das war der Vater von Richard Löwenherz und Johann Ohneland und noch weiteren problematischen Nachkommen. Den Darstellungen im Dover Castle zufolge hat er mehr Kriege gegen die Armeen seiner eigenen Kinder geführt als gegen äußere Feinde. Zerrüttete Familienverhältnisse.
Aber die Burg ist geblieben, immer weiter ausgebaut und bis nach dem 2. Weltkrieg militärisch genutzt worden.
Auf dem Gelände finden sich auch eine sächsische Kirche und ein römischer Leuchtturm. Beides natürlich nicht mehr im Urzustand. An der Kirche findet man noch eine zugemauerte Tür aus ihrer Anfangszeit. Alles andere ist dem Laien nicht sichtbar. Und der Turm ist normannisch aufgestockt, aber noch als römisch erkennbar. Siehe Bild ganz oben.
Das war der Ostturm, der Westturm ist einer weiteren Festung zum Opfer gefallen, die Napoleon fernhalten sollte. Der ist ja dann auch nicht gekommen.