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Noch ein Nachtrag zu Karrebæksminde. Es gibt dort nicht nur einen kräftigen Strom im namensgebenden Bach, der eigentich ein Sund ist. Es gibt, je nach Windrichtung, auch einen kräftigen Schwell. Erfreulicherweise nur im Sund, nicht an den Liegeplätzen. Jedenfalls nicht an denen von Leuten mit normalem Einkommen. Den großen Millionärsyachten macht der Schwell ja nicht viel aus. Die gibt’s hier nämlich manchmal auch.

Wir sind der sommerlichen Hitze auf unterschiedliche Weise entkommen: Im kühlen Wasser der Ostsee oder so, wie hier zu sehen.

Dem Wetterbericht war zu entnehmen, dass sich über den britischen Inseln ein komplexes Tiefdrucksystem ausbildet und das sommerliche Wetter nicht mehr lang anhalten wird. Wir haben einen Tag mit Ostwind, 4 Bft, genutzt, um von Karrebæksminde (Seeland) nach Lundeborg (Fünen) zu segeln. Zwischen den Inseln Omø und Agersø hindurch, über den Langelandbelt, die südliche Verlängerung des großen Belts und über das Langelandriff.

Da der Belt für große Schiffe ein recht flaches Gewässer ist und die sich an eine vorgegebene Rinne halten müssen, kommt es dort laufend zu Kursänderungen. Da ist es schon sehr hilfreich, mit Kartenplotter und AIS eine Möglichkeit zu haben, zu sehen, wann, wo und warum der Große seinen Kurs ändert oder ändern wird. Das spart Nerven.

Unser Ziel auf der anderen Seite war Lundeborg. Erstens weil es ein ganz netter Hafen mit ein bisschen Athmosphäre ist, und zweitens, weil er auf der Ostseite Fünens liegt und das schlechte Wetter mit Wind aus West vorhergesagt ist. Da liegt man auf der Ostseite einer Insel natürlich besser, weil sich bei ablandigem Wind kein Schwell bildet.

Der Ort zum Hafen ist eher unbedeutend, der wichtigste Grund, ihn aufzusuchen, ist eigentlich der von den Bewohnern betriebene kleine Laden.

Den Hafen erkennt man schon von weitem an seinem charakteristischen (oder sagt man jetzt „ikonischen“?) Lagerhaus von achtzehnhundertirgendwasindensechzigern. Eigentlich zwei Lagerhäuser hintereinander, von See sieht man nur das vordere. Siehe Beitragsbid oben.

Der Hafen besteht aus zwei Teilen, einem Handels- und Fischereihafen mit einer kleinen Werft und dem Yachthafen. Letzterer so angelegt, das er sich in Art eines Schneckenhauses/einer Spirale um einen zentralen Grillplatz legt.

Was zwar ganz originell ist und dem dänischen Faible fürs Grillen Rechnung trägt, aber doch anscheinend nicht von einem Segler geplant wurde.

Die Segler und auch die meisten Motorbootfahrer des mittleren und nördlichen Europa legen nämlich in der Regel mit dem Bug zum Steg an, und die meisten Schiffe sind eben vorne spitz. Was innen zwar gut zur Hafengeometrie passt, außen aber eher nicht. Außerdem stehen die Heckpfähle auch nicht in gleichmäßigem oder in sich nach hinten verringerndem Abstand, sondern einfach irgendwie irregulär. Aber vielleicht ist das ja gewollt, damit man etwas mehr Hafenkino(1) hat. Was wir ja OK finden, solange wir nicht selbst als Darsteller auftreten.

(1) Für die, die den Begriff nicht kennen: Rumsitzen oder -stehen und zuschauen, wie andere ein navigatorische Problem lösen. Besonders natürlich beim Platz suchen und anlegen. Und je voller der Hafen, desto mehr Kino. Is so.

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Die Burg

Wenn der Seefahrende von Osten auf das Land der Dänen zuhält, dann gibt es zwischen Helsingør im Norden und Gedser im Süden nur zwei Einfahrten: Den Bogøstrøm nördlich von Møn und den Grønsund südlich davon. Die treffen sich weiter westlich und werden da zum Storstrøm. Und dort liegt schon seit dem Mittelalter eine Burg, an offensichtlich strategisch wichtiger Stelle. Und die dazugehörige Stadt Vordingborg. Ungefähr so viele Einwohner wie ein Bremer Stadtteil, dafür aber doppelt so viel Fläche wie das ganze Bundesland.

Von der Burg steht noch einer ihrer früher vielen Türme. Vieles der alten Befestigungsanlagen ist aber noch gut zu erkennen und immer noch eindrucksvoll.

Auch dänische Könige des Mittelalters lebten und residierten hier. König Waldemar IV ließ hier sein Töchterlein aufwachsen und erziehen (hat er sich da selbst beteiligt?), das dann zur Königin Margarethe (die erste natürlich) wurde. Die, deren angeblichem Grab wir vor ein paar Wochen in Bad Doberan begegnet sind. (Ich hab’s tatsächlich zuerst geglaubt. Roskilde scheint mir aber doch deutlich plausibler. Und andere Reliquien gibts ja auch häufig mehrfach.)

Die Brücken

Heute ist Vordingborg ein wichtiger Knotenpunkt des Landverkehrs und mehrere große Brücken liegen in der Nähe der Stadt.

Falster nach Bogø
Vorn: Alte Storstrømbrücke, Hintergrund neue Storstrømbrücke, noch im Bau

Das Werden der Neuen Brücke haben wir verfolgen können. Erst viel Tonnen, Sperrgebiete und Arbeitsschiffe. Beim nächsten Mal die Pfeiler und der halbfertige Pylon. Jetzt ist der Fahrbahnträger/Balken schon da. Es rollt aber noch nichts.

Der Bericht (Wetter-…)

Es sollte Morgens windstill sein, später dann mäßiger Ostwind. Es war Morgens mäßiger Ostwind, und frohen Mutes (gut, nicht?) kamen wir segelnd von Vordinborg Hafen zu den beiden Storstrømbrücken und noch ein kleines Stück weiter nach Westen. Dann gaben, einer nach dem anderen, die Skipper der Boote, die wir so in Sicht hatten, auf und holten sich „Wind aus dem Tank“. Wir auch. das sah dann etwa so aus:

Flaute

Und so:

Cumulus mit Amboss, kam aber nichts

Die Strecke wurde verkürzt, statt Bisserup als Ausweichhafen Karrebæksminde. Das kennen wir zwar schon, kann man aber gut hinfahren.
Durch den Kanal, an dem auch die Bootshäfen liegen, geht hier manchmal ein erstaunlich kräftiger Strom. Das wussten wir schon vom letzten Mal. Durch den Kanal gehen des Öfteren auch erstaunlich kräftige Frachtschiffe, so geschätzte 130 m Länge. Das wussten wir noch nicht. Teilweise gehen die zu nachtschlafender Zeit da durch. Drum gibts dazu auch kein Bild.

Die Heuschreckenbrücke von Karrebæksminde, durch die sich große Frachtschiffe quælen

Wegen sommerlicher Temperaturen und Windstille bleiben wir hier noch ein bisschen. Der Strand und die kühle Ostsee sind nicht weit vom Boot. Bisserup kann warten oder wird für dieses Jahr ausgelassen. (Man muss ja noch Ziele übrig lassen.)


PS: Wer noch Äs und Ös an unpassender Stelle findet, möge sie selbst austauschen.

„Die machen mich verückt mit ihren Ås und Øs“

(Asterix, der Gallier)

Und Æs!

(Cord, der Schreiber)