Donnerstag, 11.07.2013, Port Ellen, Islay, Schottland. UK
Heute wieder die normale Reihenfolge: erst was tun, erleben, oder wie auch immer, und dann berichten. Heute war Hafentag. Erstens musste ich ja dringend ver- und entsorgen, und zweitens muss man sich ja auch mal seine Zielorte anschauen.
Als erstes am Stegausgang eine Gruppe Volksmusiker der hiesigen Art. Es macht ihnen sichtlich und hörbar Spaß.
Dem nicht sehr zahlreichen Publikum auch, mir weniger. Ich meine, die sind gut, also technisch. Obwohl sie sich unter unseren Augen zusammen gefunden haben, sind sie sich völlig einig. Wenn da zwei unisono spielen, dann ist das absolut unisono. Nur, nach vier Takten ist jede Phrase zu Ende, bestenfalls kommt eine Variation, und dann wird beides zusammen wiederholt. Und wiederholt. Und nochmal wiederholt. Wirkt alles sehr starr und ausdruckslos, Aber, wie gesagt, auf hohem technischen Niveau. Mir ist das alles zu festgelegt, statisch, der sportlichen Leistung dabei muss ich aber Respekt zollen.
Port Ellen: ein paar Häuser, die zum Teil um eine Bucht herum stehen, ein Fähranleger, zwei Stege für Fischer und Yachten. Früher mal gab’s eine Brennerei Port Ellen, die ist auch nicht mehr da. An ihrer Stelle steht heute aber ein Mälzerei, die wohl die meisten Islay-Brennereien beliefert. Eine Straße führt zwischen den Hallen hindurch. Riecht gut, wenn man da durch geht.
Zurück zur Versorgung: Diesel gab’s nur an der Straßentankstelle, am anderen Ende des Ortes. Zum Glück ist der Ort sehr übersichtlich, die Strecke ist schnell erledigt, auch wenn man 5 Mal hin und her muss. Wasser am Steg, Lebensmittel in zwei Geschäften. Wie meist stehe ich verzweifelt zwischen den Regalen und suche Dinge, die ein Nicht-Brite als essbar ansprechen kann. Leben die hier eigentlich alle aus Dosen und Tiefkühlpackungen ?
Nachdem nun Martha vom Mülle befreit und mit Wasser, Treibstoff und Lebensmitteln versorgt ist, kann ich mich ja mal dem Hauptthema von Islay widmen. Drei der Islay-Brennereien, die ich gestern schon von der Seeseite gesehen habe, will ich jetzt mal von der Landseite aus anschauen. Und eine will ich auch besichtigen. Obwohl ich das mit Sabine ja schon in Tobermory getan habe, aber was wäre Islay ohne Brennerei-Besichtigung.
Bei Laphoaig (ich hoffe, ich hab’s diesmal richtig geschrieben) ist Andrang, das Personal wirkt reserviert, und ich verzichte. Über dem ganzen Gelände stehen Rauchschwaden und der Geruch von Torfrauch. Die machen offenbar ihr Malz selber.
An Edelbrennereien ist hier ja kein Mangel, also weiter in’s nächste Dorf.
Man beachte die korrekte gälische Schreibweise. Die Briten transkribieren das dann, anscheinend und Verwendung deutscher Lautwerte. Hier war man sehr viel freundlicher, der Gast wurde in einen wohnzimmerartigen Aufenthaltsraum geführt, und dann gab es eine interessante und ausführliche Führung durch die laufende Produktion. Leider hatte unser sympathischer und sehr sachkundige Betreuer sein Englisch nicht an einer deutschen Schule gelernt, so dass doch sehr spitze Ohren und viel Konzentration gefragt waren. Während der Führung wurde uns auch angeboten, den „wash“ zu probieren. Konnte ich nicht wiederstehen, wann hat man schon mal die Gelegenheit. Unser Guide hat eine Probennehmer, so ca. 3-4 Liter, in gefüllt und jeder, der wollte, durfte daraus probieren, und der Rest wurde zurückgekippt. Jetzt wisst ihr, wo der spezielle Geschmack von Lagavulin auch herkommt.
So, einerseits bin ich jetzt eine Erfahrung reicher. Andererseits ist es jetzt 22 Uhr, ich habe inzwischen zu Abend gegessen und die Zähne geputzt und werde den Rauchgeschmack immer noch nicht los.
Natürlich war auch hier das Fotografieren verboten, darum habe ich auch kein Bild von den Stills gemacht.
Das Ganze hat 6 Pfund gekostet, inklusive einem Dram Lagavulin, entweder 16 Jahre, oder XXX Edition 12 Jahre (den genauen Namen weiss ich nicht mehr) mit Sherryfass-Nachreifung oder Cask-Strength. Da ich Cask-Strength ja nicht mal eben auf Trinkstärke aus der Hand verdünnen kann, und der ohne Verdünnung vermutlich alle Geschmacksnerven abschaltet, hab‘ ich den 16-Jährigen genommen. Wenn man berücksichtigt, das eine Flasche 0.7 Liter knapp 100 Pfund kostet, sind 6 Pfund für ein Glas doch in Ordnung, nicht ? Die Führung gab’s zum Dram dazu, und das leere Glas konnte man mit nach Hause nehmen.
Bei Ardbeg hab‘ ich mich wieder nur auf die Außenansicht beschränkt.
Übrigens liegen alle Islay-Brennereien direkt an der Küste. Früher wurden Malz, bzw. Gerste und Kohle auf dem Wasserwege angeliefert. Wie man da früher mit einem Frachter durch die Felsen gekommen ist, ist mir allerdings noch unklar. In den CCC Sailing Directives ist aber für jede angegeben, mit welchen Deckpeilungen und Kursen man da durch kommt. Und tatsächlich lag auch bei jeder Brennerei eine Yacht, oder war zumindest im Anmarsch. Wenn man also in den „Western Isles“ wirklich schon alles kennt, kann man das ja mal versuchen. Ich mach’s lieber noch mit dem Fahrrad.
Bin dann noch weiter zum Kildalton-Kreuz, einem altirischen Steinkreuz, Soll von besonderer kunsthistorischer Bedeutung sein. Da muss man als Archeologe aber wahrscheinlich erstmal das Moos abkratzen, um die Details zu erkennen. Im aktuellen Zustand ist dem Laien nichts zu erkennen. Schade.
Der weitere Weg zu Arthur’s Head ist leider in den unergründlichen Tiefen islayscher Wege gescheitert. Hab‘ aufgegeben und umgedreht. Laut Karte soll es einen Fußweg geben, ich habe nur Schlammlöcher, Moor, Kuhfladen und Schafsköttel gesehen.
Wieder an Bord hab‘ ich noch mein gekauftes Fleisch angebraten, um es haltbarer zu machen, und dann mal angefangen, über die Planung für morgen nachzudenken. Und dabei festgestellt, dass das etwas gründlicher geschehen muss. Irgendwie dräut auf dem Weg zum Kanal zurück immer der Corryvreckan, da sollte man sich keine Planungsfehler leisten. Ist jetzt auf morgen verschoben, ich bleibe noch einen Tag hier, und wenn nach der Planung noch Zeit übrig ist, fahre ich noch nach Bowmore. Nein, diesmal nicht die Brennerei, sondern die „Inselhauptstadt“ gleichen Namens.