Innen weiter

Wenn es auf See so richtig ¨nicht komfortabel¨ (Zitat eines einheimischen Seglers) ist, kann es im Kanalnetz sehr komfortabel sein. Deshalb wurde der anfängliche Plan, bei Lauwersoog wieder ins Watt zu fahren geändert und wir haben den Rest des Nordteils der Staande Mast Route auch noch abgefahren. Obwohl wir den eigentlich schon gut kennen, er ist immer wieder reizvoll, man findet noch neue Orte. Und überwiegend unter Segeln haben wir ihn vorher auch noch nicht befahren. Ab und an mal ein Stückchen schon. Aber wegen des sehr ausdrucksstraken Westwind der letzten Tage konnten wir dieses Mal wirklich große Strecken segeln. Was ja auf teils engen Kanälen nicht so häufig ist.

Schonung fossiler Brennstoffe!
Schonung fossiler Brennstoffe!

Geht natürlich nicht durchgehend, nicht in Ortsdurchfahrten, nicht an Brücken und Schleusen und besser nicht an unübersichtlichen Stellen – es bremst sich so schlecht unter Segeln, besonders wenn der Platz zum drehen nicht reicht. Und natürlich nur unter Vorsegel, damit man notfalls schnell genug den Antrieb abschalten kann. Damit ist man aber bei diesem Wetter allemal schnell genug. Manchmal sogar mehr als genug.

Also Lauwersmeer – Reitdiep – Groningen Eemskanal – Delftzijl. Es gibt zahlreiche ¨naturnahe¨ Liegeplätze, an denen man bis zu drei Tage bleiben darf.

Viel Wind auch im Binnenland
Viel Wind auch im Binnenland

Die Wassertiefe war bislang für uns immer ausreichend. Die Infrastruktur ist begrenzt auf eine Kante zum Festmachen, Poller zum Anbinden und manchmal beschilderte Wanderwege. Alles andere ist mitzubringen und natürlich auch wieder mitzunehmen.

Naturnahe Liegeplätze
Naturnahe Liegeplätze

Für die, die noch nicht mit dem Boot hier waren: Zeit ist ebenfalls mitzubringen. Erstens, weil die Strecke durchs Binnenland erheblich länger ist als über See. Man nicht schnell fahren darf und sollte. Die Brücken teils nicht bedient werden: Auf freier Strecke Mittagspause der Bediener.

Mittagspause! Zweimal rot.
Mittagspause! Zweimal rot.

In den Ortsdurchfahrten Sperrzeiten, wenn der Berufsverkehr läuft. Und in Groningen an Sonn- und Feiertagen nur im Konvoi zu festen Zeiten. Wir waren Sonnabends da und bekamen vollen Service: Drei Brückenwärter, einer macht hinter einem die Brücke zu, einer vorne auf und der dritte radelt schon mal zur übernächsten. Alles auf Staatskosten. (Bei uns wären die Grachten vermutlich schon zugeschüttet.)
Nach Groningen ist die Fahrt dann nicht mehr so spannend, der Kanal ist breit, gerade und höchstens dadurch interessant, das er so hoch über der umgebenden Landschaft liegt.

Ein sehr Niederländisches Motiv am Eemskanaal
Ein sehr Niederländisches Motiv am Eemskanaal

Themenwechsel: Im heimische Watt haben wir an einem Tag mehr Meeressäuger gesehen als auf der ganzen Fahrt vorher. Vorher: Ein Delfin, und den habe nur ich gesehen, dafür allerdings in ganzer Länge und kurzfristig vollständig in der Luft, zwei oder drei Schweinswale und ein paar Seehunde im Haringsvliet. Vor Borkum siehe Bild oben. Das neue Fahrwasser führt ganz dicht an den Seehunden vorbei, und das scheint die nicht sonderlich zu stören. Ein paar schauen schon mal auf – neugierig sind die eigentlich ja immer -, aber die Mehrzahl hebt nicht mal mehr den Kopf.

Erstens kommt es ..

Klang irgendwie anders, der Auspuff, als wir aus Makkum raus sind. Muss mal trocken fallen und schauen, ob der Kühlwasserzulauf frei ist. Durch die Schleuse bei Kornwerderzand. Danach nochmal festmachen, um auf die Autobahnbrücke zu warten. Die sammeln da die Boote aus mehreren Schleusungen, bis sie die Brücke öffnen. Und dann flott durch die Brücke. Genau unter der Autobahnbrücke geht die Alarmpiepse dann los: Übertemperatur. Links raus, festmachen, Wasserpumpe aufmachen. Inhalt: Das Mittelteil des Impellers ohne Öhrchen und 5 Öhrchen. Ersatzteil rein, und unter Segeln nach Harlingen. Terschelling wird so nichts.

Wo ist das sechste Ohr ?
Wo ist das sechste Ohr ?

In Harlingen ganz vorsichtig durch die Schleuse und in den Yachthafen innen. Anmelden. Frage an den HM: Wo kriege ich hier Volvo-Penta Ersatzteile und einen Fachkundigen? (Der Ersatzimpeller hat ja auch schon eine unbekannte Zahl von Betriebsstunden in seinem ersten Leben hinter sich gebracht.) Antwort des HM: ¨Bei dem jungen Mann hinter ihnen¨. Der wollte dann die ganze Pumpe mitnehmen. Auch OK, wenn man da schon ran muss, dann kann man gleich alle Dichtungen erneuern. Dass er dann eine übersehen hat in der ihm übergebenen Teilesammlung und nochmal los musste, nun ja. Jedenfalls haben wir am nächsten Vormittag wieder eine betriebsfähige Kühlwasserpumpe. Das sechte Ohr ist dann zum Glück auch da aufgetaucht, wo der Volvokundige es vermutet hatte.

Für Donnerstag und Freitag sind Windstärken von 6 und mehr angesagt, also Weiterfahrt binnen, Nordteil  Staande Mast Route mit Seiteneinstieg: Harlingen – Van Harinxmakanaal – Leeuwarden – Dokkum – Lauwersmeer. Dann mal sehen, wie das Wetter bis dann ist.
Leeuwarden als erste Übernachtung. Ist zu schade, da einfach nur zu übernachten, auch wenn man da schon des
Öfteren war. Darum bieten wir heute:
Oldehove, der schiefe Turm von Leeuwarden.
Die Leeuwardener konnten es damals, im 16. Jht., einfach nicht verknusen, dass die Groninger eine größere Kirche hatten als sie und haben ein ehrgeiziges Projekt gestartet: Noch größer, noch höher. Ganz großer Turm! Leider hat man schon bei einer Bauhöhe von 10 Metern festgestellt, dass da was nicht stimmte, und versucht, den Turm zu stabilisieren. Und hat dann auf dem schiefen Unterteil gerade weitergebaut. Hat sich aber nicht bewährt. Der Nachfolger des ursprünglichen Baumeisters hat das Projekt dann gestoppt, und so steht der Turm heute noch da. Die Kirche ist längst abgerissen, und am Turm wird immer wieder mal gearbeitet, um die, na ja, Bauruine zu erhalten. Sie hat aber immerhin Funktionen, die sie erfüllen kann: Uhrenturm, Glockenturm, Wahrzeichen. Nur Kirchturm ist sie nie gewesen. Alles nachlesbar unter ¨Leeuwarden, Oldehove¨.

Der schiefe Turm von Leeuwarden: Oldehove
Der schiefe Turm von Leeuwarden: Oldehove

Weiter durch die Kanäle, Ziel Dokkum. Aus den angesageten 6 Bft draussen sind deutlich mehr geworden. Einen erheblichen Teil der Strecke konnten wir auf dem Kanal segeln, nur mit der gereffter Genua. Auf etwa halber Strecke mussten wir es allerdings aufgeben. Nicht, weil  wir zu langsam, sondern weil wir zu schnell waren und auf die Fahrzeuge vor uns aufgelaufen sind. Und ein bisschen auch aus Sorge um das Segel.
Jetzt liegen wir in Dokkum, siehe Bild oben. Versuchen, das Straßennetz zu verstehen, wenn wir an Land sind. Und lassen uns vom Wind durchschaukeln, wenn wir an Bord sind. Morgen soll der Wind nicht unbedingt weniger werden.
Nederlands Kustwacht hat Sturmwarnungen mit Bft 8 für alle Gebiete herausgegeben. Den Helder Rescue ist fast permanent auf 16 zu hören. Da ist es im Binnenland doch entspannter.