Die Dunstinsel

Es ging nicht weiter. Zumindest der Wind war so, dass man hätte segeln können. Wenn es denn wirklich notwendig gewesen wäre. Aber wir müssen keine Fracht abliefern und können kein Geld mit Segeln verdienen – im Gegenteil. Dann muss man ja nicht los, wenn es keinen Spaß macht. Und es hätte keinen Spaß gemacht. Dies hier ist ja eine Westküste, und da ist dann bei Westwind schon ein bisschem mehr los auf dem Wasser. Mit Rücksicht auf die gute Laune und das Wohlbefinden, besonders im Magenbereich, sind wir noch einen Tag in unserem Versteck hinter Malö und zwischen Hestholm und Mönster geblieben.
Heute morgen war das Wetter dann deutlich ruhiger, wenn auch in der See noch etwas Bewegung war, und wir sind weiter Richtung Norden.
Obwohl unser Liegeplatz gut geschützt war und man ihn nur erreichen kann, indem man um etliche Schären und Inselchen herum fährt und dann von Osten kommt, kann man ihn vom Sund zwischen Malö und dem Festland sehen. Was man nicht sieht, ist, dass das Wasser stellenweise so flach ist, da noch nicht einmal die Wellen durchkommen.
Siehe Bild oben.
Heute also Richtung Göteborg, mit Westwind. War, für unsere Verhältnisse, richtig schnelles Segeln. Fast durchgehend 6 Knoten und mehr bis zur Einfahrt in den Göteborger Schärengürtel.

Einfahrt in die Göteborger Schären
Einfahrt in die Göteborger Schären

Den Schärengürtel darf man sich nicht so vorstellen, dass es da nur einsame Schären gäbe. Den größten Teil der Landfläche machen recht große und auch dicht besiedelte Inseln aus. Die meisten sind durch Fährlinien, stellenweise auch durch Brücken, miteinander verbunden und gehören schon zum Randbereich der Großstadt Göteborg.
So auch Donsö, wo wir zur Zeit liegen. Der örtliche Prospekt legt Wert auf die Feststellung, das Donsö schon wichtig war als es Göteborg noch gar nicht gab. Was ja auch nicht verwunderlich ist, Göteborg ist ja eine Gründung aus dem 17. Jahrhundert und damit für eine so große Stadt relativ jung, für europäische Verhältnisse.
Donsö ist über eine Fähre an das Göteborger Straßenbahnnetz angeschlossen. Wir werden das morgen mal nutzen, unser Boot hier lassen und mit ¨Öffies¨ in die große Stadt fahren.
Donsö – der Name soll von Dunst abgeleitet sein, also die Dunstinsel – hat, wie sich das für eine ordentliche Insel gehört, ein paar Besonderheiten. Es ist die am meisten ¨industrialisierte¨ Insel in dieser Gegend. Wobei die Industrie wohl im wesentlichen aus Reedereien besteht. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der schwedischen Handelsflotte wird von hier aus bereedert. Wobei alle diese Tanker etc. Donsö natürlich nie anlaufen können. Dazu ist der Hafen zu klein
und sind die Fahrwasser zu eng.
So findet man denn im Hafen viele Sportboote, wenige Fischer und etliche große Trawler, die so sauber und aufgeräumt aussehen, dass man annehmen kann: Die sind zum Verkauf hübsch gemacht.
Donsö Hafen
Donsö Hafen

Ich finde die Mischung nicht schlecht: Man hat zumindest optisch nicht den Eindruck, im Yachtie-Ghetto zu liegen.
Weitere Besonderheiten der Insel: Mit maritimen Motiven bemalte Briefkästen an manchen Häusern. Keine, oder fast keine normalen Autos, dafür viele umgebaute Golf-Karts und viele dieser landestypischen Verkehrsmittel, deren Name ich nicht weiß: Dreirad, hinten Moped und vorne eine Ladefläche, die ggf. auch zum Personentransport genutzt wird. Wir nennen sie die rasenden Tablets, obwohl das vermutlich nicht die korrekte Bezeichnung in Schweden ist. Jedenfalls sind sie für die engen Straßen hier besser geeignet als normale Autos, von den heute überall zu findenden Blechblasen ganz zu schweigen.
Plan für Morgen: Siehe oben, in die Stadt, uns fehlt noch ein Hafenführer für die nördliche Hälfte des Reviers. Und den sollte es dort wohl geben. Und ohne das südliche Gegenstück hätten wir den Platz von vorgestern/gestern sicher nicht gefunden. Und die Lebenmittelvorräte sind mittlerweile auch schon ein wenig dezimiert.

PS: Der Autor dankt hiermit nochmal all denen, die ihn heute angemails, -smsst oder -gerufen haben.

Mönster und heulende Hütten

¨Es ist ja erst elf, da ist es ja noch früh am Tage!¨ So’n Quatsch, normale Arbeitnehmer bereiten sich ja schon fast seelisch auf die Mittagspause vor.
Wir kommen hier im Moment nicht raus, weil es mit der Stabilität der Atmosphäre doch nicht so weit her war.
In Bua waren wir gestern zweimal am Leuchtturm, um zu sehen, wie der Wind draußen wirklich ist. Der Hafen ist im Fjord nämlich so geschützt, dass man die wirklichen Windverhältnisse nicht abschätzen kann. Beim ersten Besuch haben wir eine auslauende Yacht (Halberg) beobachtet, die sich beim Einsetzen dauernd Wasser mit dem Bug auf Deck gelöffelt hat. Nachmittags nochmal, da ist eine (bayrisches Fabrikat) immer mit dem Vorschiff aufs Wasser geschlagen – auch nicht gut. Beide übrigens unter Motor und ohne Segel. Noch etwas gewartet und erst gegen halb vier ausgelaufen. Da ging’s, weder gelöffelt noch geklatscht, und auch mit gerefftem Groß.
Überall liegen hier Felsen im Weg, erfreulicherweise haben die Schweden viele davon mit Leuchttürmen oder Baken markiert. Einserseits gibt es wohl kaum irgendwo mehr Leuchttürme pro Quadratmeter als an den Schärenküsten, andererseits heißt ¨kein Leuchtturm¨ noch lange nicht ¨kein Felsen¨. Besonders nicht für die Kleinschifffahrt, die sich ja auch dort bewegen kann und will, wo große Schiffe nicht hinkommen.

Überhaupt hat sich mir die Verteilung der Leuchttürme nicht vollständig erschlossen. Warum, zum Beispiel, gibt es auf der winzgen Insel Nidingen nicht weniger als drei Leuchttürme, von denen anscheinend auch noch zwei völlig baugleich sind ? Natürlich leuchtet nur einer davon, was aber auch kein Beitrag zur Lösung dieses Rätsels ist.

Nidingen
Nidingen

Also von Bua bis zur Insel Malö an der Einfahrt zum Kungsbakka Fjord. Eine der Inseln, die so heißen. Angesichts der Vielzahl von Inseln, Holmen und Schären in Schweden wird der eine oder andere Name schon mal mehrfach benutzt. Sandö gibt es immer wieder, teils mit, teils ohne Sand drauf. (In Schottland, ehemaliges Kolonialgebiet der Norweger, gibt es ja auch jede Menge ‚Sanday’s)
Also Malö. Mit 5 Bft von hinten ging daß ganz flott. Mit 5 Bft von hinten zwischen die Inseln ist dann schon ein bisschen spannend. Und bis in unsere ausgeguckte Übernachtungsstelle war es dann selbst unter Motor noch interessant. Spitze zum Steg, Heck an die Boje. Unten fast Windstill, oben am Mast aber nicht: Wir haben dem einzigen anderen Boot dort eine schöne Hafenkino-Vorstellung gegeben, bis wir endlich friedlich nebeneinander lagen: Ein Däne, wir Deutschen und eine schwedische Flagge.
Mönster, Hesten Sund
Mönster, Hesten Sund

Auf der einen Seite ¨Hestholm¨, unbewohnt und trotz des Namens pferdefrei, auf der anderen ¨Mönster¨, viel Felsen und etliche der landestypischen Wochenendhäuser, in der Landessprache ¨Stuga¨.
Ganz oben auf der Felskuppe gibt es das ehemalige Lotsenhäuschen, von wo aus die Lotsen früher Ausschau nach Kundschaft gehalten haben. Sowieso schon an der höchsten Stelle, dann noch zur Verbesserung der Rundumsicht auf einem Steinhaufen, und damit das ganze nicht wegfliegt, mit Drahtseilen nach vier Seiten abgespannt. Scheint sinnvoll, wenn es hier im Sommer schon so pfeift.
Die 'heulende Hütte" von Mönster
Die ‚heulende Hütte“ von Mönster
Wir warten noch ein bisschen, vielleicht wird es ja am Nachmittag etwas ruhiger. Gestern hat das ja auch geklappt.

Stunden später: Halb fünf, und es kachelt immer noch. Und regnet jetzt auch noch. Zeitweise der Typ des „männchenmachenden“ Regens. Wenn`s so kleine Männchen gibt, da, wo die großen Tropfen auf Wasser aufschlagen.
Vielleicht geht es morgen weiter.