We are sailing, we are ..

Hochwasser heute so, dass man entweder ganz früh raus muss oder erst am späten Nachmittag raus kann. Unser Nachbar im Päckchen, natürlich weiter innen, hat sich für ganz früh entschieden. Will nach Vlieland – das verstehe ich – mit 1.70 Tiefgang – das verstehe ich nicht so ganz. Wie kann man in diesem Revier mit einem Boot unterwegs sein, das 1,70 Tiefgang hat. Auch noch ‘ne Moody – die können doch auch anders. Wir lassen ihn raus und legen uns wieder hin.

Zu humanen Zeiten dann erst Frühstück und dann an den Strand. Von weitem sieht es dort so aus, als hätten da die Bagger gewütet. Wenn man näher heran kommt, merkt man, dass das kein Sand ist, sondern Reste von Algen. Vielleicht auch Pflanzen. Jedenfalls alles gleich, alles gelb und alles tot. Angeblich seit 3 Tagen wird das hier angespült. Dergleichen haben wir nie vorher gesehen. Solang es in dünnen Schichten am Stand liegt, kann man drüber laufen. An Stellen, wo die Schicht dicker sind, fängt das Zeug anscheinend an zu gammeln und riecht dann nach Tang. Ungefähr so, wir man das von dem Ostsee kennt. (Oder doch die Ostsee?)

Dubiose Biomasse

Zurück von Strand und Tang in den Ort mit den 3 Buchstaben. Viele Häuser hier tragen das Baujahr in eisernen
Buchstaben an der Fassade. Das ist eigentlich nichts besonderes. Bemerkenswertfinde ich, das die Häuser von 1688 (ältester Fund) und die von 2020 (neuster Fund) sich zumindest von außen nicht sehr unterscheiden. Die aus dem 17 Jht. haben manchmal etwas kleinere Fenster, aber sonst?

Besonders reichhaltig chronologisch bestimmt ist der Dorfturm, wieder so ein kirchenloser Kirchturm. Der hat gleich drei Jahreszahlen angeschrieben: 1664 (unterer Teil) 1732 (oberer Teil) und 2017 (Uhr).

Am Nachmittag dann raus und unter Segeln über’s Watt nach Osten, Ziel Schiermonnikoog. Das Wetter ist so, dass ziemlich alles, was Segel hat, raus geht und die Segel auch benutzt. Weil das Revier der niederländischen Watten so seine Besonderheiten hat – es ist häufig sehr flach und die Entfernungen sind deutlich größer als in unseren Watten – ist der Anteil traditionelle Flach- und Rundbodenschiffe recht hoch. Die haben sich in den letzten paar Jahrhunderten auch nicht sehr geändert. Außer dass da Dieselmotoren rein gekommen sind und moderne Navigationsgeräte. Das hat dem optischen Eindruck aber keinen Abbruch getan.

Gegen Abend dann Ansteuerung von Schiermonnikoog. Das letzte Stück ist eng, flach und kurvenreich. Und gegen die tiefstehende Sonne sind leider alle Tonnen schwarz. Man lernt zu schätzen, das es auch Regeln zur Form der Tonnen gibt.

Gegen die Sonne sind alle Tonnen schwarz

Ort mit drei Buchstaben

Nordwest 4 sagt der Wetterbericht. Das wäre gut, um über’s Watt nach Ameland zu segeln. 3 Stunden vor HW raus, noch ‘ne halbe Stunde Zugabe für die Schleuse. Man weiß ja nicht so ganz genau, wie lang man da warten muss.
Wir mussten gar nicht warten, die Schleuse war auf, als wir um die Ecke kamen. Und dann ging es wirklich flott bis dahin, wo’s flach wird.


Da mussten wir ein bisschen ankern, weil noch nicht genug Wasser da war. Als es weiter ging, konnten wir leider die Höhe nicht mehr laufen, die wir gebraucht hätten. Und das bleib dann leider so bis zum Westende von Ameland. Aus dem NW war leider ein NNO geworden. Hinterher hat Windfinder seine Anzeige an die Realität angepasst, aber hinterher sind wir auch selbst schlauer.

Im Hafen von Nes (Ort auf Ameland, 3 Buchstaben), dem fast einzigen auf der Insel, wird ordentlich diskriminiert: Einheimische innen, dann Rund- und Plattbodenschiffe, dann langweilige moderne Jachten.

Und dann gibt es noch das Flach östlich des Hafens. Da dürfen die hin, die sich trocken fallen lassen können und wollen. Zahlen müssen die aber auch, wenn auch weniger. Was ja auch berechtigt ist, weil sie einen Teil der Infrastruktur ja mit benutzen. Oder das zumindest sollten.

Anders als unsere  Ostfrieseninseln leben die meisten Westfriesischen nicht nur vom Tourismus, sondern auch von der Landwirtschaft. Sie sind  ja auch größer, und Teile von Ameland sind Polder mit Viehhaltung.

Mit den Fahrrädern zum Westende. Auf Ameland gibt es 4 Orte. Den Hauptort mit den 3 Buchstaben aus dem Kreuzworträtsel, Buren im Osten, Hollum und Ballum westlich.  Zu Ballum gehört der andere Hafen, von dem “der Werner” (1) sagt, er sei im Wesentlichen eine Betonplatte, auf der Sand verladen werde, der furchtbar staubt, und man solle da als Yacht nicht hineinfahren. Unser “Werner” stammt aus den 80-ern, hat aber an Aktualität zumindest für diesen Hafen nichts verloren.

Ballum Bocht

Nur das sich mittlerweile, siehe unten, die KNRM (2) dort angesiedelt hat.
In Hollum hat Sabine das “Maritime Center Abraham Fock” (3) ausfindig gemacht. Ein sehr empfehlenswertes Museum zum Thema Seenotrettung. Diese wurde hier sehr lange Zeit mit einem Rettungsboot betrieben, das mit Pferden (10) über 2 Kilometer zum Wasser gezogen werden musste. Dort wurde dann umgespannt und 8 Pferde, 4 an Backbord, 4 an Steubord, brachten den Wagen mit dem Boot dann ins Wasser.  Auch das Aufslippen auf den Wagen ging mit Pferdekraft. Die Pferde haben die Landwirte des Ortes gestellt. Das Boot und den Slipwagen gibt es noch, die bilden heute den Kern des “Maritime(n) Center”.
Noch 1978 war das Boot im Einsatz, da ist es zu einem Unfall gekommen: Wer Wagen ist in eine tiefe Stelle gesunken und hat die angeschirrten Pferde unter Wasser gezogen.

Ende der Radtour: Der Leuchtturm von Ameland. Hier saß noch lange Zeit ein Leuchtturmwärter, der auch die Einsätze der KNRM bei Einsätzen unterstützt hat. Wenn er denn gute Sicht hatte. Heute ist auch dieser Leuchtturm automatisiert und fernbedient. Und man darf auch rauf, gegen eine Obulus und z.Z. nur mit Registrierung und mit Schnutenpulli.

Hollum von oben

(1) Für ältere Nordseesegler das, was das “schlaue Buch” für Tick, Trick und Track ist.
(2) Macht in den Niederlanden das, was bei uns die DGzRS macht.
(3) Für die KNRM das, was z.B. Arwed Eminghaus für die DGzRS ist.

Leeuwarden – Harlingen

Ein schwerer Verlust für das segelnde und auch Motorboot fahrende Volk. Den Aldi in Leeuwarden, den, vor dem man direkt anlegen konnte, gibt es nicht mehr. In den Gemäuern wird jetzt nur noch Tierbedarf verkauft. Wenn man sich nicht unbedingt von Chappy ernähren will, muss man sich jetzt also etwas anderes suchen.
Leeuwarden verdient eigentlich einer eingehenden Würdigung, das haben wir schon früher mal getan, wenn auch nicht im Rahmen dieses Blogs. Den gab es damals noch nicht in dieser Form. Gleiches gilt für Harlingen. Darum hier ein paar Eindrücke von dazwischen und drum rum.

Die fiese Brücke von Leeuwarden wurde hier, und nur hier, so bezeichnet, weil sie, wenn man von Osten kommt, hinter einer engen Kurve liegt. Wenn man Glück hat, ist sie zu. Wenn man Pech hat, schiebt sich gerade ein 19m-Schiff durch und braucht genau die Stelle zu drehen, auf der man gerade aufstoppt.

Außerdem ist der Autor gerade schreibunwillig, weil nach Batteriewechsel der Tastatur sich die App, die die selbige mit dem Tablet verbinden soll, sich standhaft und bösartig weigert, die deutsche Tastenbelegung zu akzeptieren. An die Satzeichen kann man sich ja gewoehnen, aber die Umlaute sind eine Quaelerei.

Unsre Fa-ha-ha-hane nicht

“Wir sind schon der Meere so viele gezogen ..”
Über Deutschland tobt Bernd das Tief, und sorgt für Katastrophenmeldungen. Hier kommt nur der Wind an, seit gestern ist es durchgehend sehr windig, aber kaum ein Tropfen Regen ist bislang gefallen. “Eiskalte Winde” nicht, “rauhes Gesicht” schon. Raus auf See oder auch nur aufs Watt wollten wir wegen des Starkwinds nicht. Da es auch noch mindestens einen weiteren Tag so bleiben soll, haben wir uns in die friesischen Kanäle verkrochen. Wir entfernen uns von der Zee und fahren übers (Lauwers-)Meer

Nicht, dass wir nicht schon mehrfach dort gewesen wären. Ist aber auch beim n-ten Male immer noch reizvoll.

Das Restaurant am Ende des Universums
Jedes Mal ein kleines bisschen mehr ..

Und bei soviel Wind kann man, zumindest streckenweise sogar auf dem Tief segeln. Wenn auch nur mit Rollgenua, weil es zum Aufschießen zu eng ist und alle paar Kilometer eine bewegliche Brücke liegt, an der es kurze Wartezeiten gibt. Und ohne Aufschießer kriegen wir das Groß nicht runter.

Durchs Lauwersmeer und das Dokkumer Sieltief nach Dokkum. Der Ort, an dem man Bonifazius erschlagen hat.
Obwohl der Schreiber eine gesunde Abneigung gegen religiöse Eiferer und Missionare nicht leugnen kann, hat es letztlich nichts gebracht.

Dokkum

Heute sind die Dokkumer Fremden gegenüber jedenfalls deutlich toleranter und verkaufen ihnen lieber Kaffee, Kuchen und Käse.

Luftschiff

Nach dem recht harmlosen Gewitter eine ruhige Nacht, am nächsten Morgen dann ganz ruhiges Wetter – kaum Wind und diiiesig, wie der Delta-Papa sagen würde. Was an Wind da war, kam auch noch genau aus Norden, so dass wir die ganze Strecke nach Lauwersoog mit “Wind aus dem Tank” zurückgelegt haben. Dafür konnten wir dann in Lauwersoog wieder “Wind in den Tank” einfüllen. Den guten, der nicht stinkt und nicht rußt und in dem man keine Antibiotika hinzu fügen muss. Dafür allerdings zusätzliche Euros in die Tankstelle.

Lauwersmeer diiiiiesig

Nach unserer Seepocken-Entfernungs-Aktion lief Martha zwar wieder so schnell, wie sie das sollte und auch kann, allerdings mit einer deutlichen Tendenz nach Backbord. Nach längerer Diskussion haben wir uns entschieden, mal bei einer Werft oder einem Marineservice anzufragen, was es kosten würde, das Schiff aus dem Wasser zu nehmen und wieder hinein zu setzen. Eine Stunde sollte genügen, um schlau zu werden und evt. übersehene Pocken zu entfernen. Die Werft in Zoutkamp konnte das nicht, weil deren Lift zwar große Fischereifahrzeuge, aber keine kleinen Segler heben kann. Der Mast ist im Weg oder die Traverse zu tief, wie man will. Die haben uns aber den Hafen von Lauwersoog empfohlen, dort sei man auf Segler eingestellt. Die konnten das auch und waren zudem vergleichsweise günstig. Wobei wir selbst ja gar keinen Vergleich haben, wir haben das ja noch nie machen lassen. Andere freundliche Wassersportkollegen haben das so gesagt. Grob gerechnet hätte man auch mit 2 – 3 Personen dafür essen gehen können.

Luftschiff, Martha mit Mast schwebend über festem Land

Das Ergebnis war doch recht verblüffend: Ganz offensichtlich hatten wir vor Juist 97.531% der Seepocken entfernt. Das die verbleibenden 2,469 % soviel Unsinn machen können! (Bekanntlich liefern 88.54321 % aller Statistiken nicht die Genauigkeit, die sie vorgeben!)

Der Hafenmeister wird sich auch fragen: “Was wollten die Moffen eigentlich im Travellift?” Natürlich auf Niederländisch. Na ja, wir wissen jetzt jedenfalls, wie’s unten aussieht.

Für die nächsten Tage sind Gewitterböen und viel Wind angesagt. Wir bleiben noch einen Tag hier und schauen uns an, wie sich das Wetter wirklich entwickelt. Die Wetterberichte ändern sich zur Zeit stündlich, das Wetter auch. Einig sind sie sich nur darin, dass das Böse aus dem Osten kommt. So wie wir hier auch.

Lauwersoog besteht aus zwei Teilen, dem inneren mit Süßwasser, der so gut wie ausschließlich der Freizeitindustrie gewidmet ist, und dem äußeren, der einen ganz wesentlichen Teil der Niederländischen Fischereiflotte beherbergt. Der hat den Charme einer Betonplatte mit Pollern zum Anbinden von Fischereifahrzeugen. Ein paar Fischlokale, die Fähre nach Schiermonnikoog, ein Ausrüster und viele Fisch verarbeitende Betriebe. Und dann gibt’s noch die Schleuse “Robbengat” und in der Nähe die Entwässerungsschleusen des Lauwersmeers.