Reiseberichte von der Nordsee und umliegenden Gewässern
Autor: cord
Hat mal Physik studiert, aber fast alles wieder vergessen. Hat jetzt altersbedingt viel Freizeit und segelt gerne. Oder macht Musik. Verheiratet, zwei erwachsene Kinder. Und inzwischen zwei Enkelkinder.
Segeln? 2 Stunden etwa, mit wechselnden Windrichtungen und abnehmender Windstärke. Dann musste der Motor ran. Ob der Wind sich noch zum Segeln eigne, darüber gab es unterschiedliche Ansichten. Meine war nicht mehrheitsfähig. An Bord nicht, und auch bei den anderen Booten in Sichtweite lief offenbar überall die Maschine. Die Grenze zwischen entspanntem, gemütlichem Segeln und Dümpeln in der Flaute ist offenbar vom Betrachter abhängig.
Also unter Motor zum ausgewählten Ziel: Ystad. Nur etwa 20 Meilen, aber dass der Wind heute knapp bemessen sein würde, war natürlich gestern abend bei der Planung schon klar.
Ystad ist ein Städtchen von knapp 20000 Einwohnern, und hat, zumindest für Touristen, einen gewissen Charme, weil zahlreiche Gebäude aus dem 17. und 18. Jahrhundert erhalten sind.
Ehemalige Brauerei YstadKloster Ystad mit Kräutergarten
Es hat einen, im Verhältnis zur Stadt, großen Hafen. Die Silos sind schon meilenweit vorher zu sehen.
Deshalb kennt man Ystad: Von hier fahren die Fähren nach Bornholm und auch nach Polen.
Und natürlich kennen viel Krimileser Ystadt, weil hier ein neurotischer Polizist seinen Dienst verrichtet haben soll. Zumindest literarisch.
Der nordische Sommer hat uns erreicht. Der ist ja bekanntlich kurz und heftig. Er zeigt sich hier und jetzt in strahlend blauem Himmel, ebenso strahlender Sonne und einem kräftigen (5 Bft) und böigen (7 Bft) Wind aus Ost. Da wollen wir hin, Richtung Osten. Sind so 25 Meilen bei optimalem Kurs. Werden leicht 50, wenn man gegen die holprige See kreuzen muss, weil man dann nicht viel Höhe machen kann ohne zu langsam zu werden. Nächster Hafen Richtung Ost wäre Smygehamn. Das ist mit 8 Meilen Entfernung zu nah, um ein attraktives Ziel zu sein. Oder Abbekas, etwas mehr als doppelt so weit, aber nach Osten offen. Das wiederum ist zu holprig, um bei diesem Wind ein attraktiver Hafen zu sein. Das Boot bleibt hier, wir wechseln das Verkehrsmittel: Klapprad. Anders als bei Google Maps zu sehen kann man fast die ganze Strecke auf Nebenstraßen oder Radwegen zurück legen. Papierkarten haben wir nicht – für Straßen, sonst schon.
Was mach Smyge und Smygehamn interessant? Smyge gar nichts. Smygehamn, den Hafen dazu, die Tatsache, das es der südlichste Ort Schwedens ist. Und das wird touristisch verwertet. Was man sich wiederum als Ausländer ja mal ansehen kann. Hier gibt es den südlichsten Hafen, das südlichste Lagerhaus (Laden für Kunsthandwerk), den südlichsten Kalkofen (außer Betrieb), die südlichste Fischräucherei (gut eingekauft, in Gislöv gibt es ja nicht viel), die südlichste Eisbude, Parkplatz, Restaurant …
Das südlichste Lagerhaus und der südlichste Kunstgewerbe-Laden (mit der südlichsten Feuertreppe)
Wenn man sich also ganz nah an den gekennzeichneten südlichsten Punkt stellt, haben wir beide getan, ist man der südlichstes Mensch Schwedens. Ganz im Süden stand keiner, da war es heute, siehe Ostwind, zu nass. Kann man sich auch von südlichsten Leuchtturm des Landes ansehen. Der allerdings, ähnlich Neuwerk, nur noch privat leuchtet, mit 80 Watt.
Der südlichste Leuchtturm
Von hier bis Kopenhagen sind es 61 km, bis zum Nordende Schwedens eintausenfünfhundertvierundzwanzig. Ganz schön tiefer Süden!
Ach ja, es gibt hier auch die südlichste bronzezeitliche Grabanlage Schwedens. Und auch die zweit-, dritt- und viertsüdliche. Wobei die Bronzezeit ja nach skandinavischer Zeitrechnung fast bis an unser frühes Mittelalter reicht. Bei uns nennt man die Burschen Wikinger.