Links ab

Noch ein Stückchen weiter von Fyrudde Richtung Norden und dann links ab. Allerdings muss man sich die Karten schon etwas länger anschauen, bis man das richtige ¨Links ab¨, und dann von den mehreren ¨Links abs¨ das Beste gefunden hat. Unseres führte unter eine Brücke hindurch, die mit 15 m Durchfahrtshöhe angegeben ist. 11m Mast + 1.20 Antenne + geschätzte 1.70 Deckshöhe gibt 13.90. Muss also passen. Passte auch, ist aber trotzdem ein komisches Gefühl, weil man aus der Froschperspektive den Abstand überhaupt nicht einschätzen kann. Mit dem inneren Ohr hab´ ich schon die Antenne am Beton kratzen hören. Mit dem äußeren aber zum Glück nicht.
Die Landschaft ändert sich, wenn man sich von der Außenkante des Schärengürtels nach innen bewegt. Die Felsen werden größer, die Wälder dichter und vereinzelt findet man Äcker, Wiesen und Vieh. Nun war Schweden ja noch nie ein Ort blühender Landwirtschaft, Schonen mal ausgenommen.
Durch den tief ins Land schneidenden Fjord/Fjärd bis nach Mem, dem Anfangs- bzw. Endpunkt des Götakanals. Für uns der Anfang, für die Kanalverwaltung offenbar der Endpunkt. Denn die Zählung der Schleusen geht von Westen nach Osten, vom Vänern zur Ostsee.

Wir sind noch kurz vor Geschäftsschluss des Kanals durch die erste – die Ersten werden die Letzten sein – Schleuse und liegen jetzt in Mem. Ob diese Schleuse jetzt typisch ist, weiß ich noch nicht. Sie ist recht klein, die Seitenwände sind nach außen gekurvt, wohl um dem Schub des Bodens besser Stand zu halten, ein Tor ist aus Holz und die Schleusung erfolgt sehr flott. Die Schütze im Tor wurden sofort bis zum Anschlag aufgerissen. Was in der Kammer ein gewisses Waschmaschinen-Gefühl erzeugt.

Das Waschmaschinengefühl

Vielleicht wollte die Meisterin der Schleuse aber auch nur endlich Feierabend haben. Sie war ja auch schon für die Mittsommernacht dekoriert.

Die Damen von der Schleuse

Was bietet Mem außer dem Kanalende? Nichts ausser Landschaft, Liegeplätze für kanalreisende Wassersportler und einem Restaurang, das aber schon am Nachmittag schließt.
Dafür gibt es aber, wir sind ja in Schweden, ein Schild, das beschreibt, dass hier die Kanaleröffnungsfete statt fand, Anno 1832. Aus den Baracken, in denen die Kanalarbeiter gelebt haben und die mit der Baustelle mitgezogen sind, wurde dann der königliche Festsaal für eben dieses Fest gebaut. Das Gebäude des Restauran{t/g}s ist eben dieser Festsaal, allerdings einmal runderneuert. Die Einwohner von Söderköping sollen massenhaft zwischen Stadt und Mem hin- und hergelaufen und auch, manche, im Vollsuff in den Kanal gefallen sein.

Ach ja, immer noch, oder schon wieder, beinahe-offline.

Taxenstand und Busbahnhof

Den eigentlichen Reiz der Schärenlandschaft kann man mit Fotos nur unvollständig wiedergeben. So ein Landschaftserlebnis ist etwas großflächig. Wir haben unseren Weg weiter durch den Schärengarten (oder -hof) genommen, auch wenn man außen, im freien Seeraum, natürlich viel schneller voran käme. So haben es z. B. unsere Stegnachbarn von gestern gemacht. Aber die wollten auch noch bis St. Petersburg und haben ein Visum, das nur für vier Wochen gilt. Und sie liegen schon zwei Wochen hinter ihrer Planung.

Innenschären

Hier in den Schären ist wirklich der Weg das Ziel. Weiter durch die Schärenlandschaft, von Västervik nach Fyrudde. So heißt der Hafen, die Ortschaft dazu heißt Gryt und ist, laut Straßenschild, 6 Km entfernt. Nach hiesigen Maßstäben also gleich nebenan. Ein paar Wohnhäuser gibt es aber auch hier. Und einen florierenden Wirtschaftszweig: Nahverkehr und Taxigewerbe. Auf dem Wasser, denn Fyrudde – das weder ein Fyr (Feuer = Leuchtfeuer) hat noch einen Udde (Kap, Spitze) ist, ist der ¨Hub¨ der umliegenden Schären. Oder eben der Taxenstand und Busbahnhof. Als wir nach erlebnis- und landschaftsreicher Fahrt hier ankamen, standen etliche Menschengruppen mit reichlich Gepäckstücken und Plastiktüten (jaja) an den Piers und Stegen und überwiegend üppig motorisierte Wassertaxis kamen und gingen.

Im Hafen ganz manierlich und auch routiniert, aber sobald, oder solang, sie außerhalb des Hafengebietes sind, wird der Hebel auf den Tisch gelegt. Was leider mit viel Lärm verbunden ist. Die vielen schwedischen Familien, die irgendwo in den Schären ihre Stuga (Ferienhaus/-hütte) haben, wollen alle bis Sonnenuntergang abgeliefert sein. Und die Ferienzeit ist nahe, noch zwei Tage bis Mittsommernacht.
Leider nähert sich unser Fahrtabschnitt durch die Ostschären schon wieder seinem Ende. Mem, wo der Götakanal beginnt, wäre von hier schon in einem Tag problemlos zu erreichen, Stockholm in drei. Visby haben wir schon gestrichen – ich war schon mal da, Sabine aber nicht.
Sabine sagt, ich hätte Götakanal geplant und soll das auch so machen und wir wüßten nicht, was uns noch auf dem Rückweg aufhalten wird. Und sie hat recht. Aber wir kommen wieder. Und dann bringen wir mehr Zeit für die Schären mit. Und auch Karten bis Stockholm. Unser derzeitiger Bestand reicht genau bis Mem, zum Ostende des Kanals. Zumindest, was die Papierfassung angeht.

Die Privatschäre der Kormorane. Hier wächst nichts mehr!

Ach ja: Fyrudde ist fast Offline: WLAN gibt’s nicht, Datendienste funktionieren bestenfalls schleppend. Darum ist dieser Text auch von gestern. Oder Vorgestern. Oder so.