Mönster und heulende Hütten

¨Es ist ja erst elf, da ist es ja noch früh am Tage!¨ So’n Quatsch, normale Arbeitnehmer bereiten sich ja schon fast seelisch auf die Mittagspause vor.
Wir kommen hier im Moment nicht raus, weil es mit der Stabilität der Atmosphäre doch nicht so weit her war.
In Bua waren wir gestern zweimal am Leuchtturm, um zu sehen, wie der Wind draußen wirklich ist. Der Hafen ist im Fjord nämlich so geschützt, dass man die wirklichen Windverhältnisse nicht abschätzen kann. Beim ersten Besuch haben wir eine auslauende Yacht (Halberg) beobachtet, die sich beim Einsetzen dauernd Wasser mit dem Bug auf Deck gelöffelt hat. Nachmittags nochmal, da ist eine (bayrisches Fabrikat) immer mit dem Vorschiff aufs Wasser geschlagen – auch nicht gut. Beide übrigens unter Motor und ohne Segel. Noch etwas gewartet und erst gegen halb vier ausgelaufen. Da ging’s, weder gelöffelt noch geklatscht, und auch mit gerefftem Groß.
Überall liegen hier Felsen im Weg, erfreulicherweise haben die Schweden viele davon mit Leuchttürmen oder Baken markiert. Einserseits gibt es wohl kaum irgendwo mehr Leuchttürme pro Quadratmeter als an den Schärenküsten, andererseits heißt ¨kein Leuchtturm¨ noch lange nicht ¨kein Felsen¨. Besonders nicht für die Kleinschifffahrt, die sich ja auch dort bewegen kann und will, wo große Schiffe nicht hinkommen.

Überhaupt hat sich mir die Verteilung der Leuchttürme nicht vollständig erschlossen. Warum, zum Beispiel, gibt es auf der winzgen Insel Nidingen nicht weniger als drei Leuchttürme, von denen anscheinend auch noch zwei völlig baugleich sind ? Natürlich leuchtet nur einer davon, was aber auch kein Beitrag zur Lösung dieses Rätsels ist.

Nidingen
Nidingen

Also von Bua bis zur Insel Malö an der Einfahrt zum Kungsbakka Fjord. Eine der Inseln, die so heißen. Angesichts der Vielzahl von Inseln, Holmen und Schären in Schweden wird der eine oder andere Name schon mal mehrfach benutzt. Sandö gibt es immer wieder, teils mit, teils ohne Sand drauf. (In Schottland, ehemaliges Kolonialgebiet der Norweger, gibt es ja auch jede Menge ‚Sanday’s)
Also Malö. Mit 5 Bft von hinten ging daß ganz flott. Mit 5 Bft von hinten zwischen die Inseln ist dann schon ein bisschen spannend. Und bis in unsere ausgeguckte Übernachtungsstelle war es dann selbst unter Motor noch interessant. Spitze zum Steg, Heck an die Boje. Unten fast Windstill, oben am Mast aber nicht: Wir haben dem einzigen anderen Boot dort eine schöne Hafenkino-Vorstellung gegeben, bis wir endlich friedlich nebeneinander lagen: Ein Däne, wir Deutschen und eine schwedische Flagge.
Mönster, Hesten Sund
Mönster, Hesten Sund

Auf der einen Seite ¨Hestholm¨, unbewohnt und trotz des Namens pferdefrei, auf der anderen ¨Mönster¨, viel Felsen und etliche der landestypischen Wochenendhäuser, in der Landessprache ¨Stuga¨.
Ganz oben auf der Felskuppe gibt es das ehemalige Lotsenhäuschen, von wo aus die Lotsen früher Ausschau nach Kundschaft gehalten haben. Sowieso schon an der höchsten Stelle, dann noch zur Verbesserung der Rundumsicht auf einem Steinhaufen, und damit das ganze nicht wegfliegt, mit Drahtseilen nach vier Seiten abgespannt. Scheint sinnvoll, wenn es hier im Sommer schon so pfeift.
Die 'heulende Hütte" von Mönster
Die ‚heulende Hütte“ von Mönster
Wir warten noch ein bisschen, vielleicht wird es ja am Nachmittag etwas ruhiger. Gestern hat das ja auch geklappt.

Stunden später: Halb fünf, und es kachelt immer noch. Und regnet jetzt auch noch. Zeitweise der Typ des „männchenmachenden“ Regens. Wenn`s so kleine Männchen gibt, da, wo die großen Tropfen auf Wasser aufschlagen.
Vielleicht geht es morgen weiter.

Seitenwechsel

Weil wir Anholt so schön fanden, haben wir uns dort noch einen Tag gegönnt. Den dann allerdings überwiegend lesend unter Deck verbracht. Anholt ist natürlich auch schön, wenn es regnet. Aber da man ja anerkanntermaßen nass wird, wenn es regnt, und man dann die Sachen unter Deck schlecht wieder trocken bekommt, habe wir das Ende des Regens lieber abgewartet. Und sind daher erst am späten Nachmittag hervor gekrochen gekommen. Hat dann nur noch für einen Gang am Weststrand – diese Insel hat eigentlich auf allen Seiten Strände – bis zum Südberg gereicht. (Anmerkung der Lektorin: Wir waren 3/4 hoch!) Und da hinauf hat dann die Kombination von Lust, Schuhwerk und Motivation nicht mehr gereicht. Ein „Berg“ ist ja auch für uns Flachländler eigentlich genug!
Heute also zur anderen Seite, zur schwedischen. Ganz undramatisch, alles unter Segeln und ohne Kreuzen.
Auf dieser Strecke, Anholt – Varberg, merkt man schon an der Landschaft, wo man ist: Anholt Sand, Varberg Felsen. Mit Leuchttürmen, Stugas (Schwedisch für Wochenendhaus ohne Strom und mit Plumsklo) und der zugehörigen rustikalen Infrastruktur.

Die ersten Westschären vor Varberg
Die ersten Westschären vor Varberg

Eben so, wie es in einem Reiseprospekt über Schweden auch stehen würde. (Das mit dem Klo steht natürlich nicht drin.)
Wenn man auf Varberg zufährt, fällt vor allem die Festung auf. Im 14. Jahrhundert gegründet, und um 1830 „aus der Liste der königlichen befestigten Orte gestrichen“. Was hieß, man durfte die Steine als Baumaterial anderweitig verwenden. Tatsächlich ist die Feste im Verhältnis zum Ort so groß, dass gar nicht auffällt, dass da etwas fehlt. Auch nachdem einiges davon Hafenmole geworden ist, ist immer noch reichlich Festung da. Und heute leben sie in friedlicher Koexistenz, der Hafen und die Festung.
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Wärend dieser Bericht zu Bildschirm gebracht wird, geht draussen gerade die Welt unter. Was wir morgen machen werden, ist vom Zustand der Atmosphäre abhängig. Und der ist im Moment hochgradig instabil – blitz, donner, schütt.