Noch idyller

Die Hitzewelle hat nun auch Schweden erreicht. Solange man auf dem Wasser ist, stört das aber nicht.
Sandvik hatten wir als Tagesziel ausgesucht, weil es etwa die richtige Entfernung für die ungünstigen Windverthältnisse war – wir haben nach wie vor Südwind, und davon meist recht wenig, nur am Nachmittag legt es manchmal zu. Zudem wird von allen Quellen die Richtung vorausgesagt, aber selten die richtige Stärke. Das kann aber auch an den meteorologischen Besonderheiten des langen, schmalen Kalmar-Sundes liegen.
Sandvik soll ein paar Raukar haben. Stand zu lesen. War auch ein Grund, da mal hin zu fahren. Leider stand nicht drin, dass sie 18 Km vom Hafen entfernt stehen. Und 18 Km bei Sommerhitze über das fast baum- und schattenlose Alvar, und dann gegen den Wind wieder zurück? Kann man, muss man aber nicht.
So blieb es bei Sandvik: Entgegen dem Namen gibt es da viel Kalkstein, aber wenig Sand. Der Strand besteht aus Steinen, von denen der kleinste etwa faustgroß ist. Was bei uns kaum als Kies durchgehen würde. Dann gibt es noch eine flügellose Windmühle, jetzt Restaurant, die für sich in Anspruch nimmt, die größte Nordeuropas zu sein. Ein Holländer auf der Insel der tausend Bockmühlen.

Größte Nordeuropas?


Früher wurde der Kalkstein, der auf Öland gebrochen und verkauft wurde, in Sandvik aufbereitet. Reste ein Kalksteinschleif- und -poliermaschine sind noch zu sehen, samt Resten der dazu gehörigen Dampfmaschine. Ordentlich erklärtdurch ein Schild, wie es sich hierzulange gehört

Kalksteinpolierset Anno 1897

Nächster Tag: Noch einmal in die Schären: Pataholm. (Der zweite Vorsitzende wird wieder wissen, wo das ist, oder?)
Wenn Påskallavik schon Idyll war, hier ist es noch idyller. Der Hafen liegt weit vom Ort und ist winzig. Der Ort selbst hat im 19 Jhdt. eine kurze Blütezeit als Bad gehabt und ist dann so geblieben. Verschlafen, idyllisch, und ein paar Teile stehen unter Denkmalschutz.


Påskallavik die Zweite

Die Schweden haben die schöne Angewohnheit, alles, was ihnen zu einem Ort wissenswert erscheint, auf Schildern und Zetteln auszuhängen. So konnten wir noch etwas mehr zum Ort erfahren. 1688 hat hier, in der Einöde, jemand ein Gasthaus aufgemacht. Wo sich offenbar alsbald Fischer, Bauern, Holzfäller etc. eingefunden haben.

Kneipe (Nachfolgebau)

Was nicht nur der Geselligkeit, sondern auch dem lokalen Handel diente. Was wiederum einen Herrn Callerström/Kallerström motivierte, durch Errichten eines Lagerhauses mit zu verdienen. So entstanden hier im Laufe der Zeit ein Ort, ein Hafen und eine Straße, die Kneipe und Lagerhaus verbanden.

Der Hafen wurde zeitweise sogar von vergleichsweise großen Schiffen angelaufen, die ihn mit Kalmar, Vestervik und Öland verbanden. Das ist aber vorbei.

Lagerhaus

Wo ein Ort aus einer Kneipe entstanden ist, muss man sich natürlich Sorgen um das Seelenheit der Verirrten machen. Es gibt hier nicht nur eine schwedisch/lutherische Kirche, die Eifrigen kommen hier sogar mit dem Schiff her und versuchen, durch Gesänge (ganz ordentlicher Satzgesang), pastorale und/oder missionarische Worte (zum Glück für uns unverständlich) und seltsame körperliche Übungen in biblisch gemeinten Gewändern, incl. alttestamentarischen Kopftuch, die verirrten Schäfchen auf den rechten Weg zu führen. Und die kommen extra mit einem zweimastigen Segelschiff her, das für hiesige Verhältnisse eine beträchtliche Größe hat. (Woher haben die Verwirrten nur das Geld, das Ding zu betreiben?)

Missionsschiff

(Der Autor hält es mit Doug Adams: „Ich interessiere mich für alles, was mit Religion zu tun hat. Aber ich wundere mich, wie ansonsten normale Menschen das Zeug ernst nehmen können.)