Hoch hinaus

Aus der Idylle (wenn man selbst dort nicht arbeiten muss, siehe Beitragsbild) von Bargen in die weite Welt, unter Motor auf der vollkommen windstillen Eider.

Die Eider hat einen für kleine Fahrzeuge befahrbaren Kanal zum NOK, den Gieselaukanal. Und der hat eine Schleuse, der das Wasser von Eider und Kanal trennt. Man schleust da etwa 35 cm aufwärts. So richtig hab ich die Gewässerkunde der Eider sowieso nicht verstanden. Wir sind durch das Eidersperrwerk im auflaufendem Tidenstrom gefahren, also abwärts. Bei Nordfeld haben wir geschleust, und zwar abwärts. Neben uns lief nicht wenig Wasser fröhlich landeinwärts, also abwärts. Kurz vor dem Gieselaukanal gibt es nochmal eine Schleuse in der Eider, Lexfähre, und es ging ..? Abwärts. Wie soll die arme Eider in die Nordsee fließen, was sie ja angeblich tut, wenn es fast nur bergauf geht?

Die auch schon „historisch wertvolle“ Gieselauschleuse

Noch ein Stück Gieselaukanal, dann beginnt die „weite Welt“, hier vertreten durch den NOK. Nach eigenem Verständnis die meistbefahrene Wasserstraße der Welt – was aber nur gilt, wenn man die Zahl der seegehenden Fahrzeuge nimmt. Wenn man andere Kriterien wie die Tonnage anwendet, sind andere doch viel meistbefahrener (oder so).

Wie machen Pause in Rendsburg, denn der Wind ist schwach bis sehr schwach und es ist Kieler Woche. Wir werden also in Kiel kaum einen Liegeplatz bekommen und müssen gleich weiter, möglichst raus aus dem Einzugsbereich/Dunstkreis der Kieler Woche.

Da wir das gängige Besichtigungsprogramm von Rendsburg schon bei früheren Besuchen weitgehend abgearbeitet haben, dieses Mal ein Besuch der Hochbrücke. Und zwar nicht nur von unten, sondern rauf. Mit detaillierter und sachkundiger Führung,

Ein Meisterwerk der Ingenieurbaukunst. Hat jetzt aber auch schon eine Lebensdauer von 110 Jahren hinter sich, geplant sind noch 10 weitere. Vergleiche hierzu die Lebensdauer und Lebenserwartungen der Mehrzahl der bundesrepublikanischen Autobahnbrücken. Oder das Bremer Brückendisaster.

Die Nieten werden übrigens durch Klopfen überprüft, lose hört man am Klang. Und defekte werden durch Schrauben ersetzt, was den maschinenbaukundigen Führer nicht begeistert hat. Aber ersten ist nieten zu teuer und zweitens gibt es nicht genug Leute, die das noch können.

In der Rendsburger Hochbrücke samt Zufahrten sind über eine Million Nieten verbaut. Und mehr als doppelt soviel Stahl wie im Eifelturm.

Diese Kurven !

Der vom Wetterbericht vorhergesage Nordwind hat sich da, wo wir waren, als sehr schwach herausgestellt. Er sollte uns zur Eider bringen, was aber seine Möglichkeiten deutlich überstieg. So sind dann leider einige Liter Diesel durch den Motor gegangen. Durch das Schmaltief, das nicht nur so heißt, sondern zumindest stellenweise auch so ist, schmal und tief, um die Halbinsel Eiderstedt herum und die Außeneider hoch.

Die Außeneider hat, direkt vor dem Südstrand von St.-Peter Ording, eine Barre. Auf der Seekarte steht da „breakers“. Bei Westwind wird das wohl so ein, ohne Wind oder fast ohne Wind ist das aber kein Problem. Wasser glatt, minimale Tiefe unter Kiel 0,7 m.
Mit auflaufenem Wasser nach Tönning, in den „historischen“ Stadthafen. (Einen anderen gibt es auch gar nicht.) Ganz vorsichtig rein, weil wir uns nicht sicher waren, ob genug Wasser drin war. War aber.

So liegt man nach alledem
fest, doch etwas unbequem.

frei nach W. Busch

Die Steganlage ist etwas rustikal, passt aber zum historischen Ambiente. Über uns das Packhaus aus der Zeit, als es den NOK noch nicht gab und die Nordsee-Ostsee-Verbindung noch über die Eider und den Eider- bzw. Schleswig-Holstein-Kanal ging.

Von Tönning dann die Eider aufwärts. Anruf bei der Eisenbahnbrücke. „Ja, wenn sie 5 Minuten eher gekommen wären!“ Lange Wartezeit, mehrere Züge, eine Baumann/frauschaft auf der Brücke. Das dauert. Nach geraumer Zeit, ca. eine 3/4 Stunde, dann endlich die ersehnte Brückenöffnung. Und die auch seeehr langsam. Die Bahn kann sogar Verspätungen erzeugen, wenn man sie gar nicht benutzt.

An der Schleuse Nordfeld, die, die den Tidenbereich vom tidenfreien trennt, wurde offensichtlich Seewasser in die Eider gelassen. Wahrscheinlich, so denken wir uns, um wieder Brackwasser zu erzeugen, so wie es früher hier mal war. Viel Gegend, viele Kurven, kaum Strom. Obwohl hier ja, trotz des ländlichen Eindrucks (neudeutsch: Anmutung) kaum etwas einen natürlichen Zustand hat: Von der Eider fehlt die obere Hälfte, die ist dem NOK zum Opfer gefallen. Da fließt die obere Eider zwar rein, kommt aber nicht wieder raus. In Rendsburg fängt sie dann neu an, direkt an der Altstadt, hat aber keinen Zufluss. Da Rendsburg ja nun auch nicht hoch über dem Kanal thront, kann man auch nicht viel Gefälle erwarten. Eigentlich ist die Eider nur noch ein See, der die Form eines Flusses hat.

An unserem Liegeplatz in Bargen (Kreis Schleswig-Flensburg) liegen wir jedenfalls quer zum Fluss und haben noch keine Bewegung in Fließrichtung festgestellt. Der Hafen ist nett, sauber, ländlich, recht gut ausgestattet. Eine Fußgänger- und Radfahrerfähre über die Eider gäbe es sogar, die verkehrt aber nur an Sonn- und Feiertagen.

Dass in Kiel die nächste Woche DIE Woche, nämlich die Kieler Woche ist, haben wir arglosen Fahrtensegler leider völlig verpennt. Damit fällt Kiel als Zwischenstop wohl aus und wir müssen uns etwas passendes ausdenken. Wind ist leider auch nicht viel vorhergesagt.