Ein Boot, zwei Tage, drei Städte

Eine Bauernnacht, siehe Bild oben. Nachdem uns der Wind von der Nordsee ins friesische Binnenland vertrieben hat, hat er sich jetzt wieder beruhigt. Also viel Motoren. Viel Segeln wäre aber sowieso nicht drin gewesen, weil man in den Kanälen wegen der Brücken und der vielen Abdeckung nur schlecht segeln kann, vor allem nicht gegen die Windrichtung. Und es teils auch gar nicht darf. Und die Seen sind zwar schön, aber doch so klein, dass man, wenn man alles oben und richtig getrimmt hat, man schon am anderen Ende angekommen ist. Also Motorboot fahren.
Leeuwarden haben wir zügig durchquert. Wirklich zügig, denn um diese Jahreszeit sind die Wartezeiten vor den Brücken noch kurz. Natürlich lohnt Leeuwarden einen Aufenthalt, aber das haben wir vor zwei und vier Jahren schon getan. Neu in L.: Es gibt jetzt, wen man die Innenstadt Richtung Harlingen/Sneek verlässt, einen Einkaufsbereich 76mit z.B. Feinkost-Albrecht und ähnlichen einschlägigen Versorgungseinrichtungen direkt am Kanal. Und einen Anleger davor. Bei bootfahrenden Volke der Niederländer eine nahliegende Geschäftsidee und für uns sehr praktisch. Nicht so praktisch: Wir sind praktisch die ganze Strecke bis Sneek unter Motor gefahren, obwohl sogar Wind war. Wegen der Enge des Kanals nur mit der Genua, die kriegt an schneller weg wenn es nötig wird. Aber sobald das Segel stand, kam entweder eine Kurve direkt in die Windrichtung, oder eine Kurve mit Brücke direkt dahinter, oder sonst ein Hindernis. Wir haben es aufgegeben und Diesel verfeuert.
Sneek, oder Snits, die Stadt im Herzen der Friesischen Seen. Wichtiger Sitz dessen, was vom niederländischen Yachtbau noch übrig geblieben ist. Und mit sehenswerter Altstadt. Sneek war wohl in seiner Glanzzeit recht reich und als einzige friesische Stadt auch ummauert. Wobei, sagt uns der Fremdenverkehrsprospekt, die Mauer und die zahlreichen Tore gar keinen militärischen Zweck hatten. Sie dienten nur der Disziplinierung der Einwohner – um 8 geht das Tor zu – und der Darstellung nach aussen. Von der Mauzer ist nicht erhalten, von den zahlreichen Stadttoren nur eines, eines der ursprünglich 2 Wassertore.

Wassertor Sneek
Wassertor Sneek

Wehrhaft sieht es nicht aus. Was noch? Ein großes Textil-Handelsunternehmen, im Deutschland mitunter als Clotten-August bezeichnet, wurde hier gegründet. Ein bekannter niederländischer Kräuterschnaps, Beerenburg (sprich -bürch) wurde hier erfunden und verkauft. Wir haben ein Fläschchen in dem noch existierenden Laden erstanden. Oben, unter dem Dachboden gibt es ein kleines Museum – oder ist das eine Werbeabteilung. Man darf, theoretisch, alle Produkte probieren. Praktisch geht das selbst dann nicht, wenn man spät damit anfängt. Man würde den Laden wohl nicht mehr aufrechten Ganges verlassen können. Wir waren kurz nach Ladenöffnung dort, weil wir ja noch weiter wollten. So haben wir denn auf die Probierstunde verzichten müssen, Fahnen gehören an den Mast oder ans Heck und nicht ins Gesicht der Besatzung.
Vom unseeligen Wirken unserer Vorfahren in Sneek sagt der Fremdenverkehrsprospekt nichts. Das kann man aber in Wikipedia nachlesen.
Weiter unter Motor auf den Kanälen bis Lemmer.
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Wichtiges Zentrum der Ijsselmeer-Tourismusindustrie und Heimathafen viele Charterboote. Leider einige dabei, bei denen es mir schon unangenehm ist, das die Besatzung meine Sprache spricht. Ich kann es nicht ändern, aber es war gerade mal wieder so. Im Moment würde ich mir sehr wünschen, dass die niederländische Polizei mehr Alkoholkontrollen macht. Besonders bei deutschen Charterern großer Motorboote.

Autor: cord

Hat mal Physik studiert, aber fast alles wieder vergessen. Hat jetzt altersbedingt viel Freizeit und segelt gerne. Oder macht Musik. Verheiratet, zwei erwachsene Kinder. Und inzwischen zwei Enkelkinder.