Von oben runter

Wenn man Rügen besucht, muss man auch Kap Arkona besuchen. 800 000 andere Besucher machen das ja auch jedes Jahr. Trotzdem – so überlaufen war es gar nicht. Allerdings warfen die Vorbereitungen eines größeren Ereignisses (oder dummdeutsch: events) ihre Schatten übers Gelände. Es war aber noch gut auszuhalten.

Kap Arkona war schon zu Zeiten, als man sich in dieser Gegend noch einer slavischen Sprache bediente und das Christentum anderen überließ, der Ort eines gut befestigten Tempels oder einer auch der Religionsausübung dienenden Burg – wie man das halt sehen will. Jedenfalls war man obstinat heidnisch, verehrte eine viergesichtige Gottheit, deren Name mit Svantevit (andere Schreibweisen gibt’s auch) wiedergegeben wird und hatte darum dann auch die Dänen am Hals, die Burg und Religion ein Ende bereiteten.

(Auf Bornholm haben wir das etwas anders gelernt: Die Ranen/Rügener hätten die Dänen ständig überfallen, daher die verteidigungsfähigen Rundkirchen. Und man habe den Überfällen ein Ende machen müssen und daher die Ranen zum rechten Glauben bekehrt. Das der Bischoff Absalom von Lund ein recht kriegerischer Kriegsherr war, diente wahrscheinlich nur der höheren Ehre Gottes und hatte keinesfalls etwas mit Macht und Interessen zu tun.)

Wie sich ein Künstler den Svantevit so vorstellt

Heute ist von der Tempel- und Burganlage nicht mehr viel zu sehen. Beeindruckend hoch und massiv ist immer noch der Wall, der das Ganze zur Landseite hin schützte. Der wird auch noch archeologisch bearbeitet. Von dem, was mal hinter dem Wall, also nordöstlich davon, war, ist nicht mehr viel übrig. Das ist der Ostsee und der weichen Konsistenz des Gesteins zum Opfer gefallen und liegt heute als Arkona-Riff davor und unter Wasser und sollte vom segelnden Volke sorgfältig umfahren werden.

Reste der Temppelburg der Ranen

Der Wall mit Leuten zum Größenvergleich

Heute also gibt es hier weder Burg noch Tempel, dafür drei Türme und die normale touristische Infrastruktur: Pommes, Bratwurst, Bier, Andenken, Postkarten, Rundfahrten etc. pp.

Drei Türme: Alter Leuchtturn, neuer Leuchtturm, Peilturm.

Alter Leuchtturm: Klar, das war der erste. Nicht besonders hoch, daher von See aus heute meist mehr oder weniger hinter Bäumen und damit funktional etwas eingeschränkt. Vielleicht war das auch schon früher sein Problem und man hatte das Bäume kappen satt. Dafür stammt der Entwurf von Karl Friedrich Schinkel und der Turm wurde schon 1826/27 errichtet. Damit wohl einer der ältesten unserer germanischen Leuchttürme.

Neuer Leuchtturm: Direkt neben dem alten, 1905 in Betrieb und mit 35 m deutlich höher als die umgebenden Bäume und sein historischer Nachbar. Und noch immer in Betrieb. Der kleine ist damit nicht mehr zu gebrauchen, weil der große ja jetzt im Weg steht und das Feuer abdecken würde.

Der Peilturm: Der diente der Ortung von militärischen Funksignalen (Peilung) und der Erforschung von Funksignalen über Wasser, wurde nach dem Krieg ausgeräumt und dem Verfall überlassen und nach der Wende soweit restauriert, dass er heute Andenken- und Klamottenladen mit Aussichtsplattform ist. Oder Aussichtsturm mit Laden.

Alter und neuer Leuchtturm
Blick vom neuen Leuchtturm zum Peilturm

Nach soviel touristischem Pflichtprogramm haben wir dann noch einen kleinen abendlichen Ausflug in die Umgebung gemacht. Da gibt es, etwas abseits, ein Schloss mit dem seltsam geschriebenen Namen Spyker. Wohl ursprünglich von einem reichen Stralsunder gebaut, ist es im Laufe seiner Geschichte durch mehrere Hände gegangen und irgendwann, mangels Erben, an die Krone gefallen. Was zu der Zeit auf Rügen die schwedische war. Und Christine von Schweden (die unbotmäßige, lebensfrohe und zum Katholizismus konvertierte glubschäugige Tochter von Gustav Adolf Wasa) hat es dann als Lehen an den erfolgreichen Reichsmarschall und -admiral Carl Gustav Wrangel gegeben. Damit man deutlich sehen konnte, wer hier das Sagen zu haben hatte, wurde es alsbald im typsch schwedischen falunrot gestrichen. Damit ist es heute der älteste Profanbau Rügens und auch der roteste (geht das?).

Immerhin, man hat das steinerne Gebäude erhalten und nicht, wie gut hundert Jahre vorher in Visby, den Steinbau abgerissen und durch ein Holzhaus ersetzt. (Siehe hier)

Außen rum

Der Norden Rügens hat eine ziemlich zerfledderte Geografie. Von unserem letzten Hafen, Vieregge, bis hier sind es Luftlinie 4 Seemeilen. Die gesegelte Entfernung über Grund 28, durchs Wasser 27 Meilen. Wie weit der Unterschied auf Strömung oder schlecht kalibrierter Logge beruht, ist der Schiffsführung nicht bekannt. (Die Logge richtig einzustellen ist in der Theorie ganz einfach, in der Praxis eher nicht.)

Aus dem Breezer Bodden raus, zwischen Hiddensee und Rügen nach Norden, dann nach Osten, um Kap (und Riff) Arkona herum nach Glowe. Wind war genug vorhanden und auch in überwiegend nutzbarer Richtung.

Im Hintergrund rechts der Dornbusch, das Nordende von Hiddensee. Links Wasser, Vordergrund Sabine.

Glowe ist ein kleiner Badeort mit großem Hafen und Blick auf Arkona. Der Hafen wird von zwei langen Molen gebildet, die weit in die flache Bucht hinaus reichen. Aus Gründen, die sich dem hier berichtenden Wassersportler leider auch nach längerem Nachdenken nicht erschließen, so angelegt, dass die Einfahrt ziemlich genau nach Westen zeigt und der Schwell in die Bucht bei allen Windrichtungen, die ein „west“ im Namen enthalten, freien Eintritt hat.

Ungünstig gestaltete Hafeneinfahrt. Warum so dumm? Hat es für einen Wellenbrecher nicht mehr gereicht?

Wahrscheinlich war dieser Hafen aber wohl ein Fortschritt gegenüber dem, womit sich die Fischereiproduktionsgenossenschaft in DDR-Zeiten begnügen musste. Denn auf entsprechenden Tafeln am Strand wurden da die Boote einfach selbigen Strand hinauf gezogen – was es ja in England oder Dänemark auch so gibt.

Weitere Ecken von Glowe werden wir noch erforschen und in den nächsten Tagen davon Berichten.