Flottillensegeln ist etwas, was der Martha-Crew eigentlich weniger zusagt. Wir folgen da lieber unserem eigenen Rythmus. Aber nun hat es sich so ergeben. In Schleimünde erreichte uns der Ruf eines Bekannten, nennen wir ihn mal M1, dass einer seiner Bekannten, A1 auf seinem Boot A2 einen Helfer brauchen würde. Eine Vordeckshand, auch Fockaffe oder ähnlich genannt. A2 liegt in Maasholm, Martha in Schleimünde, also alles ganz zwanglos. Man kann da rüber gucken, wenn’s auch zum rufen zu weit ist.
(Die Namen der Personen sind der Redaktion bekannt.) Die Anforderung einer helfenden Hand ging allerdings nicht von A1 aus, sondern von seinem Freund J1, mit dem er zusammen unterwegs ist. Jeder mit eigenem Boot, das von J1 heiße mal J2.
Wir kennen A1 und J1 aus der heimatlichen Eckkneipe. Unser Plan: Sabine steigt auf A2 (Boot) um und ich segle Martha einhand weiter. Solange zumindest, wie Hilfe gebraucht wird. Klappt auch ganz gut. Dass da noch ein weiterer Einhandsegler M2 dazugehört, mit entsprechender A3, stellen wir dann in Maasholm fest. Außerdem ist J1 auch nicht Einhand, er hat noch eine Freundin S1 dabei. Die Zusammengehörigkeit der Freunde läßt sich deutlich an der Specktralflagge erkennen. Für Nichtbremer: Die Flagge Bremens wird von den Eingeborenen üblicherweise als Speckflagge bezeichnet, ihrer roten und weißen Streifen wegen. Die Specktralflagge ist, sagen wir mal, daraus entwickelt.
Sie fängt an wie die bremische, nur ändert sich der rote Anteil bis zur anderen Seite durch das Spektrum von rot über gelb und grün zu blau. Ganz offensichtlich eine J1-sche Schöpfung.
Wem das zuviel wird, hier nochmal die Besetzungsliste:
A1 ….. Einhandsegler
A2 ….. Boot des A1
J1 ….. Segler
S1 ….. Mitseglerin des J1
BU …. Hund des J1 (stumm)
J2 …. Boot des J1
M1 …. Ein Vermittler aus dem Off
M2 …. Einhandsegler
A3 …. Boot des M2 (stumm)
C …. Eineinhalbhandsegler
Sabine … Ehefrau des C und zeitweise Mitseglerin auf mehreren Schiffen.
In weiteren Rollen: Kiel Kanal 4, Kiel Kanal 3, DP07, Windfinder, DWD und andere.
Vorspiel: Bevor es losgeht aus Maasholm soll auf Martha noch das Vorsegel gewechselt werden. Wir haben einen Schaden am Vorliek und die Sorge, dass der sich bei viel Wind verschlimmern könnte. Der Segelwechsel klappt. Allerdings wird mir im Laufe des Manövers deutlich bewußt, das Sabine kein Sicherungsbändsel an ihrer hochwertigen Brille trug. S1 bietet großzügig an, nach der Brille zu tauchen, und tut das dann auch. Das war heldenhaft aber erfolglos. Damit ist die Zahl der in Verlust geratenen Brillen auf dieser Fahrt auf zwei gestiegen – die erste ist schon vor Wochen gebrochen. Und zwar nicht an der Stelle, an der ich es seit längerem erwartet habe, sondern woanders. Jedenfalls hatte die ihre zu erwartende Dienstzeit schon abgeleistet. Erster Akt: Maasholm nach Kiel. Erste Szene: Schlei raus. Fast kein Wind, und den von achtern. A2 zuerst, Martha hinterher. Die anderen später. Die sind kleiner, aber schneller.
Zweite Szene: Gewitter vor Olpenitz. Das Gewitter war schneller, wir haben überwiegend nur den Regen abbekommen. Davon allerdings reichlich.
Dritte Szene: Flotte Fahrt über Eckernförder Bucht, dann Bö mit der unübersehbaren Notwendigkeit zu reffen. Und es bleibt windig.
Vierte Szene: Einfahrt in die Kieler Förde, mit Slalomkurs zwischen den diversen Regattafeldern hindurch. Leider ist den Uneingeweihten ja nicht immer klar, wo welche Regatta ihre Wendemarken hat. Der Bericherstattter glaubt aber, niemanden geschädigt, gefährdet, oder mehr, als nach den Umständen unvermeidlich, behindert oder belästigt zu haben.
Fünfte Szene: Wiedervereinigung der handelnden Personen in Kiel Holtenau, und Benachrichtigung der Personen im Hintergrund. Besuch des Restaurant im Packhaus. Lokal positiv bewertet.
Zweiter Akt
Prolog: In seinem Seglerleben hat der Chronist den NOK schon mehrfach befahren. Manchmal wird der auch gesperrt, aber eher selten. Dann werden an den Signalanlagen drei rote, unterbrochene Lichter gezeigt. Alle anderen Farbspiele an den Kanalampeln braucht man als Segler nicht zu kennen, die betreffen nur die Großschifffahrt.
Erste Szene: Einfahrt in die ¨Neue Nord¨ (Kanal-Kurzsprech). Die Kammern sind so groß, dass, wenn man als Sportboot mit 5 kn rein fährt und in der Mitte den Motor auskuppelt, man vermutlich das Ende nicht erreicht. Man könnte also flott einlaufen. Wenn das alle wüßten und sich so verhalten würden. Leider gibt es immer wieder Schnarchnasen, die schon am Eingang auf 3 Knoten reduzieren und dann
A: Den ganzen Laden aufhalten und
B: Hinter sich sinnloses Gedränge und Stress verursachen. Und
C: Den Schleusenmeister veranlassen, die Kammer vorzeitig für voll zu erklären und zu schließen, damit der Betrieb weiter gehen kann.
Also nochmal eine halbe Stunde warten. Dann klappts.
Zweite Szene: Bereits an der ersten Weiche wird dreimal rot (s.o.) gezeigt. Dieses Ereignis ist so ungewohnt, dass bei dem einen oder anderen Sportschipper die Erkenntnis ganz langsam dämmert, dass man wohl an der Weiche warten muß. Hinter den Dalben. Anfragen über Funk bei Kiel Kanal 3 bestätigen das. Die sind ganz freundlich da, zumindest wenn man sich auch halbwegs ordentlich verhält. Beherrschen allerdings auch den altdeutschen Ordnungshüter-Tonfall.
Also fest hinter den Dalben. Sind Ringe dran für die Kleinen, und A2 kommt hinten an Martha dran, da ist Platz genug. Sabine steigt, je nach Bedarf, von Martha auf A2 und von A2 auf Martha um. Eine halbe Stunde warten, dann kommt der Schleppverband: Ein großer Schwimmkran. KiKa3 warnt mehrfach davor, den Verband zu überholen. Originalton: ¨Sie begeben sich da ernsthaft in Gefahr!¨ Vermutlich ist der Verband wegen des starken und böigen Winds und der geringen Geschwindigkeit nur schwer zu kontrollieren.
Die Anzahl der vom Autor selbst erlebten Sperrungen hat sich damit verdoppelt.
Zweite Szene: Weiter bis zur nächsten Weiche, und – dreimal rot. Schleppverband mit großem Ponton. Prozedere wie oben, aber keine Ringe für die kleinen, das heißt: Leine durch die Mövenscheiße auf dem Dalben. Schleppzug passieren lassen und weiter.
Dritte Szene: Nächste Weiche kurz vor Rendsburg: Dreimal rot. Ein Mitläufer läßt sich bestätigen, das die Weiterfahrt zur Obereider kein Problem sei, und so finden sich die Freunde der Specktralflagge nach dem seltenen und nicht unbedingt willkommenen Schauspiel von 3 (in Worten: Drei) Kanalsperrungen im Rendsburger Regattaverein wieder und beschließen den Tag mit –
Finale – einem Abendessen a la Blücher: Getrennt kochen, vereint reinschlagen. Rotwein gab’s auch.
Es kachelt immer noch wie blöd, und die Aussichten sind im Moment auch nicht viel besser.