Grenzüberschreitung

Wind schwach umlaufend. Hochwasser gegen Mittag. Von Juist nach Westen geht nicht, da man in die Häfen der erreichbaren westfriesischen Inseln bei Niedrigwasser nicht rein kommt, nach Schiermonnikoog sogar nur gegen Hochwasser. Also neuer Plan: Eine Nacht Greetsiel, dann weiter, bei Delfzijl in die niederländischen Kanäle und dann bei Lauwersoog wieder raus. Dann passt die Tide auch wieder besser.
Greetsiel war nur mittelschön, weil dort „Kutterfest“ war. Was heißt, das sich eine Gruppe oder auch, nacheinander, mehrere Gruppen von Gästen bis zum Augenstillstand haben volllaufen lassen. Was uns egal sein könnte. Aber leider haben sie das auch akustisch untermalt mit der Art von deutschsprachigem Liedgut, das man nur sturzbetrunken oder im Zustand hochgradiger Verblödung über sich ergehen lassen sollte. Oder als Kuh. Und das mit einer solchen Lautstärke, dass man der Beschallung nirgendwo entgehen konnte. Dafür aber bis spät in die Nacht. Rythmisch sehr prägnant: Bumm-Bumm-Bumm-Bumm – nächstes Werk: Bumm-Bumm-Bumm-Bumm. Steigerung der Komplexität: Bumm-Bumm-Bummdibumm-Bumm. Kissen über die Ohren und versuchen einzuschlafen.
  Am nächsten Morgen war es dann sehr ruhig. Wir meinen, dass es einigen Gästen vielleich auch nicht gut ging. Könnte ja sein.

Die Schleuse Leysiel funktioniert nur bei bestimmten Wasserständen. Daher Betriebsaufnahme heute um 8:45 Uhr. Wir waren rechtzeitig da und konnten zusehen, wie das sandige Wasser der Nordsee oder des Watts oder der Osterems, wie man will, sich in das Moorwasser in der Schleuse geschoben hat. Sieht man ja auch selten so schön, musste dokumentiert werden.

Wattwasser und Moorwasser

Zur Fahrt Greetsiel-Delfzijl gibt es wenig zu berichten, fast alles unter Motor. Wie schon geschrieben: Schwach umlaufend.


Knapp vor der Delfzijler Hafeneinfahrt haben wir dann noch den Plan geändert: Termunterzijl statt Delfzijl – die beiden Einfahrten liegen dicht nebeneinander, und in Termunterzijl waren wir bislang noch nie.
Befund: Wir werden es in unsere Liste der sehenswerten kleinen Sielhäfen aufnehmen.
Zum sehr kleinen Ort Termunterzijl gehört auch ein Ort Termunten, der noch kleiner ist. Eigentlich gehen die beiden  ineinander über und sind Ortsteile von Delfzijl. Termunten hat seine große Zeit wohl schon vor einigen Jahrhunderten gehabt. Heute haben beide Orte zusammen nur einige wenige hundert Einwohner. Termunten hat eine Kirche, die seltsam unproportioniert ist, sehr hoch und sehr kurz, aus Ziegeln und im mehr oder minder gotischen Stil. Wie man den aufgestellten Schildern entnehmen kann, ist sie mehrfach zurückgebaut worden – etwas, was man ja auch von ostfriesischen Kirchen kennt.
Diese Kirche war nicht nur geöffnet, sogar ihr Turm, der allerdings erst nach dem 2 Weltkrieg errichtet wurde, ist zur Besichtigung freigegeben. Und der ermöglicht den Blick zwischen Dachstuhl und Oberseite des Gewölbes des Kirchenschiffs. Und natürlich auch auf die Ems.


Bei uns könnte ich mir nicht vorstellen, das der Zugang einfach freigegeben wäre. Allerdings kann man in calvinistischen Kirchen auch nicht allzuviel klauen: Es ist wenig drin.
Also, liebe Wassersportkollegen, wenn ihr an der Unterems seid, schaut nach Termunterzijl rein, es lohnt sich.

Verkrustete Strukturen

Der natürlichen Reihenfolge der  Ostfrisischen Inseln folgend war jetzt also Juist dran. Jede der Inseln hat ihre Eigenheiten, und wir könnten nicht sagen, welche uns nun ganz allgemein am besten gefällt. Andre können das, auch bei uns im Verein. Die Juist-Fans unter uns haben wir dann auch eben dort getroffen.

Biologische Juist-Fans gibt es auch. Die Einsiedlerkrebse. Nicht, dass es die nicht auch anderswo gäbe, aber hier gibt es besonders viele. Oder finden wir die nur hier besonders oft, weil wir meinen, es gäbe viele, und dann hinschauen? Wir wissen es nicht wirklich. Erfreuen uns aber an ihnen.

Netter Krebs (tut nichts)


Ein andere Sorte Krebstier hat uns weit weniger erfreut. Schon vor Norderney hatte ich das Gefühl, das Boot müsse bei diesem Wind aus dieser Richtung eigentlich schneller laufen. Oder auch bei dieser Drehzahl der Maschine. Also war der Verdacht naheliegend, dass irgendwelche Wesen unter dem Boot westen, die dort nach menschlicher Ansicht nichts zu suchen haben. Wir sind also, nach einem Tag Juist, auf den Sand vor dem Hafen gefahren und haben uns trockenfallen lassen. Das Wetter war danach. Das ist ja erstmal eine schöne Aktion, zuzuschauen, wie das Wasser langsam verschwindet und der Wattboden zum Vorschein kommt.

Das Wasser geht


Eine nicht so schöne Aktion war, was dann kam. An etlichen Bereichen des Unterwasserschiffs saßen Seepocken in fingerdicker Schicht. Auch am Propeller und an der Propellerwelle, innen an den Kielen – außen natürlich auch, aber da kommt man besser ran.
Also mussten der Eigner oder der Skipper oder so runter und die Viecher abkratzen, solang sie noch schön nass waren.  Zweimal um’s Schiff rum, immer knapp über oder auch unter der Wasseroberläche. Ein paar haben leider ihre „Bodenplatte“ zurückgelassen. Das muss jetzt erstmal so bleiben, evt. bis zum nächsten Trockefallen. Zeit wäre ja vielleicht noch gewesen, aber wenn man lange genug im Wasser arbeitet, wird’s einem auch im Juli irgendwann zu kalt.
Immerhin, einen gewissen Erfolg hatten wir, sie läuft wieder besser.
Die Pocken waren übrigens sehr zahlreich, aber auch sehr klein. Alle. Kann also noch nicht so lang her sein, dass wir uns die eingefangen haben. Dafür sehr viele. Die scheuen sich offensichtlichg auch nicht, sich übereinander zu setzen –  obwohl der untere das ja kaum überstehen kann.  Völlig unmoralisch, diese Viecher.

Ohne Pocken war der Sonnenuntergang auch viel schöner!

Juist am Abend, vom Watt aus


Die Nacht auch!

PS: Können Seehunde sich ver-navigieren? Ja. Wir hatten schon welche auf dem Elsflether Sand und sogar in der Ochtum.

Gestrandeter Seehund

Können Seehunde auf Grund laufen? Offenbar auch. Als vor Juist – oder hinter, auf jeden Fall südlich – das Wasser wieder kam und knöcheltief stand, hat ein neugieriger Seehund uns vorgeführt, dass sie das können. Einer, ganz allein und sichtlich etwas planlos. Er hat dann aber das tiefe Wasser doch noch gefunden.

Von den Seepocken gibt’s kein Bild. Erster Gedanke: Weg damit. Zweiter auch!