Wo sich Frosch und Hase gute Nacht sagen

Von Rendsburg über Kiel weiter. Kiel ist zur Zeit im Kielerwochefieber, da bekommt man sowieso keinen Liegeplatz, wenn man sich nicht lange vorher angemeldet hat. Die Regattafelder haben wir natürlich, soweit es ging, weiträumig umfahren. Dort, wo es nicht ging, zumindest so durchquert, das wir niemanden, aber auch wirklich niemanden geschädigt, gefährdet, oder überhaupt behindert oder belästigt haben. So, dass nie die Möglichkeit der Gefahr einer Nahfeldbegegung bestand. So!

Regattageschehen findet bei uns vorzugsweise auf dem Handy als Ocean Race statt. Aber daran kranken z.Z. ja viele.

Von Rendsburg gleich bis zur Lotseninsel an der Schleimündung. Und dort gleich einen Tag länger geblieben. Wind war wenig, und den Plan, nach Masholm zu verholen und die Fahrräder aufzubauen, haben wir aufgegeben. Die Ruhe von Schleimünde verlockt doch heftig zum da Sitzen und nichts Tun. (Dasitzen und Nichtstun?)

In der Nacht hat uns dann der Hafen gezeigt, dass er auch anders kann: Die Wellen des nächtlichen Ostwinds haben den Abzweig in den Hafen gefunden und dort stetige, schlafstörende Rollbewegungen hervorgerufen. Nicht nur bei uns. Es gibt inzwischen ein paar Liegeplätze, auf denen das Heck zur Einfahrt zeigt. Wir werden beim nächsten Besuch hoffentlich drauf achten.

Planlose Weiterfahrt. Soll heißen, wir starten mal in die ungefähre Richtung, die wir uns vorgenommen haben, und schauen unterwegs, in welchem Hafen wir bleiben. Nach anfangs raumschots, dann Halbwind, wurde der Kurs immer höher zum Wind, woraus sich ergab: Lyö.

Lyö ist die nordwestlichste des dänischen Inselmeers (vulgo Dänische Südsee), hat einen netten, wenn auch stark von Charteryachten frequentierten Hafen, 83 menschliche Einwohner, wesentlich mehr Kühe, Frösche und etliche steinzeitliche Grabsetzungen. Einen Köpmand, mehrere Teiche. Letzere dienten oder dienen nur als Löschteiche und natürlich als Froschhabitat.

Und einen kurzen Moment lang stand Lyö im Zentrum der dänischen Geschichte: Als missgünstige deutsche Adlige hier den dänischen König Waldemar II, genannt “der Sieger” gekidnappt (gekingnappt?) haben. Danach war dann nichts mehr mit siegen. Unsere Sorge, dass uns hier ähnliches wiederfahen könnte, halt sich aber in engen Grenzen.

Nach einem Abend und einem 3/4 Tag haben wir das Gefühl, fast alles wesentliche hierselbst gefunden zu haben. Also ist es an der Zeit, diesen Beitrag zu schreiben.

Hoch hinaus

Aus der Idylle (wenn man selbst dort nicht arbeiten muss, siehe Beitragsbild) von Bargen in die weite Welt, unter Motor auf der vollkommen windstillen Eider.

Die Eider hat einen für kleine Fahrzeuge befahrbaren Kanal zum NOK, den Gieselaukanal. Und der hat eine Schleuse, der das Wasser von Eider und Kanal trennt. Man schleust da etwa 35 cm aufwärts. So richtig hab ich die Gewässerkunde der Eider sowieso nicht verstanden. Wir sind durch das Eidersperrwerk im auflaufendem Tidenstrom gefahren, also abwärts. Bei Nordfeld haben wir geschleust, und zwar abwärts. Neben uns lief nicht wenig Wasser fröhlich landeinwärts, also abwärts. Kurz vor dem Gieselaukanal gibt es nochmal eine Schleuse in der Eider, Lexfähre, und es ging ..? Abwärts. Wie soll die arme Eider in die Nordsee fließen, was sie ja angeblich tut, wenn es fast nur bergauf geht?

Die auch schon “historisch wertvolle” Gieselauschleuse

Noch ein Stück Gieselaukanal, dann beginnt die “weite Welt”, hier vertreten durch den NOK. Nach eigenem Verständnis die meistbefahrene Wasserstraße der Welt – was aber nur gilt, wenn man die Zahl der seegehenden Fahrzeuge nimmt. Wenn man andere Kriterien wie die Tonnage anwendet, sind andere doch viel meistbefahrener (oder so).

Wie machen Pause in Rendsburg, denn der Wind ist schwach bis sehr schwach und es ist Kieler Woche. Wir werden also in Kiel kaum einen Liegeplatz bekommen und müssen gleich weiter, möglichst raus aus dem Einzugsbereich/Dunstkreis der Kieler Woche.

Da wir das gängige Besichtigungsprogramm von Rendsburg schon bei früheren Besuchen weitgehend abgearbeitet haben, dieses Mal ein Besuch der Hochbrücke. Und zwar nicht nur von unten, sondern rauf. Mit detaillierter und sachkundiger Führung,

Ein Meisterwerk der Ingenieurbaukunst. Hat jetzt aber auch schon eine Lebensdauer von 110 Jahren hinter sich, geplant sind noch 10 weitere. Vergleiche hierzu die Lebensdauer und Lebenserwartungen der Mehrzahl der bundesrepublikanischen Autobahnbrücken. Oder das Bremer Brückendisaster.

Die Nieten werden übrigens durch Klopfen überprüft, lose hört man am Klang. Und defekte werden durch Schrauben ersetzt, was den maschinenbaukundigen Führer nicht begeistert hat. Aber ersten ist nieten zu teuer und zweitens gibt es nicht genug Leute, die das noch können.

In der Rendsburger Hochbrücke samt Zufahrten sind über eine Million Nieten verbaut. Und mehr als doppelt soviel Stahl wie im Eifelturm.

Diese Kurven !

Der vom Wetterbericht vorhergesage Nordwind hat sich da, wo wir waren, als sehr schwach herausgestellt. Er sollte uns zur Eider bringen, was aber seine Möglichkeiten deutlich überstieg. So sind dann leider einige Liter Diesel durch den Motor gegangen. Durch das Schmaltief, das nicht nur so heißt, sondern zumindest stellenweise auch so ist, schmal und tief, um die Halbinsel Eiderstedt herum und die Außeneider hoch.

Die Außeneider hat, direkt vor dem Südstrand von St.-Peter Ording, eine Barre. Auf der Seekarte steht da “breakers”. Bei Westwind wird das wohl so ein, ohne Wind oder fast ohne Wind ist das aber kein Problem. Wasser glatt, minimale Tiefe unter Kiel 0,7 m.
Mit auflaufenem Wasser nach Tönning, in den “historischen” Stadthafen. (Einen anderen gibt es auch gar nicht.) Ganz vorsichtig rein, weil wir uns nicht sicher waren, ob genug Wasser drin war. War aber.

So liegt man nach alledem
fest, doch etwas unbequem.

frei nach W. Busch

Die Steganlage ist etwas rustikal, passt aber zum historischen Ambiente. Über uns das Packhaus aus der Zeit, als es den NOK noch nicht gab und die Nordsee-Ostsee-Verbindung noch über die Eider und den Eider- bzw. Schleswig-Holstein-Kanal ging.

Von Tönning dann die Eider aufwärts. Anruf bei der Eisenbahnbrücke. “Ja, wenn sie 5 Minuten eher gekommen wären!” Lange Wartezeit, mehrere Züge, eine Baumann/frauschaft auf der Brücke. Das dauert. Nach geraumer Zeit, ca. eine 3/4 Stunde, dann endlich die ersehnte Brückenöffnung. Und die auch seeehr langsam. Die Bahn kann sogar Verspätungen erzeugen, wenn man sie gar nicht benutzt.

An der Schleuse Nordfeld, die, die den Tidenbereich vom tidenfreien trennt, wurde offensichtlich Seewasser in die Eider gelassen. Wahrscheinlich, so denken wir uns, um wieder Brackwasser zu erzeugen, so wie es früher hier mal war. Viel Gegend, viele Kurven, kaum Strom. Obwohl hier ja, trotz des ländlichen Eindrucks (neudeutsch: Anmutung) kaum etwas einen natürlichen Zustand hat: Von der Eider fehlt die obere Hälfte, die ist dem NOK zum Opfer gefallen. Da fließt die obere Eider zwar rein, kommt aber nicht wieder raus. In Rendsburg fängt sie dann neu an, direkt an der Altstadt, hat aber keinen Zufluss. Da Rendsburg ja nun auch nicht hoch über dem Kanal thront, kann man auch nicht viel Gefälle erwarten. Eigentlich ist die Eider nur noch ein See, der die Form eines Flusses hat.

An unserem Liegeplatz in Bargen (Kreis Schleswig-Flensburg) liegen wir jedenfalls quer zum Fluss und haben noch keine Bewegung in Fließrichtung festgestellt. Der Hafen ist nett, sauber, ländlich, recht gut ausgestattet. Eine Fußgänger- und Radfahrerfähre über die Eider gäbe es sogar, die verkehrt aber nur an Sonn- und Feiertagen.

Dass in Kiel die nächste Woche DIE Woche, nämlich die Kieler Woche ist, haben wir arglosen Fahrtensegler leider völlig verpennt. Damit fällt Kiel als Zwischenstop wohl aus und wir müssen uns etwas passendes ausdenken. Wind ist leider auch nicht viel vorhergesagt.

Andere Zeiten


Schleimünde nach Kiel bei NW4. Keine besonderen Vorkommnisse, an Bord alles wohlauf.
In Kiel wieder Stickenhörn, hat uns auf dem Hinweg gut gefallen und liegt auch noch günstig zur Kanalschleuse.
Man kann von hier gut den Schiffsverkehr beobachten.

Heute sind sich hier zwei Zeitalter begegnet.

Die Cap San Diego (links) war Stückgutfachter, Kühlschiff und Passagierschiff in einem und sah auch wie ein Schiff aus. Bei Kreuzfahrtschiffen ist es auf größere Entfernung ja manchmal nicht erkennbar, ob es nicht doch ein Gebäude ist.

Umgefallen


Vorhersage: NNO 3 bis Mittag, danach nur noch schwachwindig. Also früh los, um noch möglichst viel vom Wind nutzen zu können. Zum Glück stimmten Stärke und Richtung, ab ca. 13:00Uhr musste dann der Diesel ran. Aber da waren es auch nur noch ein paar Meilen bis Schleimünde.

“Wellende Kaltfront”


Es ist Freitag, zu den Urlaubsrückkehrern und den Neuurlaubern kommen noch die Wochenendgäste. Als wir in den Hafen kamen, waren noch ein paar Plätze frei, eine halbe Stunde später waren alle regulären Plätze belegt. Dann kam die Phase des kreativen Anlegens. Nun ist der Hafen wirklich voll.

Außer den Yachties gibt es auch noch die Besucher, die von Kappeln aus per Fahrgastschiff her gebracht werden. Die werden hier ausgespuckt, haben dann etwa eine halbe Stunde Freigang, ehe sie wieder eingesaugt und abtransportiert werden und dem nächsten Schiff Platz machen.

Die Infrastruktur der Lotseninsel wird von einem Verein betrieben, der sich um die Integration Behinderter kümmert. Den unterstützt man ja auch, wenn man hier her kommt und ein paar Euros hier lässt.

Bei unseren letzten Besuchen stand vor dem Hafen, zum Wasser hin, eine hölzerne Skulptur eines etwas unsportlichen Herren auf einem Holzpfahl. Ist da nicht mehr.

Hannes Schlie


Das war Hannes Schlie, wurde vom Bildhauer Jonas Kötz der Lotseninsel geschenkt und war aus dem oberen Ende eines Pfahls aus dem Hamburger Hafen geschnitzt. Er stand also nicht auf dem Pfahl, er war der Pfahl. All das hätten wir nie erfahren, wenn Hannes nicht Anfang dieses Jahres umgefallen wäre und aus der Schlei gerettet werden musste. Jetzt steht er am landseitigen Ende des Hafens und schaut da hin, wo er eigentlich stehen sollte.

Inzwischen haben wir herzhaften Westwind mit Regeneinlagen und in der Enge von Schleimünde zeitweise einen knackigen ostsetzenden Strom. Da wundert man sich als Ortsfremder, obwohl man von dem Phänomen ja schon lesen konnte.

Ach ja, und es gibt sie wieder, die legendäre Currywurst in der Giftbude. Das ging aber auch gar nicht, zwischenzeitlich, die Giftbude ohne Currywurst.