Zurück zum Kontinent

Das westliche Ende der englischen Südküste heißt ¨Land’s End¨. Inkonsequenter Weise heißt das Ostende aber nicht ¨Land’s Beginning¨, sondern schlicht ¨South Forlands¨. Das letzte, was wir von der großen Insel aus der Nähe gesehen haben. Dover – Dunkerque mit Westwind und so, das wir den Strom fast die ganze Zeit Richtung Osten hatten. Das heißt zwar, das wir erst nach Mittag ablegen konnten und entsprechend spät angekommen sind. Aber da man beim Queren des Verkehrstrennungsgebietes ja den Kurs nicht frei wählen kann, ist es am einfachsten, sich vom Tidenstrom so weit wie möglich in der gewünschten Richtung versetzen zu lassen. In einer langen, eleganten Kurve Richtung Dünkirchen, den Bug dabei immer schön auf 131°. So ungefähr jedenfalls, auf ein Grad genau kriegt man das ja nicht hin.

South Forelands
South Forelands

Dunkerque/Dünkirchen/Duinkerk ist ja durch die Ereignisse im 2. Weltkrieg hinreichend bekannt. Sollte da noch eine Bildungslücke bestanden haben, ist die mit Sicherheit beseitigt, wenn man vorher, wie wir, auf Dover Castle war. Von dort aus wurde damals die Evakuierung organisiert und geleitet. Was man den Besuchern in eine Ausstellung vermittelt, plus Schildern an allen Orten, die damals eine Rolle gespielt haben.
In Dünkirchen auch. Schilder, die die Ereignisse von 1940 beschreiben, gibt es auch hier zahlreich. Dünkirchen ist zwar eine alte Stadt, aber eine geschlossene Altstadt hat sich nicht erhalten. Einige Bauten gibt es, wie z.B. der ¨Tour du Leughenaer¨. Ein ehemaliger Wehr- und späterer Leuchtturm. ¨Leughenaer¨ kommt von Lügner.
Überhaupt sind hier Ortsnamen von urfranzösischen Begriffen wie Coudekerk, Bourgh, Rosendael geprägt. Die Gegend hier wurde erst von 14. Ludwig, dem, der der Staat war, den Niederländern abgenommen. Oder richtiger, den Spaniern, die damals in den Niederlanden das Sagen hatten. So heißt sie denn auch französisch Flandern.
Wenn’s Flandern ist, muss es natürlich auch in jeder Stadt einen Belfried geben. Gilt auch für Dünkirchen. Sogar zwei: Einen am Rathaus und einen an der größten Kirche, Saint Eloi. Der war mal der Kirchturm, aber da die Kirche bei einem der zahlreichen Kriege, die Dünkirchen auch früher schon überstehen musste, abgebrannt ist und dann aus Geldmangel kleiner wieder aufgebaut wurde, steht er heute frei.

Und offensichtlich auch stabil. Was verwundert, wenn man hört, das die Fundamente nur 1.70 tief gehen. Das haben wir erst gelesen, als wir oben drauf standen. Aber er hat ja die letzten 800 Jahre gehalten, trotz dürftiger Fundamente, Sandgrund und reichlich Glocken oben drauf. Inklusive Carillon, das aber nicht gespielt wurde als wir da waren.

Carillon Dunkerque
Carillon Dunkerque

Bergues, 11Km südlich von Dunkerque, hatte man ein wenig vergessen.
Dunkerque hatte ihm als Hafen den Rang abgelaufen. Unter dem Sonnenkönig befestigt, aber ansonsten nett, aber verschlafen.

Bergues, Befestigung (Vauban)
Bergues, Befestigung (Vauban)

Bis die Filmleute kamen und den Film drehten, der auf Deutsch ¨Willkommen bei den Schti¨ heißt. Wobei es auch nicht stört, das die ¨Ch’ti¨ ein paar Kilometer weiter westlich zu Hause sind, hier ist ja, s.o., französisch Flandern. Der Gastronomie und der Andenkenindustrie von Bergues hat es jedenfalls Auftrieb gegeben. Und als ¨Ch’ti¨-Tourist kann ich bestätigen, die Stadt wirkt wirklich so wie im Film. Und hat sogar mehr interessante Ecken, als der Film zeigt.

Bergues
Bergues

Das Carillon wurde gespielt, alle Viertelstunde einmal.
Die Terrasse am Kanal, in die der Held betrunken hineinrasselt, haben wir nicht gefunden.

Morgen weiter nach Osten, in’s belgische Flandern.

Autor: cord

Hat mal Physik studiert, aber fast alles wieder vergessen. Hat jetzt altersbedingt viel Freizeit und segelt gerne. Oder macht Musik. Verheiratet, zwei erwachsene Kinder. Und inzwischen zwei Enkelkinder.