Die Perle der Ostküste

Västervik, die Perle der Ostküste. Vielleicht ist ja Stockholm für eine Perle etwas zu groß geraten. Wenn man sich von der Ostsee her nähert, erschließt sich das perlenartige von Västervik auch erst spät. Zunächst sieht man einen Haufen Industrie. Der Ortskern wird erst sichtbar, wenn man weit in den Fjärd hineinfährt. In dieser Gegend heißen die Fjorde Fjärd. Was den Leuten in Lysekil an der Westküste die Möglichkeit gibt, zu behaupten, sie hätten den einzigen Fjord Schwedens.
Västervik ist eine Stadt in den Schären. Ungefähr 20000 Einwohner, planmäßig rechteckig angelegt. Die Stadt, nicht die Einwohner! Viele Bauten wurden im 19 Jhdt. ersetzt, aber so manches alte, niedrige Holzhaus steht noch, und darauf ist Västervik stolz. Auch Västervik durfte in seine Geschichte einmal umziehen.

Auf dem Seeweg muss man erstmal hinkommen. Wir haben den kürzesten Weg gewählt. Nur für Kleinfahrzeuge wie unseres, und etwas größere, geeignet. Große Schiffe müssen anders fahren, manche Durchfahrt ist so schmal,dass man besser erst schaut, ob nicht schon wer drin ist. Begegnen geht kaum.
Überhaupt, Navigation in den Schären. Am besten, sich vorher eine Wegpunktliste machen und die dann abfahren. In den Karten sind zwar empfohlene Routen eingezeichnet, aber wenn man da mal dem falschen Strich folgt hat man Probleme, wieder heraus zu finden. Zumindest als Ortsfremder.

Navigation in den Schären

Am besten so: Einer fährt, der andere navigiert. Dass unser Plotter bisweilen Kurse angezeigt hat, die nach Kompass direkt an die Felswand führten, fanden wir nicht so schön. Da stimmt was nicht, nur was? Karte, Kursberechnung, Kompass. Ich habe die Algoritmen im Plotter stark im Verdacht. In heimischen Gewässern navigieren wir ja nie mit so kurzen Strecken, da fällt das nicht auf.
Und die Häfen hier? Etwas kompliziert. Es gibt welche nur für Dauerlieger, solche, wo man nur tanken, aber nicht liegen kann, und einen Gästehafen. Das Handbuch ist hier als ¨Who is who¨ nicht zu gebrauchen. An dem, den wir als Gästehafen identifiziert haben, steht an der Einfahrt ein Schild ¨For residents only¨. Also wieder umdrehen. Dann kam der Hafenmeister mit dem Schlauboot zu uns raus und sagte, wir könnten eine Heckboje nehmen und hier liegen. Leider haben wir dann, es waren 5 bis 6 Bft von der Seite, die Leine unter das Schiff bekommen. Alles bestes Hafenkino. Duschen gibt`s nur heiss oder kochend. Am Stegzugang steht ein Schild ¨Welcome to the Guestharbour¨. Sieht man natürlich nur, wenn man das an der Einfahrt ignoriert oder von Land kommt. Bezahlen soll man per Handy, was aber nur geht, wenn man Netz hat. Als das endlich geschafft war mit dem Zahlen kam der Hafenmeister und wollte Cash.
Ein ganz schönes Chaos hier im sonst so ordentlichen Schweden.

Von Elefanten, Hexen und dem Budenzauber von Byxelkrok

Für heute ist Westwind angesagt. Auch wenn er am Morgen ganz offensichtlich aus Süden kommt. Wir verlassen Borgholm und haben dabei nochmal einen guten Blick auf die Schlossruine mit ihren leeren Fenstern.

Borgholm Slot (oder das,was davon übrig ist)

Gefühlt fast wie am Mittelmeer: Blauer Himmel, blaues Wasser, warme Temperaturen. T-Shirt und kurze Hose.
Der Wind ist auch so wie in manchen Gegenden des Mittelmeers: Unstet.
Geplantes Ziel ist Grankullavik. Das ist einerseits ein Bucht ganz im Norden Ölands, in der man sehr geschützt ankern kann, weil sie für jede Windrichtung einen geeigneten Bereich bietet. Andererseits ist es auch ein Yachthafen, mit dem etwas morbiden Charm eines aufgegebenen Fähranlegers. Es gibt dort Stege, Wasser, Toiletten und eine Dusche. Und einen Hafenmeister, bei dem man bezahlen kann. Sonst nichts als Landschaft und eben den alten Fähranleger. Hier fuhr eine Fähre nach Gotland ab. Seit es die Ölandbrücke gibt, lohnt sich der Betrieb nicht mehr.
Der Wind: Morgens Südwind, mittags West und so, das wir bis zu 6 1/2 Knoten schnell waren, viel mehr können wir bei unserer Bootslänge sowieso nicht. Nachmittags immer noch West, aber so wenig, dass wir zeitweise aufgegeben haben und auf den Diesel zurückgreifen mussten. Manchmal kommt der Wind ja wieder, wenn man mit dem Dieselmotor droht. Zweimal hat das fuktioniert, einmal auf freier Strecke, einmal bei der blauen Jungfrau. Die letzten Meilen half auch das nicht mehr und wir mussten dann bis in den Hafen dieseln.
Die blaue Jungfrau: das ist eine Insel im Nordteil des Kalmar-Sundes. Unbewohnt, soweit es normale, steuerpflichtige Bewohner betrifft. Allerdings soll es dort zu Gründonnerstag eine große Zusammenkunft der skandinavischen Hexen geben. Ist ja verständlich, hier kommt der Frühling ja auch etwas später als bei uns. Zur Walpurgis-Nacht ist es wahrscheinlich noch zu kalt. Heute ist die blaue Jungfrau – die weder das eine noch das andere ist, sondern eine bewaldete Felskuppel aus rosa Granit – Zentrum eines Nationalparks, der zu 3/4 aus Wasser besteht.
Wir sind dicht daran vorbei gefahren, haben weder Hexen noch Trolle, Elfen, Gnome noch andere unheimliche Gestalten gesehen. Abgesehen von ein paar Motorbootfahrern.

Bis Grankullaviken hat es dann, wegen der mediterranen Verhältnisse – sehr warm, kein Wind – nicht mehr gereicht. Vier Meilen vorher liegt auf Öland der Hafen von Byxelkrok. Außerhalb der Feriensaison ein Fähr- und Fischereihafen, ist er mit reichlich Liegeplätzen für Gastyachten ausgestattet. Vorn an die Pier, hinten an die Boje. Findet man hier häufig. So bekommt man viele Boote in den Hafen, ohne das die außen liegenden den Innenliegern über´s Deck turnen müssen. Und damit man die Yachties auch schön ausbeuten oder erfreuen kann, je nach persönlichen Vorlieben, gibt es hier eine Budensammlung, wo man alles kriegt, was man nicht braucht. Allerdings auch das Hafenbüro, die Sanitäranlagen und einen Fahrradverleih.

Budenzauber von Byxelkrog

Ob es morgen nach Visby oder Vestervik geht, haben wir noch nicht geklärt. Die Wetterberichte bieten wieder Interpretationsspielraum.

Ach so, der Elefant. Das ist der Name einer der Untiefen, über die wir gefahren sind. Untief ist die aber nur für große Schiffe, uns nimmt der Elefant gar nicht wahr.