Reiseberichte von der Nordsee und umliegenden Gewässern
Autor: cord
Hat mal Physik studiert, aber fast alles wieder vergessen. Hat jetzt altersbedingt viel Freizeit und segelt gerne. Oder macht Musik. Verheiratet, zwei erwachsene Kinder. Und inzwischen zwei Enkelkinder.
Das Wetter hatte sich wirklich nur vorübergehend beruhigt. Es ist wieder ganz unruhig. Insbesondere hält es sich überhaupt nicht an die Vorgaben, die die diversen Wetterweisen so machen. Wir haben darum Samsö ausfallen lassen und sind mit West 5, da stimmte die Vorhersage, flott zum Nordende des Großen Belts. Um dann allerdings eine halbe oder dreiviertel Stunde davor herum zu kreuzen, um einem Gewitter die Chance zu geben, von uns unbehelligt nach Seeland abzuziehen.
Gewitterballett
Hat es auch ordentlich gemacht. Also weiter nach Kerteminde. Da lag dann über der Bucht ein weiteres Gewitter, an dem wir uns mit kurzen Kreuzschlägen vorbei geschummelt haben. So haben wir viel Zeit damit verbracht, den diversen Gewittern und Regenschauern auszuweichen.
Kerteminde, ehemals der Hafen von Odense. Im ¨Werner¨, soll heißen, in dem Buch von Jan Werner, kommt die Stadt nicht gut davon. Na ja , unseres ist die vierte Auflage und aus den 90er Jahren. Da kann sich schon etwas verändert haben. Wir finden, das das Städtchen durchaus sein Ambiente hat, sowohl am Hafen als auch in der, allerdings überschaubaren, Altstadt.
Kerteminde
Am nächsten Tag weiter im Großen Belt nach Süden. Unter der Brücke durch, der kleinen, der Westbrücke, bis zu eine Orte der da heißt Lundeborg. Ganz wenig Ort, aber viel Hafen, und auch mit Ambiente.
Für Morgen können wir verschiedene Wetter aussuchen, je nach Anbieter der Prognose. Aber keines davon sagt uns wirklich zu.
Im Allgemeinen bemühen wir uns, auf der Rückreise nicht die gleichen Häfen anzulaufen wie auf der Hinfahrt. Im Allgemeinen klappt das auch. Bei Anholt im Besonderen nicht, aber das kann man gut mehrfach besuchen. Ich kenne sogar Leute, die machen das jedes Jahr. Bei Grenaa könnte man es vermeiden, aber das liegt halt so günstig, und der Yachthafen ist so groß. Weiter über Öer und Stavns Fjord auf Samsö.
Im Detail: Auf Anholt Fete im Lokal am Hafen. Viel Beleuchtung, viel Tanzlärm. Der Berichtende hat Probleme, in diesem Zusammenhang den Begriff Musik zu benutzen. Der Tanzlärm ging etwa so: Dumm-dumm-dumm-dumm (Viertel) dub dub dub dub dub (Achtel) budubudubudubudubum (Sechzehntel). Mit der Technik des Schlagzeugspiels unvertraut fragt er sich, der Berichtende, ob man denn mit einer Bassdrum sechzehntel spielen kann. Und wenn ja, wie. Kann mir das mal ein Drummer vorführen ? Die oben beschriebene Figur war bis mindestens 4:30 Uhr laut und klar zu vernehmen.
Überfahrt nach Grenaa, leider ab Südwestecke Windpark ohne Wind. Grenaa nicht überfüllt. In Grenaa waren einige muntere Kinder für die Beschallung zuständig. Mit dem Schlauchboot durch das Hafenwasser pflügend sangen sie, laut und klar, und gar nicht schlecht, etwa: Tammtammtatarrrammtamm, tatarammtamm, tataraa. Nach mehrmaligem, kreativem Stutzen hatte der Berichtende auch die Zuordnung: Fluch der Karibik, Black Perl in voller Fahrt. Das passt doch. Allerdings hat der Berichtende jetzt einen Ohrwurm:“Tammtammtatarrrammtamm…“
Grenaa nach Öer. Wurde uns von unserem Nachbarn auf Anholt – Gedränge im Hafen fördert die Kommunikation – als Übernachtungshafen empfohlen. Nicht teuer und immer freie Plätze.
Beschallung auf dem Weg nach Öer: Kein Wind, Diesel an, „Ratatatata“.
Öer ist eine Ferienhausanlage mit Bootsliegeplätzen, die in eine aufgelassene Kiesgrube hineingebaut wurde. Durch einen Kanal mit Schleuse mit der See verbunden. Hat schon ein wenig Patina angesetzt. Das mit den Ferienhäusern scheint noch zu laufen, wenn auch einige zum Verkauf stehen. Liegeplätze gibt es mehr als genug. Und die Relaxations- und Bespaßungszentralen, die da mal vorgesehen waren, die haben es offenbar schon vor längerer Zeit aufgegeben. Wenn noch jemand ’ne Seglerkneipe pachten möchte … Öer Maritime Ferieby
Beschallung in Öer: Bunt gemischt, schön laut, aber nicht so lang in den nächsten Morgen. „Why she had to go, I don’t know, she didn’t say“.
Mit Südwest von Öer nach Stavns Fjord. Das liegt an der Ostseite von Samsö und ist eigentlich mehr eine Lagune als das, was sich unsereiner unter Fjord vorstellt. Ein Bereich flachen Wassers, durch eine lange Nehrung von der freien See abgeteilt. Darin etliche Inselchen, wovon die meisten unter Naturschutz stehen und nicht, oder zeitweise nicht, betreten werden dürfen. Und mit einer tiefen Rinne die zwischen diesen Inseln hindurchführt. Nicht markiert, was die Sache umso spannender macht. Man soll, laut schlauem Buch, die Wassertiefe aber an der Farbe erkennen können. Ein anderes, ebenfalls schlaues Buch sagt, dass man die gar nicht befahren kann. Oder, noch ’n schlaues Buch, nicht sollte, weil man bei Wetterverschlechterung im Dunkeln nicht, oder nur schwer, wieder heraus findet.
Auch die Meinungen innerhalb der Marthabesatzung gingen zu diesem Thema weit auseinander, und so hat sich der schlechte Kompromiss ergeben: Rein, aber nur ein kleines Stückchen. Dann Ankern. Auch hier gingen die Meinungen auseinander: Der Anker hält, hält nicht, hält doch. Anker wieder auf. Er hielt so gut, das man heftig ackern musste, um ihn wieder auszubrechen. Nochmal ankern. Wetterverschlechterung. Dann doch nach vorne, wo alle ankern, ist dort etwas geschützter. (Ganz hinten, wo ich eigentlich hin wollte, wär es noch geschützter gewesen) Also nach vorne, wo alle ankern. Zwei oder drei Versuche, bei denen der Anker nicht hielt, aber viel Biomasse geerntet hat. Ich hab inzwischen den Überblick über die Anzahl der Ankerversuche verloren, aber jetzt hält er. Und wir liegen da, wo alle anderen auch liegen. Also so, wie ich es eigentlich vermeiden wollte. Dumm gelaufen. Und das Wetter hat sich, zumindest vorläufig, wieder beruhigt.