Abseits

Das Wetter hat uns einen Tag in Spodsbjerg festgehalten. Heißt nicht, dass man nicht weiter gekonnt hätte. Sondern nur, dass wir uns nicht unbedingt nass regnen lassen wollten. War Himmelfahrt, und so manche Crew hat sich schon nass regnen lassen, weil man eben frei und sich zum Segel verabredet oder gechartert hatte. Als Renter hat man den Vorteil, mehr Zeit zur Verfügung zu haben und einfach im Hafen bleiben zu können wenn´s Wetter nicht so ist wie man möchte.
Also noch ein Tag Spodsbjerg. Und so haben wir gesehen, dass der wichtigste Wirtschaftzweig in Spodsberg das Angeln ist. Nicht die Einheimischen angeln, sondern sie stellen den, überwiegend deutsch sprechenden, Gästen die entsprechende Infrastruktur bereit. Gegen dänische Kronen natürlich. Laut Eigenwerbung soll hier eines der besten Angelgebiete Dänemarks sein. Und entsprechend viele Boot mit meist recht vielen Leuten drauf sind hier unterwegs. Wir wissen es nicht, aber die Zahl der Parkplätze und Angelboote lässt vermuten, dass hier im Sommer richtig was los ist.
Unsere nächste Etappe sollte nach Vordingborg führen, ungefähr 45 Meilen. Allerdings war der Strom immer noch, oder schon wieder, gegen uns. Der Wind zwar mit uns, aber aus dem Wind war schon ab Mitag die Luft raus. So haben wir einen unserer Ausweichhäfen angelaufen: Dybvig auf Fejö. Ein bisschen abseits des Durchgangsverkehrs und damit, je nach Präferenzen des Besuchers, verschlafen oder idyllisch.

Dybvig auf Fejö (Detail)

Sabine hatte das Hafengeld schon per App bezahlt als uns die freundliche Hafenmeisterin begegnete. Und uns auf die Attraktionen der Insel und den bevorstehenden Touristentag aufmerksam machte. Ein gerüttelt Maß an Lokalstolz war nicht zu verkennen. (Das Wort ¨Patriotismus¨ kann man ja zur Zeit nicht mehr benutzen ohne dass einem schlecht wird). Was die Hafenmeisterin auch erzählte: Früher gab es auf den ganzen Inseln ringsum nur eine Kirche, die lag, und liegt auch heute noch, hier auf Fejö direkt am Ufer. Man fuhr da mit dem Boot hin. Entweder waren das sehr kleine Boote oder die Verhältnisse haben sich geändert: Vor der Kirche liegen ausgedehnte Flachs. Heute fahren wir hier mit dem Boot hin, gehen aber nicht in die Kirche. Und wir fahren nicht über die Flachs. Hier können die Enten noch 500 Meter vom Ufer zu Fuß gehen.

Aber die Verhältnisse …

Die Planung gehört auch zum Segeln. Und die ist in der tidenfreien Ostsee wesentlich einfacher als bei uns. Besonders das Umplanen. Wir haben offengelassen, wo wir abends sein wollten. Je nachdem, was das Wetter so anbietet: Marstall, Bagenkop, Albuen. Schleimünde/Maasholm war nicht vorgesehen, die Wettervorhersagen waren unterschiedlich, aber um Nordwest sollte es bei allen sein. Da liegt die Schleimündung von Kiel aus dann in Windrichtung. Morgens noch Diskussionen, ob nicht doch vielleicht zu viel Wind sei oder sein könne. Was wir schon kannten: Man kann sich als Ortsfremder in der Kieler Förde arg verschätzen. Drinnen ist der Wind ganz friedlich und draußen kachelt´s dann. Es kachelte aber nicht, es flaute, und zwar soweit ab, dass wir uns entschlossen haben, unter Motor Richtung Schlei zu fahren. Schlei muss bei uns sein, wenn wir in der Ostsee sind, eigentlich. Bei einer Windstärke nach Beaufort ist es schließlich egal, aus welcher Richtung sie kommt. Als dann eine halbe Stunde später doch etwas Wind aufkam nochmal Planänderung, neue Richtung Bagenkop. Auf halber Strecke hat uns der Wind dann doch wieder verlassen und der Diesel (ja, sowas ungehöriges haben wir) musste doch ran.

Track Kiel-Bagenkop mit Schleimünde-Haken

Bis zwei Meilen vor Bagenkop, da gab´s dann endlich Wind. Und am Abend dann eine ganz Menge Wind. Aber das hilft jetzt nichts mehr.

Nächster Morgen: Immer noch eine ganze Menge Wind. Aber bis zur Südspitze von Langeland ist nur ein kurzes Stück, und an der Ostseite hat man dann ablandigen Wind mit entsprechend ruhiger See. Ab 11 Uhe soll es laut Windfinder weniger werden. Dann kann man weiter nach Osten, aus der Abdeckung hinaus und ins Smaland-Fahrwasser. So der Plan. Etwa 32 Meilen, bei 4,5 bis 5 Knoten gut zu schaffen. Die Realität war dann etwas anders, aus den 4 1/2 bis 5 Knoten wurden etwas mehr als 2 1/2. Nun weiss der Segler ja, dass im Großen Belt Strom stehen kann. Den vorher zu sagen ist nicht ganz einfach, weil da Windrichtung und -stärke, Dauer des Windes, Luftdruck und ein Bisschen auch die Tide der Nordsee mitmischen. Da ist die Planung auch hier nicht sooo einfach. Bislang war der Strom immer so, dass er keine Probleme gemacht hat. Heute schon, bei Gegenstrom zwischen 2 und 3 kn werden 30 Meile sehr lang. Herrlicher Sonnenschein, Temperatur zwar im unteren zweistelligen, morgens sogar im oberen einstelligen Bereich. Mit entsprechender Kleidung trotzdem angenehm, zumindest in der Sonne. Wir sind flott durchs Wasser gesegelt, nur das Szenario am Ufer hat sich ungewohnt langsam geändert. Den Plan, ins Smaland-Fahrwasser zu kommen haben wir aufgegeben. Auf Langelands Ostseite gibts´s nur einen Hafen, Spodsbjerg, und da sind wir gelandet.

Spodsbjerg in der Vorsaison, viel Platz

So langweilig, wie man im Hafenführer lesen kann, finden wir´s nicht. Fähre, Lotsenstation, Supermarkt, WLAN und Fischereihafen. Und am Horizont ziehen die großen Schiffe vorbei. Reicht doch als Unterhaltungsangebot. Bücher haben wir auch.

Lotsenstation Spodsbjerg, mit Bäumen vor den Fenstern

Die Lotsen halten offenbar schon lange nicht mehr durch Blick aus dem Fenster nach Kunden Ausschau. Was man an den Bäumen vor der Lotsenstation gut erkennen kann. Es gibt sie hier aber noch, was man wiederum an den Versetzbooten erkennen kann, die hier auslaufen und dann den Hebel auf den Tisch legen.

 

Morgen soll ein Trog durchziehen, gegen 8 Uhr soll es losgehen. Wir haben noch zu lesen, und übermorgen geht´s dann weiter. Wenn der Wetterbericht stimmt.