Påskallavik

Wenn kein Wind ist, kann man ja wenigstens spät aufstehen. Wir hatten uns als Ziel eine Ankerbucht auf Runnö ausgeguckt, alternativ den nahe davon gelegenen Hafen von Påskallavik. Der Kurs führt vorbei an Oskarshamn, so dass man den Kurs der Fähren von und nach Gotland queren muss. Nicht unspannend, wenn die mit 15 kn auf einen zu kommen und dabei, der Felsen wegen, die eine oder andere Kursänderung vornehmen.

Die Bucht auf Runnö ist klein und war voll, zumindest sah das so aus, als wir näher kamen. So sind wir jetzt in Påskallavik.
Die Zufahrt  hier ist auch nicht unspannend. Je weiter man nach Süden kommt, desto niedriger werden die Schären. Was der Landschaft etwas die Dramatik nimmt, der Navigation aber nicht. Weil Felsen dicht unter der Wasseroberfläche die Navigation ja durchaus interessant gestalten können. Ein Kartenpotter ist da schon sehr hilfreich.
Durch das Gewirr der Felsen hier führen sogar 3 betonnte Fahrwasser, nach Norden, Osten und Süden, so ganz grob.

Felsen, sichtbare und unsichtbare

Påskallavik selbst ist hübsch anzusehen, hat für schwedische Verhältnisse eine relativ geschlossene Bebauung, ein landestypisch riesige Gesamtfläche, den Hafen, eine Kirche und ein Steinmetzmuseum. Letzteres haben wir ausgelassen.

Und zwei aufgegebene Lotsenstationen. Die eine im Ort, da ist jetzt ein Schnellimbiß drin, der, wundert euch, liebe Bigband-Kollegen, “Walle” heißt.

Der Gästehafen
“Walle”

Die andere als Insel mitten im Kalmar-Sund, da ist jetzt ein Hotel drin. Das haben wir auf der Hinreise zwar gesehen, aber nicht gewusst, dass es zu Påskallavik gehört. Was uns allerdings auch nichts genützt hätte.
Für morgen ist wieder wenig Wind angesagt, der dafür aber von vorn. Wir haben die Planung dem angepasst.

PS: Zum Bild an Anfang dieses Beitrags: Das Männeken auf der Schäre ist sogar als “Skulptur” in der Seekarte vermerkt!

Verwinkelt

Von Idö nach Figeholm. Erstens liegt man in Figeholm sehr schön, zweitens ist es nicht weit zum gut sortierten Supermarkt. Auch die Entfernung mit etwa 20 Meilen kommt so hin, mehr schafft man nicht stressfrei in den Schären. Das war leider eine Fehleinschätzung: 20 Meilen sind manchmal zuviel. Auch weil der Wind unstet und böig war und wir einen guten Teil der Zeit mit Reff unterwegs waren. In den Schären in einer Böe einen Sonnenschuss zu riskieren kann ja auch ins Auge gehen.

So haben wir unterwegs den Plan geändert und Figeholm durch ein Nebenfahrwasser und unter Motor angelaufen. Das Nebenfahrwasser beginnt, in unserer Fahrtrichtung betrachtet, am Kernkraftwerk. Das ist ein ganzes Stück vom Ort entfernt und stört die Idylle nicht, man kann es vom Ort aus nicht sehen. Schwedische Orte haben oft wenige Einwohner, aber viele Quadratkilometer. Figeholm bildet da keine Ausnahme.

Das Fahrwasser gehört zu den engsten und unübersichtlichsten, die wir je befahren haben. Wir von der Nordsee sind ja gewohnt, dass auf einer Seite die grünen, auf der anderen Seite die roten Tonnen stehen, dazwischen ist das Fahrwasser.
Hier wird das etwas anders gehandhabt: Laterale Tonnen zeigen an, dass sich in der Nähe des Fahrwassers etwas befindet, was man nicht sieht, aber deutlich hört, wenn man dagegen fährt. Was man sehen kann, wird nicht markiert.

Kann man sehen, nicht markiert


Dieses System führt dazu, dass man schon um den einen oder anderen Felsen herum fahren muss, um zu sehen, wo das Fahrwasser weiter geht.

Kann man nicht sehen, markiert

Wir haben noch einen Hafentag eingelegt und die radfahrerischen Möglichkeiten in der anderen Richtung erkundet. Z.B. bei “Skurö Gardsmejeri & Butik” Käse kaufen. Sehr ländlich. Nach Oskarshamn müssen wir nicht unbedingt nochmal mit dem Rad.

Step by Step

Gryts Varv. Mit angeschlossener Marina, Restaurang und Konferenzzentrum. Und einem kleinen Gästehafen. Einen Ort Gryt gibt es auch, zumindest auf der Karte. In der freien Natur sind schwedische Streusiedlungen manchmal so gestreut, dass man sie kaum findet. Zu Gryt gehört auch Fyrudden, das findet man schon eher. Der Wind wurde leider so böig, dass wir auf Naturhäfen verzichtet haben und einen “richtigen” Hafen angelaufen haben. Eben Gryts Varv. (Habe es nachgeschlagen: Gryt heißt Grotte. Warum eine Werft so heißt, bleibt uns etwas unklar.)


Der nächste Tag sollte wieder ein Naturhafentag werden. Die Böen hatten nachgelassen und die Wetterberichte hatten weitere Beruhigung angekündigt. Wir hatten uns 3 mögliche Naturhäfen ausgeguckt: Lotsskackelhamn, Karö Båtsviken und Karö Kungshamn. Die Bucht mit dem lustigen Namen war die schönste, aber so eng, dass zum Ankern mit Schwoien kein Platz blieb. Und die Plätze an den Felsen, mit Ring vorn und Anker hinten, waren alle schon besetzt. Båtsviken sah gut aus, nur hielt der Anker nicht. Der CQR(1) kam wegen des Bewuchses gar nicht bis auf den Grund, unser Stockanker war den Böen nicht gewachsen. Offenbar war das Sediment zu weich für seine kleinen Hände. Kungshamn war dann in Ordnung, Platz genug, Landschaft mehr als genug und der Grund fest genug.


Nächster Halt Idö. Idö liegt vor Vestervik, scheint ein beliebtes Ausflugsziel zu sein (mit Restaurant und Konferenzzentrum) und hat einen kleinen, relativ einfachen Yachthafen. Allerdings hat der einen kleinen Nachteil: Der Schwell von Motorbooten, die hier vorbei fahren, rührt den Hafen von Zeit zu Zeit heftig durch. Aber des Nachts werden ja wohl keine kommen.
Außer viel Gegend und der drittbesten Mittsommerfeier der Gegend (laut Hafenmeister Oskarshamn) gibt es hier noch eine aufgegebene Lotsenstation. Der Weg dorthin ist beschildert, und man findet ein Gebäude mit hohem Holzturm und dem zurückgelassenen Inventar einschließlich zweier Wählscheibentelefone und eines Radargerätes. So, als wäre der letzte Lotse vor 50 oder 60 Jahren gegangen und hätte vergessen, abzuschließen. Vielleicht war es auch so.


(1) CQR ist ein Ankertyp. Das Wortspiel soll englisch “secure” ergeben, was er aber auf vielen Ankergründen nicht einlösen kann. Besonders nicht auf verkrautetem Untergrund.

Raue Sitten

Broken ist für Nyköping ungefähr das, was Fifång für Södertälje ist: Die Insel vor der Tür, die vom örtlichen Segelverein, oder einem derer, “bewirtschaftet” wird. Allerdings ist Broken wesentlich kleiner und die Anzahl der Besucher wesentlich größer.

Nyköping musste sein, denn an Bord wurden nicht nur Obst und Gemüse, Brot und Käse, sondern auch Trinkwasser langsam knapp. Diesel ging noch so. Die Waschmaschine rief deutlich nach uns.
Nyköping (gesprochen -schöping) bezeichnet sich auch als Schwedens zweite Hauptstadt, was historisch vielleicht eine gewisse Berechtigung hat, im Stadtbild aber nicht in Erscheinung tritt. Das wirkt eher verschlafen als städtisch oder gar hauptstädtisch. Gegen Nyköping ist Bremen geradezu eine Metropole. Bedeutung hatte es wohl im Mittelalter und der frühen Neuzeit. Und berüchtigt ist es durch das Nyköpinger Gastmahl, das 1317 der damalige König Magnus Birgersson seinen Brüdern gab, um sie anschließend einzukerkern und verhungern zu lassen. Was wohl schon im 14. Jahrhundert als rüde galt. Die beiden Brüder hatten ihn allerdings vorher auch schon bekriegt und hinter Gitter gebracht, aber trotzden, sowas tut man doch nicht. Auch wenn man sich Verwandte nicht aussuchen kann.
Die Burg, wo all das geschah, gibt es noch, auch wenn das meiste davon erst unter Gustav Adolf gebaut wurde – der mit der Wasa – und der heutige Zustand zu großen Teilen auf Rekonstruktionen des 19. Jhdt. beruht. Das ist aber bei uns bei vielen historischen Bauwerken auch so.


Von Nyköping führte uns unser Weg nach Arkösund. Einfach deshalb, weil es eine angenehme Tagesetappe durch die Schären entfernt liegt und wir wegen der unsicheren Wetterlage keinen Naturhafen anlaufen wollten. (Jetzt sind wir da und die Böenwarnungen wurden inzwischen deutlich entschärft. Aber so ist das eben mit Wettervorhersagen.)

Arkösund ist sowas wie ein Badeort, hat eine schöne Küstenlinie, liegt am Festland und hatte früher eine Bahnverbindung. Was den Tourismus hier aufblühen lies. Heute ist die Bahn weg, ein Lokschuppen steht noch und wurde umgewidmet, der Tourismus ist geblieben. Hier gibt’s einiges an Trubel – zumindest für schwedische Verhältnisse.


PS: Jetzt grummelt hier doch ein  Gewitter.

Fifång

Fifång ist eine kleine Insel vor dem Ausgang des Hallsfjärd(en) in die Ostsee. Halsfjärden ist das, was Södertälje bzw. den Södertäljekanal mit der Ostsee verbindet. Die schwedischen Fjorde heißen meistens Fjerde.

Obwohl sie zu Södertälje gehört und damit ja noch im Einzugsbereich der Millionenstadt Stockholm liegt (Fahrzeit S-Bahn Södertälje – Stockholm Centralen: 21 Minuten), ist Fifång etwas, was man zu Recht als kleines Paradies bezeichnen könnte, wäre der Begriff nicht so abgedroschen.

Der größte Teil der Insel ist mit naturnah belassenem Wald bedeckt. Die ganze Insel ist Naturschutzgebiet.

Feste Einwohner scheint es nicht mehr zu geben, man sieht aber das Landschaftspflege betrieben wird. In der Mitte gibt es einen Hof und Wiesen, die offensichtlich auch gemäht werden.

Spuren der Vergangenheit

Schilder weisen die Besucher darauf hin, dass sie Hunde an die Leine nehmen und die Kühe nicht ärgern sollen.Wir haben tatsächlich deutliche Spuren von Kühen gesehen, sowohl Hufabdrücke mit den entsprechenden Flurschäden als auch das, was eine Kuh so in der Landschaft hinterlässt. Und dann irgendwann auch zwei Tiere in nicht unbedingt in kuhtypischer Umgebung.
<Bild Kühe>

Den Besuchern, vermutlich alles “boat people”, wird einfache, aber hinreichende Infrastruktur geboten. Und die Besucher verhalten sich offenbar so, wie das kleine Paradies es erfordert.

Wanderwege sind ausgezeichnet, es gibt sanitäre Anlagen, Stege, Ankerplätze und Anlegestellen am Felsen und einen Spielplatz. Was es nicht gibt, ist Frischwasser. Das muss man selber mitbringen. Und ab und zu kommt der Eismann vorbei.

Der Eismann kommt

Für Gesche: 58° 50,3 N   17° 42,9  E