Luftschiff

Nach dem recht harmlosen Gewitter eine ruhige Nacht, am nächsten Morgen dann ganz ruhiges Wetter – kaum Wind und diiiesig, wie der Delta-Papa sagen würde. Was an Wind da war, kam auch noch genau aus Norden, so dass wir die ganze Strecke nach Lauwersoog mit „Wind aus dem Tank“ zurückgelegt haben. Dafür konnten wir dann in Lauwersoog wieder „Wind in den Tank“ einfüllen. Den guten, der nicht stinkt und nicht rußt und in dem man keine Antibiotika hinzu fügen muss. Dafür allerdings zusätzliche Euros in die Tankstelle.

Lauwersmeer diiiiiesig

Nach unserer Seepocken-Entfernungs-Aktion lief Martha zwar wieder so schnell, wie sie das sollte und auch kann, allerdings mit einer deutlichen Tendenz nach Backbord. Nach längerer Diskussion haben wir uns entschieden, mal bei einer Werft oder einem Marineservice anzufragen, was es kosten würde, das Schiff aus dem Wasser zu nehmen und wieder hinein zu setzen. Eine Stunde sollte genügen, um schlau zu werden und evt. übersehene Pocken zu entfernen. Die Werft in Zoutkamp konnte das nicht, weil deren Lift zwar große Fischereifahrzeuge, aber keine kleinen Segler heben kann. Der Mast ist im Weg oder die Traverse zu tief, wie man will. Die haben uns aber den Hafen von Lauwersoog empfohlen, dort sei man auf Segler eingestellt. Die konnten das auch und waren zudem vergleichsweise günstig. Wobei wir selbst ja gar keinen Vergleich haben, wir haben das ja noch nie machen lassen. Andere freundliche Wassersportkollegen haben das so gesagt. Grob gerechnet hätte man auch mit 2 – 3 Personen dafür essen gehen können.

Luftschiff, Martha mit Mast schwebend über festem Land

Das Ergebnis war doch recht verblüffend: Ganz offensichtlich hatten wir vor Juist 97.531% der Seepocken entfernt. Das die verbleibenden 2,469 % soviel Unsinn machen können! (Bekanntlich liefern 88.54321 % aller Statistiken nicht die Genauigkeit, die sie vorgeben!)

Der Hafenmeister wird sich auch fragen: „Was wollten die Moffen eigentlich im Travellift?“ Natürlich auf Niederländisch. Na ja, wir wissen jetzt jedenfalls, wie’s unten aussieht.

Für die nächsten Tage sind Gewitterböen und viel Wind angesagt. Wir bleiben noch einen Tag hier und schauen uns an, wie sich das Wetter wirklich entwickelt. Die Wetterberichte ändern sich zur Zeit stündlich, das Wetter auch. Einig sind sie sich nur darin, dass das Böse aus dem Osten kommt. So wie wir hier auch.

Lauwersoog besteht aus zwei Teilen, dem inneren mit Süßwasser, der so gut wie ausschließlich der Freizeitindustrie gewidmet ist, und dem äußeren, der einen ganz wesentlichen Teil der Niederländischen Fischereiflotte beherbergt. Der hat den Charme einer Betonplatte mit Pollern zum Anbinden von Fischereifahrzeugen. Ein paar Fischlokale, die Fähre nach Schiermonnikoog, ein Ausrüster und viele Fisch verarbeitende Betriebe. Und dann gibt’s noch die Schleuse „Robbengat“ und in der Nähe die Entwässerungsschleusen des Lauwersmeers.

Kanal voll

Die Strecke Termunterzijl Ausfahrt bis Delfzijl Hafeneinfahrt beträgt gerade mal eine Meile. Verfahren kann man sich da auch nicht. Von der Hafeneinfahrt bis zur Schleuse des Eemskanals ist es dann schon 2 1/2 Mal so weit.
Auch da kann man sich nicht verfahren.


Dann ist man immer noch nicht in Delfzijl angekommen.
Und der Eemskanaal stellt auch keine großen navigatorischen Anforderungen. Was so an Booten aus der Schleuse kommt, bleibt auch beieinander. Dafür sorgen schon die Brückenbediener. Die warten nämlich immer, bis der letze aufgeschlossen hat und lassen dann den ganzen Konvoi durch die beweglichen Brücken. Abbiegen kann man bis Groningen kaum.
Den abendlichen Stadtrundgang durch Groningen fasse ich mal kurz. Hatte einen sakralen Höhepunkt, als wir kurz vor Schließen der Tür noch in die A-Kirche zur Besichtigung eintreten durften. Ein B- oder C-Kirche gibt es aber nicht, die A war mal ein Fluss, der aber inzwischen im Groninger Kanalsystem untergegangen und nicht mehr zu erkennen ist. Sehr zu empfehlen. Dem folgte dann der profane Tiefpunkt, als wir uns, nicht zum ersten Mal im Lande von König Willem-Alexander, ungewollt und unversehens im Rotlichtviertel wiedergefunden haben.  Als wir’s gemerkt haben, waren wir auch schon mitten drin, also weiter gerade aus, an den gaanz langsam fahrenden Autos vorbei. Man sichtet das Angebot offenbar vom Wagen aus – obwohl ansonsten die Groninger Innenstadt fast vollständig autofrei ist. Umgefahren werden kann man trotzden, jetzt geht die Gefahr von den E-Bikes aus. Das Groningen-Museum haben wir wieder nicht geschafft. Am Sonntag nicht auf dem Plan gehabt, und Montags… Beim nächsten Mal besser vorbereiten!

Am nächsten Tag dann Sightseeing Groningen vom Boot aus. Das geht so: Die Staande-Mast-Route, also die ausgewiesene Strecke, auf der man als Segler mit stehendem Mast durch die ganzen Niederlande kommt, beginnt, von Osten gesehen, mit dem Eemskanaal, führt dann über die Dieps von Groningen – anderswo heißen die Grachten – zum Reitdiep und diese dann zum Lauwersmeer.
Wobei die Ortsdurchfahrt Groningen der bei weitem spannendste Teil ist.  Da kann man sich dann schon verfahren. Zwar stehen die Richtungen an kritischen Stellen auf der Kaimauer, das hilft aber nichts, wenn da ein Schiff davor liegt. Und so bin ich dann einmal falsch abgebogen, hab’s aber gleich gemerkt und hab mich hinten wider an den Konvoi angeschlossen. Shit happens.

Das Reitdiep ist so ein typisch Niederländisches Gewässer – nicht richtig Fluss, dafür strömt es zu wenig, und nicht richtig Kanal, dafür hat es zu viele Kurven. Es war ja mal ein Fluss, bevor die Schaufeln, Schubkarren und Bagger kamen.
Auch hier gilt wieder: Die Brückenbediener sorgen dafür, das der Pulk schön beieinander bleibt. Da ist der Kanal bisweilen schon ganz schön voll.

Rechts raus, Berufsschiff hat Vorfahrt

Nur die Berufschifffahrt hat Sonderrechte. Und braucht die auch bei der Enge der Kanäle.
In Zoutkamp, kurz vor Lauwersmeer, hat uns dann das Gewitter eingeholt, das schon am Morgen in Groningen „in der Luft lag“.

Nach dem Regen
Feierabend