Taxenstand und Busbahnhof

Den eigentlichen Reiz der Schärenlandschaft kann man mit Fotos nur unvollständig wiedergeben. So ein Landschaftserlebnis ist etwas großflächig. Wir haben unseren Weg weiter durch den Schärengarten (oder -hof) genommen, auch wenn man außen, im freien Seeraum, natürlich viel schneller voran käme. So haben es z. B. unsere Stegnachbarn von gestern gemacht. Aber die wollten auch noch bis St. Petersburg und haben ein Visum, das nur für vier Wochen gilt. Und sie liegen schon zwei Wochen hinter ihrer Planung.

Innenschären

Hier in den Schären ist wirklich der Weg das Ziel. Weiter durch die Schärenlandschaft, von Västervik nach Fyrudde. So heißt der Hafen, die Ortschaft dazu heißt Gryt und ist, laut Straßenschild, 6 Km entfernt. Nach hiesigen Maßstäben also gleich nebenan. Ein paar Wohnhäuser gibt es aber auch hier. Und einen florierenden Wirtschaftszweig: Nahverkehr und Taxigewerbe. Auf dem Wasser, denn Fyrudde – das weder ein Fyr (Feuer = Leuchtfeuer) hat noch einen Udde (Kap, Spitze) ist, ist der ¨Hub¨ der umliegenden Schären. Oder eben der Taxenstand und Busbahnhof. Als wir nach erlebnis- und landschaftsreicher Fahrt hier ankamen, standen etliche Menschengruppen mit reichlich Gepäckstücken und Plastiktüten (jaja) an den Piers und Stegen und überwiegend üppig motorisierte Wassertaxis kamen und gingen.

Im Hafen ganz manierlich und auch routiniert, aber sobald, oder solang, sie außerhalb des Hafengebietes sind, wird der Hebel auf den Tisch gelegt. Was leider mit viel Lärm verbunden ist. Die vielen schwedischen Familien, die irgendwo in den Schären ihre Stuga (Ferienhaus/-hütte) haben, wollen alle bis Sonnenuntergang abgeliefert sein. Und die Ferienzeit ist nahe, noch zwei Tage bis Mittsommernacht.
Leider nähert sich unser Fahrtabschnitt durch die Ostschären schon wieder seinem Ende. Mem, wo der Götakanal beginnt, wäre von hier schon in einem Tag problemlos zu erreichen, Stockholm in drei. Visby haben wir schon gestrichen – ich war schon mal da, Sabine aber nicht.
Sabine sagt, ich hätte Götakanal geplant und soll das auch so machen und wir wüßten nicht, was uns noch auf dem Rückweg aufhalten wird. Und sie hat recht. Aber wir kommen wieder. Und dann bringen wir mehr Zeit für die Schären mit. Und auch Karten bis Stockholm. Unser derzeitiger Bestand reicht genau bis Mem, zum Ostende des Kanals. Zumindest, was die Papierfassung angeht.

Die Privatschäre der Kormorane. Hier wächst nichts mehr!

Ach ja: Fyrudde ist fast Offline: WLAN gibt’s nicht, Datendienste funktionieren bestenfalls schleppend. Darum ist dieser Text auch von gestern. Oder Vorgestern. Oder so.

Die Perle der Ostküste

Västervik, die Perle der Ostküste. Vielleicht ist ja Stockholm für eine Perle etwas zu groß geraten. Wenn man sich von der Ostsee her nähert, erschließt sich das perlenartige von Västervik auch erst spät. Zunächst sieht man einen Haufen Industrie. Der Ortskern wird erst sichtbar, wenn man weit in den Fjärd hineinfährt. In dieser Gegend heißen die Fjorde Fjärd. Was den Leuten in Lysekil an der Westküste die Möglichkeit gibt, zu behaupten, sie hätten den einzigen Fjord Schwedens.
Västervik ist eine Stadt in den Schären. Ungefähr 20000 Einwohner, planmäßig rechteckig angelegt. Die Stadt, nicht die Einwohner! Viele Bauten wurden im 19 Jhdt. ersetzt, aber so manches alte, niedrige Holzhaus steht noch, und darauf ist Västervik stolz. Auch Västervik durfte in seine Geschichte einmal umziehen.

Auf dem Seeweg muss man erstmal hinkommen. Wir haben den kürzesten Weg gewählt. Nur für Kleinfahrzeuge wie unseres, und etwas größere, geeignet. Große Schiffe müssen anders fahren, manche Durchfahrt ist so schmal,dass man besser erst schaut, ob nicht schon wer drin ist. Begegnen geht kaum.
Überhaupt, Navigation in den Schären. Am besten, sich vorher eine Wegpunktliste machen und die dann abfahren. In den Karten sind zwar empfohlene Routen eingezeichnet, aber wenn man da mal dem falschen Strich folgt hat man Probleme, wieder heraus zu finden. Zumindest als Ortsfremder.

Navigation in den Schären

Am besten so: Einer fährt, der andere navigiert. Dass unser Plotter bisweilen Kurse angezeigt hat, die nach Kompass direkt an die Felswand führten, fanden wir nicht so schön. Da stimmt was nicht, nur was? Karte, Kursberechnung, Kompass. Ich habe die Algoritmen im Plotter stark im Verdacht. In heimischen Gewässern navigieren wir ja nie mit so kurzen Strecken, da fällt das nicht auf.
Und die Häfen hier? Etwas kompliziert. Es gibt welche nur für Dauerlieger, solche, wo man nur tanken, aber nicht liegen kann, und einen Gästehafen. Das Handbuch ist hier als ¨Who is who¨ nicht zu gebrauchen. An dem, den wir als Gästehafen identifiziert haben, steht an der Einfahrt ein Schild ¨For residents only¨. Also wieder umdrehen. Dann kam der Hafenmeister mit dem Schlauboot zu uns raus und sagte, wir könnten eine Heckboje nehmen und hier liegen. Leider haben wir dann, es waren 5 bis 6 Bft von der Seite, die Leine unter das Schiff bekommen. Alles bestes Hafenkino. Duschen gibt`s nur heiss oder kochend. Am Stegzugang steht ein Schild ¨Welcome to the Guestharbour¨. Sieht man natürlich nur, wenn man das an der Einfahrt ignoriert oder von Land kommt. Bezahlen soll man per Handy, was aber nur geht, wenn man Netz hat. Als das endlich geschafft war mit dem Zahlen kam der Hafenmeister und wollte Cash.
Ein ganz schönes Chaos hier im sonst so ordentlichen Schweden.