Der Zustand der Atmosphäre hat sich wieder stabilisiert. Dem Netz konnte man entnehmen, das es auch in Deutschland geschüttet hat. Hier jedenfalls war sehr ergiebiger Starkregen und reichlich Wind in der Nacht. Am nächsten Morgen, dem des Freitag, herrschte dafür absolute Stille in den unteren Schichten. Kein Wind, warm und Seenebel. Also Auslaufen verschoben. Dann kein Nebel mehr, aber schwül. Fühlt sich nach Gewitter an. Immer noch kein Auslaufen. Und dann die große Müdigkeit, erst bei mir, dann bei Sabine. Und dann lohnt sich das Auslaufen eigentlich auch nicht mehr. Und das war auch gut so. Weil, wären wir auf See gewesen, hätten wir den höchsten Schwedischen Feiertag, de facto, das Mittsommer-Wochenende wohl nicht so deutlich miterleben können. Wir wusten, dass Sommeranfang war, und auch, dass das hier sehr intensiv gefeiert wird. Aber irgendwie war es doch ein wenig verdrängt.
Erst fing es ganz langsam an: Wir sind ein bisschen auf einer der Hafenmolen spazieren gegangen und hörten von dort aus martialisches Getrommel aus den Mauern der Festung. Unsere touristische Neugier ließ uns dann der Blaskapelle folgen, die aus der Festung „hervorbrach“. Ein uniformierter Haufen von Schülern (und – erinnen) mit Trommeln, Posaunen, Trompeten, Saxofonen, Flöten, Tuben, Klarinetten und sogar zwei Waldhörnern. Aus lauter Neugier hinterher bis in einen Park, woselbst die tapferen Musikanten (und -innen) Aufstellung nahmen und ihr Repertoire abarbeiteten (Ich kann keines der Stücke benennen, aber vermutlich alle mitpfeifen. Irgendwie sind das überall die Gleichen.)
Mehr und mehr Volks versammelte sich, und viele der Damen, vorwiegend, aber nicht ausschließlich jüngere, trugen das zu diesem Feste gehörige Dekor: Einen Blütenkranz im Haar. Ganz stilechte Version: Weißes Kleid dazu.
Es folgte dann eine längere gemeinsame tanzähnliche Aktion. Unter Anleitung eines Sängers, der von einem Akkordeonspieler begleitet wurde. Sabine meinte, das laufe unter Kinderbelustigung. Ich fand, die Eltern waren weit mehr belustigt, während mancher Jungschwede (und -in) gar nicht wusste, was da gespielt wurde. Wie auch immer, für Nichtschweden (und -innen) schon ein interessantes Schauspiel, sowas ist bei uns doch schwer vorstellbar.

Der Abend war dann noch lang und laut, und am nächsten Morgen waren dem einen oder anderen (ohne -innen) noch Spätfolgen des Alkohols anzusehen.
Da wir ja keine Schweden sind und daher selbstverständlich zur Mittsommernacht auch keinerlei Alkohol kosumieren (oder glaub das jemand nicht?), konnten wir dann am Sonnabend Morgen früh auslaufen – für unsere Ostseeverhältnisse jedenfalls früh. Ziel war Gottskär, oder ein Ankerplatz zwischen den Inseln davor, oder Bua. Ausgelaufen bei NW 2, eingelaufen in Bua bei NW5 oder auch etwas mehr. Jedenfalls nur noch mit gerefftem Groß, und auch das noch ziemlich flott.
„Bua“ ist keine Wertung, der Ort heißt wirklich so. Was hat er zu bieten? Einen Hafen für die Fischerei und Sportboote, eine landschaftlich eigentlich ganz nette Bucht, die guten Schutz bei viel Wind bietet, und Schwedens größtes Kernkraftwerk. Nicht so schön, aber wir wollen ja hier nur übernachten und nicht Urlaub machen.
Ach ja, einen Leuchtturm auf den Felsen neben der Einfahrt zur Bucht.

Autor: cord
Seitenwechsel
Weil wir Anholt so schön fanden, haben wir uns dort noch einen Tag gegönnt. Den dann allerdings überwiegend lesend unter Deck verbracht. Anholt ist natürlich auch schön, wenn es regnet. Aber da man ja anerkanntermaßen nass wird, wenn es regnt, und man dann die Sachen unter Deck schlecht wieder trocken bekommt, habe wir das Ende des Regens lieber abgewartet. Und sind daher erst am späten Nachmittag hervor gekrochen gekommen. Hat dann nur noch für einen Gang am Weststrand – diese Insel hat eigentlich auf allen Seiten Strände – bis zum Südberg gereicht. (Anmerkung der Lektorin: Wir waren 3/4 hoch!) Und da hinauf hat dann die Kombination von Lust, Schuhwerk und Motivation nicht mehr gereicht. Ein „Berg“ ist ja auch für uns Flachländler eigentlich genug!
Heute also zur anderen Seite, zur schwedischen. Ganz undramatisch, alles unter Segeln und ohne Kreuzen.
Auf dieser Strecke, Anholt – Varberg, merkt man schon an der Landschaft, wo man ist: Anholt Sand, Varberg Felsen. Mit Leuchttürmen, Stugas (Schwedisch für Wochenendhaus ohne Strom und mit Plumsklo) und der zugehörigen rustikalen Infrastruktur.

Eben so, wie es in einem Reiseprospekt über Schweden auch stehen würde. (Das mit dem Klo steht natürlich nicht drin.)
Wenn man auf Varberg zufährt, fällt vor allem die Festung auf. Im 14. Jahrhundert gegründet, und um 1830 „aus der Liste der königlichen befestigten Orte gestrichen“. Was hieß, man durfte die Steine als Baumaterial anderweitig verwenden. Tatsächlich ist die Feste im Verhältnis zum Ort so groß, dass gar nicht auffällt, dass da etwas fehlt. Auch nachdem einiges davon Hafenmole geworden ist, ist immer noch reichlich Festung da. Und heute leben sie in friedlicher Koexistenz, der Hafen und die Festung.

Wärend dieser Bericht zu Bildschirm gebracht wird, geht draussen gerade die Welt unter. Was wir morgen machen werden, ist vom Zustand der Atmosphäre abhängig. Und der ist im Moment hochgradig instabil – blitz, donner, schütt.