Geschwindigkeitsunterschiede

Von Agersö gemeinsam – 5 Leute, 2 Boote – nach Vordingborg. Wind genug von Westen, teils raumschots, teils vor dem Wind. Wasser auch ab und zu, von oben. Und immer noch für die Jahreszeit zu kalt. Zwei Boote, die in die gleiche Richtung fahren, verleiten dazu, ein bisschen Regatta zu spielen. Bei unserer Konstellation allerdings ziemlich hoffnungslos, bei viel Wind laufen eben alle Rumpfgeschwindigkeit, und gegen 7 Fuß mehr kommt man nicht an. Wir sind etwas früher los, in der Gewissheit, eingeholt zu werden. Was dann auch gar bald so war. Anouk war dann auch eine halbe Stunde vor uns in Vordingborg, obwohl sie eine etwas längere Route gewählt hatten. Und wir waren auch nicht langsam, nach unseren Maßstäben. Aber Rumpfgeschwindigkeit ist eben Rumpfgeschwindigkeit. (Für die Nichtsegler: Wenn ein Verdränger genau in seine eigene Welle passt. Hängt nur von der Länge des Bootes ab. Je länger, desto schneller. Noch schneller geht nicht.)
Aus den Segelklamotten hatte sich aber die Anouk-Familiencrew auch noch nicht so ganz geschält.


Vorläufig zumindest trennen sich hier unsere Wege wieder, die Anouk-Crew muss verübergehend nach Hause, wir ziehen weiter.
Das Weiterziehen am nächsten Tag war dann etwas ruhiger. Erst mittags los, wenig Wind, nachmittags richtig Sonne – es gibt sie doch noch – und sehr gemütlich. Sabine sagt, ich fühlte mich erst wohl, wenn wir mit 2 1/2 Kn dahin dümpeln. Dass stimmt nicht! Ich fühle mich nur nicht unwohl, wenn ich in Ruhe die vorbeiziehende Landschaft betrachten kann. So haben wir dann nur eine Tagesstrecke von ca. 14 Meilen geschafft und nach einer fruchtlosen Diskussion über die Schönheit einer Nacht vor Anker einen Hafen gefunden, von dem wir noch nie gehört hatten. Auf einer Insel, von der wir auch noch nie gehört hatten: Nyord.

Ein kleiner Hafen, ein paar Bauernhöfe, die alle sichtbar nicht mehr als solche bewirtschaftet waren. Einen Laden, der nicht mehr seinem ursprünglichen Zweck entsprechend genutzt war. Eine Kirche, ein paar Bundgarnnetze – die wurden noch bearbeitet und ein Lotsenmuseum. Unter den vielen kleinen Museen, die wir schon gesehen haben, dürfte diese das allerkleinste sein. Es besteht aus dem sehr kleinen Lotsenhäuschen mit Sicht auf dem Bogöstrom. Da passt ein Stuhl und mit viel gutem Willen noch ein ziemlich kleiner Tisch hinein. Und eine Tafel, die dem erstaunten Besucher berichtet, dass in früheren Zeiten ein jeder Landbesitzer auf Nyord auch Lotse auf dem Bogöstrom war.
Dabei, so sagt uns die Tafel, gab es Wettrennen, denn „wer als erster an Bord war – wie auch immer – gewann das Recht, das Schiff zu geleiten und die Gebühr zu kassieren“. Wie das „wie auch immer“ zu interpretieren ist, bleibt der Fantasie des Lesers überlassen. (Durfte man seine Konkurrenten über die Kante schubsen?)

Das Lotsenmuseum

Ferner steht zu lesen: „Die Lotsen konnten offenbar für lange Zeit selbst die Regeln für ihre Lotsendienste bestimmen. Nach und nach begannen die Seefahrer, ihren Unmut darüber auszudrücken.“ Jedenfalls wurde diese Form von Monopol/Piraterie irgendwann abgeschafft und die Lotsen wurden Staatsdiener. Heute alles nicht mehr von Bedeutung, hier fahren nur noch Kleinfahrzeuge.

Stationäre Unwetter

Von Strynö bei schönem, segelfreundlichem Westwind westlich von Langeland nordwärts. Vorbei an Rudköping und durch die Brücke. Vor uns ein finsteres Wolkengebilde, das nach sehr viel Niederschlag in kurzer Zeit aussah. Und dann, als wir es erreichten – ausweichen kann man hier ja nicht – sein Versprechen auch einlöste. Sehr viel Regen, so einer, dessen Tropfen von der Wasseroberfläche wieder hoch zu spritzen scheinen. In manchen Kreisen auch „Männchen machender Regen“ genannt. Trotz der bedrohlich aussehenden Wolkenfront – unter der Wolke war völlige Flaute bei prasselndem Regen. Nach einer gewissen Zeit muss dann auch der sturste Segler einsehen, dass es kein Sinn mehr hat, bei mieser Sicht in kalten Sturzbächen darauf zu waren, dass der Regen weiterzieht.

Das Unheil schon hinter uns.

Hinter dem Unheil war wieder etwas Wind, aber wirklich auch nur etwas. Soviel, dass wir noch um die Ecke und zu 2/3 über den großen Belt gekommen sind, die letzten Meilen bis Omö dann aber doch mit dem neu gekauften GTL-Diesel. Auf Omö waren wir zwar vor 3 Jahren schon (siehe hier), aber erstens ist es dort wirklich schön und zweitens liegt der Hafen sehr bequem direkt am Fahrwasser Richtung Osten, Richtung Vordingborg. Der Hafen ist klein, nett, adrett, bietet um diese Jahreszeit genug Liegeplatze. Genauer: Er ist halb leer. Die Regenwolke haben wir von Omö aus noch deutlich gesehen. Sie lag immer noch an der gleichen Stelle.

Für Omö schon grenzwertig. Sie konnten es aber.

Freunde von uns kamen von Norden durch den Belt und haben uns überzeugt, uns auch Agersö anzusehen. Das liegt nämlich – siehe Link oben – doch nicht ganz woanders. Und teilt viele Eigenschaften mit Omö – malerisch, beschaulich, entspannt, hat einen Leuchtturm. Der Hafen ist klein, nett, adrett, bietet um diese Jahreszeit genug Liegeplatze.

Von manchen Orten auf Agersö kann man Richtung Langeland schauen. Die Regenwolke liegt immer noch an Ort und Stelle. Morgen geht es gemeinsam nach Vordingborg. Wir hoffen, dass die Wolke dann immer dort auch bleibt, wo sie ist. Oder sich mal zur Ruhe setzt.