Hauptstadt-Flair

Das „komplexe Tiefdrucksystem mit mehreren Kernen“ wurde gefolgt von einem Tiefdruckgebilde, das Polly (oder Polli oder so ähnlich) benannt wurde, sich durch rasante Entwicklung und das Fehlen von Fronten auszeichnete und einigen Schaden angerichtet hat.

Die Veranstalter des Contender-Contests hatten ihre Hoffnung auf „YR.no“, die norwegische Wetterapp, gesetzt und die Segler auf die Bahn geschickt. Dort hat sie dann die Realität eingeholt und sie waren ganz schnell wieder im Hafen. Ein mir nicht näher bekannter Teilnehmen sprach: „Sind die denn verrückt, uns bei 40 Knoten auf die Bahn zu schicken?!“ (Orginalzitat, Satzzeichen vom Autor)

Am nächsten Tag war der Wind noch deutlich, aber für segelnde Senioren immerhin handhabbar. Wir haben das genutzt, um Kerteminde zu entkommen und im Schutze der Luvküste (überwiegend) nach Rudköbing zu segeln. Wer die Leiden und Freuden der jungen und alten Contenderer weiter verfolgen möchte, dem sei dieser Link empfohlen. Bilder gibt es da auch.

Rudkøbing, „Hauptstadt“ von Langeland. Zumindest die größte unter den Städten, wenn nicht die einzige, die die Bezeichnung „Stadt“ zu Recht trägt. Zu Zeiten, als der Warenverkehr noch vorzugsweise per Schiff erfolgte, sind dort etliche Hafenbecken angelegt worden. Heute gibt es die Brücke, und die Häfen haben jetzt einen morbiden Charm und viel Platz.

Die Altstadt hat etliche schöne Ecken und natürlich die unvermeidliche Fußgängerzone. Eine Kirche, der man von außen ihr wahres Alter nicht ansieht, von innen aber schon.

Reifere Herrschaften, die sich mit Physik oder Elektrotechnik beschäftigt haben, erinnern sich noch an die Einheit der magnetischen Feldstärke [Oe]. Die ist inzwischen dem SI-System zum Opfer gefallen. Der Ruhm, den Zusammenhang von Strom und Magnetfeld als erster so beschrieben zu haben, dass es auch Folgen hatte, bleibt dem größten Sohn von Rudkøbing aber.

Da Rudkøbing ja eine Hauptstadt ist, musste es auch einen Bahnhof haben. Auch wenn sich die Bahnlinien, eine nach Spodsberg und eine nach Bagenkop, wohl nicht so recht rentiert haben, der schienenlose Bahnhof existiert noch und steht etwas unmotiviert im Hafengelände herum.

Da wir nächste Woche die übernächste Generation an Bord haben, sind wir jetzt, mit Zwischenstop in Marstall, auf dem Weg nach Als. Da sollen die Kinder aufgesammelt werden.

Contender legen

Das Wetter hat sich etwas geändert: Der Wind kommt jetzt aus Südwest. Weniger ist es aber nicht geworden, im Gegenteil. Die Regenschauer verteilen sich jetzt etwas anders über die Zeit. Alles in allem so, das die normalen Freizeitsegler immer noch im Hafen bleiben und sich landgestützten Tätigkeiten widmen. Z.B. dem dänemarktypischen Krabbenrennen: Es werden Krabben gefangen und auf eine eigens dazu eingerichtete Rennbahn gesetzt, die Richtung Wasser führt. (Die einzelnen Bahnen sind abgetrennt, damit sich die wenig sozialen Tierchen nicht sehen können und aufeinander los gehen.) Dann wird der Start durch heben eines Bretts freigegeben, und wessen Krabbe zuerst ins Wasser fällt, hat gewonnen. Vorzugsweise geeignet für Mitmenschen unter ca. 14.

Direkt neben der Krabben-Rennbahn warten die Bahnmarken für die Regatta auf ihren Einsatz. Hier läuft die Contender-Weltmeisterschaft, für den heutigen Tag sind 3 Wettfahrten geplant. Dank Internet kann man sich ja gut auf dem, einigermaßen, Laufenden halten, auch wenn man für diesen Bootstyp zu alt oder zu ungeschickt oder zu unsportlich ist. (Der Autor fällt leider in alle drei Kategorien)

Bahnmarken vor ihrem Einsatz

Wir gehen mal, mit Regenkleidung und Kamera, zum Molenende. Zum neuen Molenende – der Hafen wurde im letzten Winter modernisiert und vergrößert, und statt wie bisher 2 Einfahrten hat er nur noch eine. Meine elektronische Karte weiß das schon, die aus Papier und die Handbücher wissen es noch nicht. (Manch anderer Segelkamerad schein es auch noch nicht zu wissen.)

Molenkopf Kerteminde mit Kapitänsbank und Hobby-Kommentatoren

Nun die Contender: Bei der Steuermannsbesprechung wurde offenbar etwas von viel Wind und Böen gesagt, den einer der Ersten derer, die die Hafeneinfahrt verließ, rief in uns vertrauter Mundart: „Wo ist denn der Wind, wo sind denn die Böen?“ Nun ja, erstens nahm der Wind noch langsam, aber stetig zu und zweitens war er ablandig. Da kann man sich schon mal verschätzen, lernt aber meistens schnell dazu.

Die Frage wurde recht schnell beantwortet. Ob es überhaupt zu einer Wertung gekommen ist, ist uns bislang nicht bekannt. Laut Reglement werden Contender-Regatten bei mehr als 25 Kn Wind abgebrochen. Røsnæs meldete 29 Kn, für Kerteminde liegen uns keine Messwerte vor. Aber die ersten kamen bereits wieder zurück in den Hafen, als die letzten noch beherzt hinaus fuhren.

Und auch wenn Contender richtig schnell sind, in der gefühlten Zeitspanne können sie eigentlichg nicht bis zur Bahn, eine Wettfahrt und wieder zurück gesegelt sein.