Diese Kurven !

Der vom Wetterbericht vorhergesage Nordwind hat sich da, wo wir waren, als sehr schwach herausgestellt. Er sollte uns zur Eider bringen, was aber seine Möglichkeiten deutlich überstieg. So sind dann leider einige Liter Diesel durch den Motor gegangen. Durch das Schmaltief, das nicht nur so heißt, sondern zumindest stellenweise auch so ist, schmal und tief, um die Halbinsel Eiderstedt herum und die Außeneider hoch.

Die Außeneider hat, direkt vor dem Südstrand von St.-Peter Ording, eine Barre. Auf der Seekarte steht da “breakers”. Bei Westwind wird das wohl so ein, ohne Wind oder fast ohne Wind ist das aber kein Problem. Wasser glatt, minimale Tiefe unter Kiel 0,7 m.
Mit auflaufenem Wasser nach Tönning, in den “historischen” Stadthafen. (Einen anderen gibt es auch gar nicht.) Ganz vorsichtig rein, weil wir uns nicht sicher waren, ob genug Wasser drin war. War aber.

So liegt man nach alledem
fest, doch etwas unbequem.

frei nach W. Busch

Die Steganlage ist etwas rustikal, passt aber zum historischen Ambiente. Über uns das Packhaus aus der Zeit, als es den NOK noch nicht gab und die Nordsee-Ostsee-Verbindung noch über die Eider und den Eider- bzw. Schleswig-Holstein-Kanal ging.

Von Tönning dann die Eider aufwärts. Anruf bei der Eisenbahnbrücke. “Ja, wenn sie 5 Minuten eher gekommen wären!” Lange Wartezeit, mehrere Züge, eine Baumann/frauschaft auf der Brücke. Das dauert. Nach geraumer Zeit, ca. eine 3/4 Stunde, dann endlich die ersehnte Brückenöffnung. Und die auch seeehr langsam. Die Bahn kann sogar Verspätungen erzeugen, wenn man sie gar nicht benutzt.

An der Schleuse Nordfeld, die, die den Tidenbereich vom tidenfreien trennt, wurde offensichtlich Seewasser in die Eider gelassen. Wahrscheinlich, so denken wir uns, um wieder Brackwasser zu erzeugen, so wie es früher hier mal war. Viel Gegend, viele Kurven, kaum Strom. Obwohl hier ja, trotz des ländlichen Eindrucks (neudeutsch: Anmutung) kaum etwas einen natürlichen Zustand hat: Von der Eider fehlt die obere Hälfte, die ist dem NOK zum Opfer gefallen. Da fließt die obere Eider zwar rein, kommt aber nicht wieder raus. In Rendsburg fängt sie dann neu an, direkt an der Altstadt, hat aber keinen Zufluss. Da Rendsburg ja nun auch nicht hoch über dem Kanal thront, kann man auch nicht viel Gefälle erwarten. Eigentlich ist die Eider nur noch ein See, der die Form eines Flusses hat.

An unserem Liegeplatz in Bargen (Kreis Schleswig-Flensburg) liegen wir jedenfalls quer zum Fluss und haben noch keine Bewegung in Fließrichtung festgestellt. Der Hafen ist nett, sauber, ländlich, recht gut ausgestattet. Eine Fußgänger- und Radfahrerfähre über die Eider gäbe es sogar, die verkehrt aber nur an Sonn- und Feiertagen.

Dass in Kiel die nächste Woche DIE Woche, nämlich die Kieler Woche ist, haben wir arglosen Fahrtensegler leider völlig verpennt. Damit fällt Kiel als Zwischenstop wohl aus und wir müssen uns etwas passendes ausdenken. Wind ist leider auch nicht viel vorhergesagt.

“So kommt man zu Fendern”

Abfahrt von Helgoland. Da man dort fast immer im Päckchen liegt und der erste, der los will, selten außen, bildet sich oft ein Knäuel, dass sich dann mehr oder weniger geschickt neu sortiert und wieder anlegt. Weil Platz genug im Hafen ist, kann man seine Leinen und Fender gut im Schutz des Hafens wegpacken statt draußen vor den Molen, wo es etwas hoppelt. Und siehe, wir hatten plötzlich nur noch drei Fender. Dafür hing bei unserem nun ehemaligen Nachbarn einer, der unseren doch sehr ähnlich war. “Ich war’s, ich war’s!” Der nämliche Fender hatte den Nachbarn wohl durch Geräusche in der Nachtruhe gestört, und er hat ihn umgehängt. Was in Ordnung ist. Aber statt an unserer Reling an seiner befestigt. Was nicht so ganz in Ordnung war.

Jetzt also mit vier Fendern, wie gewohnt, los Richtung Amrum. Die Idee war zu der Zeit noch: Mit dem stabilen Ostwind über Amrum, Römö, Fanö, Hvide Sande, Torsminde und Tyborön zum Limfjord zum Kattegat. (Nach deutscher Zählweise Ostsee, nach skandinavischer, zumindest nach schwedischer, Westsee)

Abschied vom “Fuselfelsen”

Bis zur Ansteuerung des Rütergats, des Hauptfahrwassers nach Amrum, lief alles sehr schön, aber dann…

Der Wind (OSO) sollte eigentlich quer zum Fahrwasser (NNO) wehen, weshalb die Wellen nicht so heftig ausfallen sollten. Wussten sie aber anscheinend nicht. Nicht so hoch wie bei Wind gegen Strom auf der Elbe, aber doch erstaunlich ausdrucksvoll. Und kurz. Wir haben bislang selten soviel Wasser an Deck gehabt wie hier. Fotos gibt es natürlich nicht, weil man dann doch Kamera und/oder Handy lieber rechtzeitig zurückzieht, bevor sie die Dusche abkriegen. Die mögen sowas ja gar nicht.

Auf Amrum hat gleich jemand freundlich unsere Leinen angenommen. Von Heike K., einem hierher verschlagenen Mitglied (immer noch) unseres heimatlichen Vereins.

Sonnenaufgang Yachthafen Amrum

Ab Mittwoch ist Nordwind angesagt, wir haben die Idee mit Tyborön inzwischen, nach einigen Diskussionen, zu den Akten gelegt und bleiben noch ein bisschen hier. Inselrundfahrt mit den Klapprädern.

In der Reihenfolge der Ereignisse:
Tatsächlich gibt es zwei Häfen auf Amrum, nur ist der zweite sehr rustikal: Stenodde. Eigentich nur für Versorgungschiffe gedacht und geeignet. Dafür zur Zeit mit dem wohl kleinsten und vermutlich auch nicht ganz offiziellen Vogelschutzgebiet Schleswig-Holsteins geziert.

Vogelschutzgebiet

Das gelbe Schild erklärt das Gebiet zwischen den drei weißen Stangen zum Schutzgebiet und der Austernfischer (einer!) samt Eiern ist die geschützte Fauna. Zum Glück haben die eine sehr geringe Fluchtdistanz.

Nebel, der Ort in der Mitte der Insel. Früher die “Hauptstadt”, bis sich Wittdün dazu aufgeschwungen hat, vermutlich wegen der Fähre. Nebel ist aber interessanter wegen:

Erstens: Der Windmühle, die fast vollständig erhalten ist und als Museum besucht werden kann.

Blick ins Getriebe

Zweitens: Der ortstypischen Häuser.

Drittens: Der “sprechenden” oder “erzählenden” Steine. Grabsteine, die in Wort und Bild ausführtlich vom Leben der Amrumer vergangener Jahrhunderte erzählen. Leider ist der Text mitunter für uns heutige nur mühsam zu lesen. Da haben engagierte Mitmenschen uns die Sache leichter gemacht unter erzaehlende-steine.de. So mancher Amrumer Schiffer hat seinen schwimmenden Untersatz auch auf seinem Grabstein verewigen lassen. Oder seine Nachkommen haben es gemacht.

Noch etwas zur ortstypischen traditionellen Bauform: Es gibt hier ein Ausgrabungsgelände, wo man Reste eisenzeitlicher Häuser gefunden hat. In der Nähe hat man eine Rekonstruktion erstellt. Die Ähnlichkeit der Häuser von 750 v.Chr. mit denen von 1880 n.Chr. ist nicht zu verkennen. Alles größer und schöner geworden, aber trotzdem ..

Urahn hiesiger Häuser

Die Friesen sind erst 1500 Jahre nach diesem Haus hier aufgetaucht!

Der Titel stammt vom unfreiwilligen Fenderklauer.

Wohnungsnot

Nachdem wir, unserer Meinung und Kenntnis nach, so ziemlich alles, was man um Bremerhaven erradeln kann, auch besucht haben und auch noch ein paar Termine zu Hause abgehakt haben, geht’s endlich Richtung See. Wegen die Tide früh raus aus Bremerhaven, Weser runter, bei Niedrigwasser in den Fedderwarder Priel und den ganz gemütlich rauf. Schneller segeln ginge schon, bringt aber nichts, da man sowieso nur nahe Hochwasser über den Hohen Weg kommt. Für Ortsfremde: kein Weg, sondern ein Wattrücken zwischen Weser und Jade, den man nur bei hohem Wasserstand überfahren kann.


Auf der Jade dann deutlich mehr Wind als angesagt. Nachdem wir schon in Horumersiel im Hafen waren, haben wir im Revierfunk gehört, dass in Wilhelmshaven Bft 6 gemessen wurde. Ach ja, so kam es uns auch vor.


Dass in Horumersiel am nächsten Tag eine Regatta stattfinden sollte, hatten wir nicht auf dem Plan. Der Hafen war voll, wir hatten keine Reservierung, wurden aber von der freundlichen (und in der ganzen Umgebung bekannten) Hafenmeisterin noch untergebracht. (Der, für den der Platz eigentlich reserviert sein sollte, wurde dann, als er später doch noch kam, woanders untergebracht. Er soll ein bisschen böse geguckt haben, haben wir gehört.)

Am nächsten Tag unmittelbar hinter dem Fahrzeug mit den Wendemarken aus dem Hafen und Richtung Helgoland. Die Regatta haben wir dann nur noch in weiter Ferne gesehen, damit aber immerhin auch nicht gestört.

Wind genug und Richtung so, dass wir durchgehend anliegen konnten. Spitzengeschwindigkeit über Grund 9,2 Kn, Durchschnitt trotz zwischenzeitlicher Flaute immerhin 5 Kn, für unsere Verhältisse nicht schlecht.

Auf dem Fuselfelsen natürlich, wie ortsüblich, im Päckchen. Auch ortsüblich, Rundgang übers Oberland.

Die Tölpel werden immer mehr. Die, die durch die Luft kommen. Auf dem sogenannten Lummenfelsen besteht ein sehr angespannter Wohnungsmarkt. Denn so ein Basstölpel braucht ja deutlch mehr Wohnfläche als eine Lumme. Und der ist ja auch durchsetzungsfähiger. Was bleibt den armen Lummer anderes übrig, als sich in die Tinyhouses zurück zu ziehen.

Abends kräftiger Ostwind, es knirscht und quietscht im Päckchen. Aber so ist das eben, Helgoland live.

Auswirkungen

Unser Problem mit den Gummifüßen, auch wenn es so schnell behoben war, wie es nur irgendwie ging (war ja Pfingsten!), hat die ganze Planung doch etwas durcheinander gewirbelt. Statt, wie gedacht, von Rendsburg oder Kiel wieder nach Hause zu fahren, ging’s mit dem Nahverkehr. Wie liegen (mal wieder) in Bremerhaven und kommen nicht raus, weil der Wind aus Nordwest kommt, die Tide ungünstig ist und so weiter.

Unterweser mit Strom gegen Nordwest

Also Naherkundungen mit den Klappfahrrädern.

Ostufer: Um das Hafengebiet samt allen Containerterminals herum nach Norden. Gegen Nordwest bis Wremen. Kann man da eigentlich mit dem Boot hin? Jan Werner (der mit den Büchern) sagt ja, Sabine sagt “nein”, oder besser “Du kannst ja”, was soviel heißt wie “Da komm ich nicht mit”. Der heimische Fischer, den ich gefragt hab, sagte “Besser nicht” wegen des Untergrunds. Also lassen wir es wohl.

Kutterhafen Wremen bei Niedrigwasser

Zwischen Bremenhafen und Wremen gibt es den Ochsenturm. Von See ausgut zu sehen, hatte er wohl mal Bedeutung als Landmarke für die mehr oder weniger christliche Seefahrt und hat den Abriss der Kirche, von der er mal der Turm war, darum überlebt. Heute steht er etwas unmotiviert in einem Friedhof und ist einfach nur noch der Ochsenturm. Den man aber besichtigen und besteigen darf.

Westufer: Mit der Fähre nach Blexen und dann hinterm Deich nach Burhave und Fedderwardersiel. Burhave hat gar keinen Haven/Hafen, zumindest nicht mehr. Dafür aber eine “Seebrücke”, die die schlickgeplagten Besucher so bis etwa ans Wasser führt.

Die “Seebrücke” von Burhave

Fedderwardersiel hat (noch) einen Hafen, der aber, vermutlich wegen der Fahrrinnenvertiefungen der Weser, arge Verschlickungsprobleme hat.

Nähe Nordenham haben die Tourismusförderer einen “Weserstein” aufgestellt, der dem Unbedarften in übertrieben schlichten Worten mitzuteilen versucht, in Nordenham-Blexen sei die Weser zu Ende.

Weserstein Blexwn

Was ja nach landläufiger Konvention erst bei der Schlüsseltonne der Fall ist. Und die liegt noch etliche Meilen weiter nordwärts.

Von Stein zu Stein,
So soll es sein.
(Das ist fein,
Für groß und klein,
So prägen sie sich's ein, 
Nein?)

Der Teil in Klammern wurde vom Autor sinngemäß und im Stile passen ergänzt.

Bremerhaven: Hier gab’s ein Drachenfest. Allerdings, soweit wir das beurteilen können, mit einem eklatanten Mangel an Drachen. Die paar, die da waren, waren aber ganz nett. Fanden wir.

Endlich

Dienstag: Der Motor steht endlich (wieder) auf eigenen Füßen. In der Tat haben sich die Schwingungen und Resonanzen deutlich verändert. Was ein wenig darauf hin deutet, das die Aufhängungen wohl schon länger ihre jugendliche Frische verloren hatten. Und nochmal ein Lob den freundlichen und kompenten Monteuren. Die noch etliche Dinge gefunden haben, die mir als Laien offenbar immer entganegn sind. (“Da scheuert was.”, “Das würde ich mal wegbinden”, “Der Schlauch ist schon ein bisschen weich.”, “Da sollten neue Dichtungen rein,wenn das da rostet, dann leckt das schon etwas.”)

Das der Skipper dann vor lauter Freude beim Ablegen zur Probefahrt die schon fast klassische Slapstick-Nummer mit dem Kabel …. Nun ja, shit happens, und Schaden ist keiner entstanden, außer am Selbstbewusstsein.

Mittwoch: Schön rund lief er, der Motor, wenn auch nicht lang, weil Wind zum Segeln war. Ziel ließen wir offen, wegen Nordwinds und Mittagshochwasser war Bremerhaven unter Segeln nicht drin. Für Berne schon zu wenig Wasser, dito die ganzen Sielhäfen an der Unterweser. Elsfleth Yachthafen ist unter der Woche ein bisschen kompliziert, weil die Schleuse dann nur zu bestimmten Zeiten und nach Anmeldung schleust. Bleibt als Elsfleth Stadthafen.

Dort zwischen allerlei eigenwilligen Schwimmteilen übernachtet, bekannten und unbekannten, dafür aber skurilen.