Kanal voll

Die Strecke Termunterzijl Ausfahrt bis Delfzijl Hafeneinfahrt beträgt gerade mal eine Meile. Verfahren kann man sich da auch nicht. Von der Hafeneinfahrt bis zur Schleuse des Eemskanals ist es dann schon 2 1/2 Mal so weit.
Auch da kann man sich nicht verfahren.


Dann ist man immer noch nicht in Delfzijl angekommen.
Und der Eemskanaal stellt auch keine großen navigatorischen Anforderungen. Was so an Booten aus der Schleuse kommt, bleibt auch beieinander. Dafür sorgen schon die Brückenbediener. Die warten nämlich immer, bis der letze aufgeschlossen hat und lassen dann den ganzen Konvoi durch die beweglichen Brücken. Abbiegen kann man bis Groningen kaum.
Den abendlichen Stadtrundgang durch Groningen fasse ich mal kurz. Hatte einen sakralen Höhepunkt, als wir kurz vor Schließen der Tür noch in die A-Kirche zur Besichtigung eintreten durften. Ein B- oder C-Kirche gibt es aber nicht, die A war mal ein Fluss, der aber inzwischen im Groninger Kanalsystem untergegangen und nicht mehr zu erkennen ist. Sehr zu empfehlen. Dem folgte dann der profane Tiefpunkt, als wir uns, nicht zum ersten Mal im Lande von König Willem-Alexander, ungewollt und unversehens im Rotlichtviertel wiedergefunden haben.  Als wir’s gemerkt haben, waren wir auch schon mitten drin, also weiter gerade aus, an den gaanz langsam fahrenden Autos vorbei. Man sichtet das Angebot offenbar vom Wagen aus – obwohl ansonsten die Groninger Innenstadt fast vollständig autofrei ist. Umgefahren werden kann man trotzden, jetzt geht die Gefahr von den E-Bikes aus. Das Groningen-Museum haben wir wieder nicht geschafft. Am Sonntag nicht auf dem Plan gehabt, und Montags… Beim nächsten Mal besser vorbereiten!

Am nächsten Tag dann Sightseeing Groningen vom Boot aus. Das geht so: Die Staande-Mast-Route, also die ausgewiesene Strecke, auf der man als Segler mit stehendem Mast durch die ganzen Niederlande kommt, beginnt, von Osten gesehen, mit dem Eemskanaal, führt dann über die Dieps von Groningen – anderswo heißen die Grachten – zum Reitdiep und diese dann zum Lauwersmeer.
Wobei die Ortsdurchfahrt Groningen der bei weitem spannendste Teil ist.  Da kann man sich dann schon verfahren. Zwar stehen die Richtungen an kritischen Stellen auf der Kaimauer, das hilft aber nichts, wenn da ein Schiff davor liegt. Und so bin ich dann einmal falsch abgebogen, hab’s aber gleich gemerkt und hab mich hinten wider an den Konvoi angeschlossen. Shit happens.

Das Reitdiep ist so ein typisch Niederländisches Gewässer – nicht richtig Fluss, dafür strömt es zu wenig, und nicht richtig Kanal, dafür hat es zu viele Kurven. Es war ja mal ein Fluss, bevor die Schaufeln, Schubkarren und Bagger kamen.
Auch hier gilt wieder: Die Brückenbediener sorgen dafür, das der Pulk schön beieinander bleibt. Da ist der Kanal bisweilen schon ganz schön voll.

Rechts raus, Berufsschiff hat Vorfahrt

Nur die Berufschifffahrt hat Sonderrechte. Und braucht die auch bei der Enge der Kanäle.
In Zoutkamp, kurz vor Lauwersmeer, hat uns dann das Gewitter eingeholt, das schon am Morgen in Groningen “in der Luft lag”.

Nach dem Regen
Feierabend

Grenzüberschreitung

Wind schwach umlaufend. Hochwasser gegen Mittag. Von Juist nach Westen geht nicht, da man in die Häfen der erreichbaren westfriesischen Inseln bei Niedrigwasser nicht rein kommt, nach Schiermonnikoog sogar nur gegen Hochwasser. Also neuer Plan: Eine Nacht Greetsiel, dann weiter, bei Delfzijl in die niederländischen Kanäle und dann bei Lauwersoog wieder raus. Dann passt die Tide auch wieder besser.
Greetsiel war nur mittelschön, weil dort “Kutterfest” war. Was heißt, das sich eine Gruppe oder auch, nacheinander, mehrere Gruppen von Gästen bis zum Augenstillstand haben volllaufen lassen. Was uns egal sein könnte. Aber leider haben sie das auch akustisch untermalt mit der Art von deutschsprachigem Liedgut, das man nur sturzbetrunken oder im Zustand hochgradiger Verblödung über sich ergehen lassen sollte. Oder als Kuh. Und das mit einer solchen Lautstärke, dass man der Beschallung nirgendwo entgehen konnte. Dafür aber bis spät in die Nacht. Rythmisch sehr prägnant: Bumm-Bumm-Bumm-Bumm – nächstes Werk: Bumm-Bumm-Bumm-Bumm. Steigerung der Komplexität: Bumm-Bumm-Bummdibumm-Bumm. Kissen über die Ohren und versuchen einzuschlafen.
  Am nächsten Morgen war es dann sehr ruhig. Wir meinen, dass es einigen Gästen vielleich auch nicht gut ging. Könnte ja sein.

Die Schleuse Leysiel funktioniert nur bei bestimmten Wasserständen. Daher Betriebsaufnahme heute um 8:45 Uhr. Wir waren rechtzeitig da und konnten zusehen, wie das sandige Wasser der Nordsee oder des Watts oder der Osterems, wie man will, sich in das Moorwasser in der Schleuse geschoben hat. Sieht man ja auch selten so schön, musste dokumentiert werden.

Wattwasser und Moorwasser

Zur Fahrt Greetsiel-Delfzijl gibt es wenig zu berichten, fast alles unter Motor. Wie schon geschrieben: Schwach umlaufend.


Knapp vor der Delfzijler Hafeneinfahrt haben wir dann noch den Plan geändert: Termunterzijl statt Delfzijl – die beiden Einfahrten liegen dicht nebeneinander, und in Termunterzijl waren wir bislang noch nie.
Befund: Wir werden es in unsere Liste der sehenswerten kleinen Sielhäfen aufnehmen.
Zum sehr kleinen Ort Termunterzijl gehört auch ein Ort Termunten, der noch kleiner ist. Eigentlich gehen die beiden  ineinander über und sind Ortsteile von Delfzijl. Termunten hat seine große Zeit wohl schon vor einigen Jahrhunderten gehabt. Heute haben beide Orte zusammen nur einige wenige hundert Einwohner. Termunten hat eine Kirche, die seltsam unproportioniert ist, sehr hoch und sehr kurz, aus Ziegeln und im mehr oder minder gotischen Stil. Wie man den aufgestellten Schildern entnehmen kann, ist sie mehrfach zurückgebaut worden – etwas, was man ja auch von ostfriesischen Kirchen kennt.
Diese Kirche war nicht nur geöffnet, sogar ihr Turm, der allerdings erst nach dem 2 Weltkrieg errichtet wurde, ist zur Besichtigung freigegeben. Und der ermöglicht den Blick zwischen Dachstuhl und Oberseite des Gewölbes des Kirchenschiffs. Und natürlich auch auf die Ems.


Bei uns könnte ich mir nicht vorstellen, das der Zugang einfach freigegeben wäre. Allerdings kann man in calvinistischen Kirchen auch nicht allzuviel klauen: Es ist wenig drin.
Also, liebe Wassersportkollegen, wenn ihr an der Unterems seid, schaut nach Termunterzijl rein, es lohnt sich.

Verkrustete Strukturen

Der natürlichen Reihenfolge der  Ostfrisischen Inseln folgend war jetzt also Juist dran. Jede der Inseln hat ihre Eigenheiten, und wir könnten nicht sagen, welche uns nun ganz allgemein am besten gefällt. Andre können das, auch bei uns im Verein. Die Juist-Fans unter uns haben wir dann auch eben dort getroffen.

Biologische Juist-Fans gibt es auch. Die Einsiedlerkrebse. Nicht, dass es die nicht auch anderswo gäbe, aber hier gibt es besonders viele. Oder finden wir die nur hier besonders oft, weil wir meinen, es gäbe viele, und dann hinschauen? Wir wissen es nicht wirklich. Erfreuen uns aber an ihnen.

Netter Krebs (tut nichts)


Ein andere Sorte Krebstier hat uns weit weniger erfreut. Schon vor Norderney hatte ich das Gefühl, das Boot müsse bei diesem Wind aus dieser Richtung eigentlich schneller laufen. Oder auch bei dieser Drehzahl der Maschine. Also war der Verdacht naheliegend, dass irgendwelche Wesen unter dem Boot westen, die dort nach menschlicher Ansicht nichts zu suchen haben. Wir sind also, nach einem Tag Juist, auf den Sand vor dem Hafen gefahren und haben uns trockenfallen lassen. Das Wetter war danach. Das ist ja erstmal eine schöne Aktion, zuzuschauen, wie das Wasser langsam verschwindet und der Wattboden zum Vorschein kommt.

Das Wasser geht


Eine nicht so schöne Aktion war, was dann kam. An etlichen Bereichen des Unterwasserschiffs saßen Seepocken in fingerdicker Schicht. Auch am Propeller und an der Propellerwelle, innen an den Kielen – außen natürlich auch, aber da kommt man besser ran.
Also mussten der Eigner oder der Skipper oder so runter und die Viecher abkratzen, solang sie noch schön nass waren.  Zweimal um’s Schiff rum, immer knapp über oder auch unter der Wasseroberläche. Ein paar haben leider ihre “Bodenplatte” zurückgelassen. Das muss jetzt erstmal so bleiben, evt. bis zum nächsten Trockefallen. Zeit wäre ja vielleicht noch gewesen, aber wenn man lange genug im Wasser arbeitet, wird’s einem auch im Juli irgendwann zu kalt.
Immerhin, einen gewissen Erfolg hatten wir, sie läuft wieder besser.
Die Pocken waren übrigens sehr zahlreich, aber auch sehr klein. Alle. Kann also noch nicht so lang her sein, dass wir uns die eingefangen haben. Dafür sehr viele. Die scheuen sich offensichtlichg auch nicht, sich übereinander zu setzen –  obwohl der untere das ja kaum überstehen kann.  Völlig unmoralisch, diese Viecher.

Ohne Pocken war der Sonnenuntergang auch viel schöner!

Juist am Abend, vom Watt aus


Die Nacht auch!

PS: Können Seehunde sich ver-navigieren? Ja. Wir hatten schon welche auf dem Elsflether Sand und sogar in der Ochtum.

Gestrandeter Seehund

Können Seehunde auf Grund laufen? Offenbar auch. Als vor Juist – oder hinter, auf jeden Fall südlich – das Wasser wieder kam und knöcheltief stand, hat ein neugieriger Seehund uns vorgeführt, dass sie das können. Einer, ganz allein und sichtlich etwas planlos. Er hat dann aber das tiefe Wasser doch noch gefunden.

Von den Seepocken gibt’s kein Bild. Erster Gedanke: Weg damit. Zweiter auch!

Viel Wind und ein alter Dampfer

19:00 Uhr. Sabine steht am Herd und fragt, ob sie die Kochtöpfe feststellen soll. Das Boot ruckt in den Leinen, ich habe schon eine zusätzliche Leine zum Nebenmann ausgebracht. Es heult und klappert draussen. In dem besonders geschützten Hafen von Norderney. Und der Revierfunk, “north coast traffic”, behauptet allen Ernstes, auf Norderney würden 4 Bft gemessen. Wo steht denn deren Messstation? In Ortsmitte?

Windig war es schon den ganzen Tag, und die Vorhersagen für die Böen haben sich über den Tag von 7 über 8 zu 9 Bft und dann wieder zurück zu 8 entwickelt. Seit einiger Zeit ist das allerdings hier keine Bö, sondern ein Dauerzustand.

Windig ist es hier des Öfteren

Gestern Inselbefahrung mit dem Fahrrad, soweit man halt damit nach Osten darf. Heute ein bisschen Ort, ein kleines bisschen Promenade und am Abend Schiffsbesichtigung. Weil:

Schon heute morgen merkwürdige Geräusche, Dialog ungefähr so: “Was ist das denn?” – “Ein Dampfschiff, kann aber nicht sein, hier gibt es keine Dampfschiffe.” Gemeint ist natürlich das Signal, die Maschine hört man ja so gut wie nicht bei einem Dampfschiff.

Es gibt sie doch. Nicht oft, nicht viele. Aber zumindest dieses. Prinz Heinrich, nach dem benannt, nach dem auch die Mütze heißt. Das angeblich älteste fahrfähige Schiff aus der Meyer-Werft. Wiederaufgebaut aus dem, was nach einer langen Geschichte noch übrig war. Und auch wieder mit Kessel und 2 Dampfmaschinen ausgestattet. Da man als 2-Schrauben-Schiff auch zwei gleiche, besser zwei antisymmetrische Maschinen brauchte, war die Auswahl wohl nicht sehr groß. Weshalb Prinz Heinrich heute etwas untermotorisiert ist.
Dafür die große Crew umso engagierter. Wir durften das Schiff besichtigen, einschließlich der sehr spärlich ausgerüsteten Brücke und der Maschine. Wer mehr über das Schiff erfahren möchte, findet es hier:
www.prinz-heinrich-leer.de

Mal eine ganz andere Art von Freizeitschifffahrt – falls einem “Prinz Heinrich” noch freie Zeit lässt.

Für Martha soll es morgen nach Juist gehen. Oder auch nicht. Das Windorakel hat noch nicht entschieden. Im Moment zappelt die Martha auch im Hafen ganz schön.

Kurze Pause

Liebe Leser, von uns war mal weniger zu hören, weil wir noch ein paar Termine zu Hause hatten. Zum Beispiel die Corona/Covid119-Impfung des Skippers. Genau am ersten Tage nach der STIKO-Empfehlung, sich mal so, mal so Impfen zu lassen. Was dann auch so geschah. Entbindet einen aber auch nicht sofort von der Nasenbohr-Pflicht, die man ja de facto hat, bevor man einen Hafen anläuft. Noch nicht, in 2 Wochen ist sowieso schon wieder alles anders.

Jetzt also wieder zurück an der “north coast”. Der hier zuständige Revierfunk heißt tatsächlich “north coast radio” und sitzt offenbar auf Norderney. Oder hat dort zumindest seine Messgeräte stehen.

In Norddeich lag in unserer Nähe eine andere Westerly in hervorragendem Pflegezustand. So gut, dass ich mich genötigt sah, unsere Scheuerleisten auch mal zu schrubben, bislang allerdings nur steuerbords. (Muss uns demnächst auch mal mit der schlechten Seite an den Steg legen.) Gleicher Hersteller, gleiche Größe, gleiche Zeit, anderes Konzept. (Für Mit-Westerly-Owner: Merlin gegen Konsort) Wir durften mal reischauen, die Nachbarn haben uns besucht. Meinungs- und Erfahrungsaustausch. Nette Begegnung. Vielleich trifft man sich wieder. Soviele Konsorts gibt’s hier ja nicht, und nach dem Arbeitsaufwand zu urteilen wird das Boot wohl länger bei den Eignern bleiben.

Wir sind bei Regenwetter nach Hause gefahren und bei Sonnenschein zurück zum Boot. Mit dem Erfolg, dass unsere leichten Regenjacken jetzt zu Hause hängen. Sowas gibt es in Norddeich am Sonntag auch nicht zu kaufen (Montag bis Samstag vermutlich auch nicht.) Also nochmal nach Norderney. Wettervorhersage: Morgens Süd 2, abends Gewitterböen bis 8 Bft aus Süd. So hat uns die Wetterentwicklung, zumindest im Hintergrund, eigentlich den ganzen Tag beschäftigt.

Anfang: Süd 2 bei 2 kn Strom nach Nord (= aus Süd): Kein scheinbarer Wind, glattes Wasser, unter Motor nach Norderney.

Ende: Wie Wolken, dumpfes Grollen und ferne Donner. Viel Show, aber wenig Aktion. Die Ruhe vor dem Sturm ging sanft in die Ruhe nach dem Sturn über. Der Sturm war woanders.

Und heute, Montag: “Süd 4, zunehmend 5-6, Schauerböen.” Stimmt!