„So kommt man zu Fendern“

Abfahrt von Helgoland. Da man dort fast immer im Päckchen liegt und der erste, der los will, selten außen, bildet sich oft ein Knäuel, dass sich dann mehr oder weniger geschickt neu sortiert und wieder anlegt. Weil Platz genug im Hafen ist, kann man seine Leinen und Fender gut im Schutz des Hafens wegpacken statt draußen vor den Molen, wo es etwas hoppelt. Und siehe, wir hatten plötzlich nur noch drei Fender. Dafür hing bei unserem nun ehemaligen Nachbarn einer, der unseren doch sehr ähnlich war. „Ich war’s, ich war’s!“ Der nämliche Fender hatte den Nachbarn wohl durch Geräusche in der Nachtruhe gestört, und er hat ihn umgehängt. Was in Ordnung ist. Aber statt an unserer Reling an seiner befestigt. Was nicht so ganz in Ordnung war.

Jetzt also mit vier Fendern, wie gewohnt, los Richtung Amrum. Die Idee war zu der Zeit noch: Mit dem stabilen Ostwind über Amrum, Römö, Fanö, Hvide Sande, Torsminde und Tyborön zum Limfjord zum Kattegat. (Nach deutscher Zählweise Ostsee, nach skandinavischer, zumindest nach schwedischer, Westsee)

Abschied vom „Fuselfelsen“

Bis zur Ansteuerung des Rütergats, des Hauptfahrwassers nach Amrum, lief alles sehr schön, aber dann…

Der Wind (OSO) sollte eigentlich quer zum Fahrwasser (NNO) wehen, weshalb die Wellen nicht so heftig ausfallen sollten. Wussten sie aber anscheinend nicht. Nicht so hoch wie bei Wind gegen Strom auf der Elbe, aber doch erstaunlich ausdrucksvoll. Und kurz. Wir haben bislang selten soviel Wasser an Deck gehabt wie hier. Fotos gibt es natürlich nicht, weil man dann doch Kamera und/oder Handy lieber rechtzeitig zurückzieht, bevor sie die Dusche abkriegen. Die mögen sowas ja gar nicht.

Auf Amrum hat gleich jemand freundlich unsere Leinen angenommen. Von Heike K., einem hierher verschlagenen Mitglied (immer noch) unseres heimatlichen Vereins.

Sonnenaufgang Yachthafen Amrum

Ab Mittwoch ist Nordwind angesagt, wir haben die Idee mit Tyborön inzwischen, nach einigen Diskussionen, zu den Akten gelegt und bleiben noch ein bisschen hier. Inselrundfahrt mit den Klapprädern.

In der Reihenfolge der Ereignisse:
Tatsächlich gibt es zwei Häfen auf Amrum, nur ist der zweite sehr rustikal: Stenodde. Eigentich nur für Versorgungschiffe gedacht und geeignet. Dafür zur Zeit mit dem wohl kleinsten und vermutlich auch nicht ganz offiziellen Vogelschutzgebiet Schleswig-Holsteins geziert.

Vogelschutzgebiet

Das gelbe Schild erklärt das Gebiet zwischen den drei weißen Stangen zum Schutzgebiet und der Austernfischer (einer!) samt Eiern ist die geschützte Fauna. Zum Glück haben die eine sehr geringe Fluchtdistanz.

Nebel, der Ort in der Mitte der Insel. Früher die „Hauptstadt“, bis sich Wittdün dazu aufgeschwungen hat, vermutlich wegen der Fähre. Nebel ist aber interessanter wegen:

Erstens: Der Windmühle, die fast vollständig erhalten ist und als Museum besucht werden kann.

Blick ins Getriebe

Zweitens: Der ortstypischen Häuser.

Drittens: Der „sprechenden“ oder „erzählenden“ Steine. Grabsteine, die in Wort und Bild ausführtlich vom Leben der Amrumer vergangener Jahrhunderte erzählen. Leider ist der Text mitunter für uns heutige nur mühsam zu lesen. Da haben engagierte Mitmenschen uns die Sache leichter gemacht unter erzaehlende-steine.de. So mancher Amrumer Schiffer hat seinen schwimmenden Untersatz auch auf seinem Grabstein verewigen lassen. Oder seine Nachkommen haben es gemacht.

Noch etwas zur ortstypischen traditionellen Bauform: Es gibt hier ein Ausgrabungsgelände, wo man Reste eisenzeitlicher Häuser gefunden hat. In der Nähe hat man eine Rekonstruktion erstellt. Die Ähnlichkeit der Häuser von 750 v.Chr. mit denen von 1880 n.Chr. ist nicht zu verkennen. Alles größer und schöner geworden, aber trotzdem ..

Urahn hiesiger Häuser

Die Friesen sind erst 1500 Jahre nach diesem Haus hier aufgetaucht!

Der Titel stammt vom unfreiwilligen Fenderklauer.

Wohnungsnot

Nachdem wir, unserer Meinung und Kenntnis nach, so ziemlich alles, was man um Bremerhaven erradeln kann, auch besucht haben und auch noch ein paar Termine zu Hause abgehakt haben, geht’s endlich Richtung See. Wegen die Tide früh raus aus Bremerhaven, Weser runter, bei Niedrigwasser in den Fedderwarder Priel und den ganz gemütlich rauf. Schneller segeln ginge schon, bringt aber nichts, da man sowieso nur nahe Hochwasser über den Hohen Weg kommt. Für Ortsfremde: kein Weg, sondern ein Wattrücken zwischen Weser und Jade, den man nur bei hohem Wasserstand überfahren kann.


Auf der Jade dann deutlich mehr Wind als angesagt. Nachdem wir schon in Horumersiel im Hafen waren, haben wir im Revierfunk gehört, dass in Wilhelmshaven Bft 6 gemessen wurde. Ach ja, so kam es uns auch vor.


Dass in Horumersiel am nächsten Tag eine Regatta stattfinden sollte, hatten wir nicht auf dem Plan. Der Hafen war voll, wir hatten keine Reservierung, wurden aber von der freundlichen (und in der ganzen Umgebung bekannten) Hafenmeisterin noch untergebracht. (Der, für den der Platz eigentlich reserviert sein sollte, wurde dann, als er später doch noch kam, woanders untergebracht. Er soll ein bisschen böse geguckt haben, haben wir gehört.)

Am nächsten Tag unmittelbar hinter dem Fahrzeug mit den Wendemarken aus dem Hafen und Richtung Helgoland. Die Regatta haben wir dann nur noch in weiter Ferne gesehen, damit aber immerhin auch nicht gestört.

Wind genug und Richtung so, dass wir durchgehend anliegen konnten. Spitzengeschwindigkeit über Grund 9,2 Kn, Durchschnitt trotz zwischenzeitlicher Flaute immerhin 5 Kn, für unsere Verhältisse nicht schlecht.

Auf dem Fuselfelsen natürlich, wie ortsüblich, im Päckchen. Auch ortsüblich, Rundgang übers Oberland.

Die Tölpel werden immer mehr. Die, die durch die Luft kommen. Auf dem sogenannten Lummenfelsen besteht ein sehr angespannter Wohnungsmarkt. Denn so ein Basstölpel braucht ja deutlch mehr Wohnfläche als eine Lumme. Und der ist ja auch durchsetzungsfähiger. Was bleibt den armen Lummer anderes übrig, als sich in die Tinyhouses zurück zu ziehen.

Abends kräftiger Ostwind, es knirscht und quietscht im Päckchen. Aber so ist das eben, Helgoland live.