Alarm im Hafen

Immer noch Thema Wetter. Bovor es richtig losging, haben wir uns noch überlegt, wo wie dieses Tief abwettern wollten.
Norderney? War schon genug. Baltrum? Ist OK. Langeoog? zu weit ins Dorf, wenn’s regnet und schlecht geschützt bei SW. Oder richtiger, der Hafen ist so groß, dass zwar die Außenmole de Wellen abhält, aber sich innen schon wieder hinreichend lästige neu Wellen bilden können. Spiekeroog? Zeitweise ein etwas uncharmanter Hafenmeister. Wangerooge? Schlecht geschützt bei SW und noch weiter in den Ort.

Also liegen wir auf Baltrum. Etwas geschützt durch die hohe Westmole und etwas weniger durch die niedrige Südmole und das Watt, und auf der Leeseite des Stegs, so dass wir wenigstens nicht drauf gedrückt werden. Der Wind ist nach wie vor recht ausdrucksvoll und an den Klampen des Pontons sind schon einige Festmacher-Makramees entstanden.

Festmacher-Makramee

Ein aktueller Text vom Deutschen Wetterdienst:

Seewetterbericht für Nord- und Ostsee herausgegeben vom Deutschen Wetterdienst, Seewetterdienst Hamburg am 29.07.2021, 03.06 UTC.

Wetterlage 29.07.2021 00 UTC : Ein Tief 992 zieht unter Vertiefung von der Südspitze Finnlands wenig nordwärts. Ein Tief 1000 über der Haltenbank vertieft sich. Ein Tief 998 zieht von Forties ostwärts und vertieft sich dabei. Freitagfrüh erreicht es den Raum Stockholm. Ein Azorenhochkeil 1016 reicht über Nordspanien zu den Alpen und ändert sich kaum. Am Donnerstagabend erreicht ein Sturmtief 1000 die Keltische See und zieht unter Vertiefung ostwärts.

Bis Freitag früh ist in folgenden Vorhersagegebieten mit Sturm zu rechnen: Engl. Kanal Westteil Engl. Kanal Ostteil Bis Freitag früh ist in folgenden Vorhersagegebieten mit Starkwind zu rechnen: Deutsche Bucht Südwestliche Nordsee Ijsselmeer Dogger Skagerrak Kattegat Belte und Sund Westliche Ostsee Südliche Ostsee Südöstliche Ostsee Zentrale Ostsee Nördliche Ostsee Rigaischer Meerbusen

Vorhersage gültig bis Freitag früh: Deutsche Bucht: Südwest 6, strichweise 7, etwas abnehmend, westdrehend, Gewitterböen, See 3 Meter.

Als wir das Boot für einen kurzen Gang verlassen wollen, werden wir darauf hingewiesen, das bei der großen Fähre,genau in Luv von uns, etwas nicht sitmmt. Offenbar ist das Ablegen etwas schief gegangen, das Schiff steht im rechten Winkel zur Pier und parallel zu einem kleinen Versatz in der Pier, etliche Streichpfähle liegen im Wasser und die Maschine läuft und schiebt den Bug gegen die Pier. So sollte das eigentlich nicht aussehen. Und wärend die Yachties noch zusehen, kommt der Hafenmeister zu uns und teilt uns mit, es habe eine kleine Havarie gegeben und wenn die Maschine ausfalle, müssten wir hier weg. Das führt zu unterschiedlichen Reaktionen. Sabine packt Logbuch, Portmonais und Handy ein, ich mache die Maschine, also unsere, klar. Muss mir aber sagen lassen, dass das Boot versichert sei und ich hier sowieso nicht weg käme. Seh’ ich anders und wollte ggf. mit Boot raus, ist inzwischen aber egal. Die Fährenbesatzung hat ihr Schiff wieder in den Griff bekommen, dreht es um und fährt raus. Alle gucken zu. Alarm beendet.

Gehen zum Westende der Insel und schauen uns an, was der Wind im Seegat so veranstaltet.
Ein Segler, der über den Luxus eines Anemometers, vulgo Windmessgeräts, verfügt, hat Spitzenwerte von 42 Kn gemessen. Das ist schon eine ganze Menge. Bei 41 Kn fängt Bft 9, Sturm, an. Wir könnten das also als “stürmisch” bezeichnen.

Seegat bei Starkwind


Update: Revierfunk meldet “Alte Weser” 8 Bft.

Standortwechsel

Das Wetter ist zur Zeit unberechenbar oder, etwas meteorologischer, ist geprägt von einer feuchwarmen Luftmasse mit instabiler Schichtung. Hatten die Fahrräder schon verpackt, dann aber wegen des Wetterberichts doch noch den Plan geändert und sind einen weiteren Tag auf “Ney” geblieben. “Ney” scheint der neue Name der Insel zu werden. Bei allen möglichen Firmen, beim Restaurant “Ney’s Place” am Hafen und sogar in der Email-Adresse des Hafenmeisters findet man nur noch “Ney”. Da die Insel ihren Name in ihrer kurzen Geschichte schon ein paar Mal geändert hat, warum nicht?
Das angekündigte Gewitter mit Böen kam tagsüber nicht. Erst am Abend, schon sehr dunkel, zog eine beeindruckende Böenwalze über die Insel. Statt der Angesagten Sturmböen dann 2 Minuten etwas Wind, und das war’s.

Gewitterfront mit Böenwalze

Nach so vielen Tagen Norderney zieht  es einen dann auch weiter. Jede Insel hat ihren eigenen Charakter und ihr spezifisches Publikum. Die größen des hannöverschen König- und des wilhelminischen Kaiserreichs haben sich hier jedenfalls wohlgefühlt. Manchmal fühlt man sich dort halt heimischer als da. Lästern über Inseln darf man sowieso nicht. Der Heine Harry hat das bei Norderney gemacht und durfte dann nicht wiederkommen.

Am Montag dann, sowohl vorhergesagt als auch real, völlige Flaute. Da “Ney” irgendwann langweilig zu werden beginnt, jedenfalls uns, unter Motor nach Baltrum. Mit kleiner Fahrt und bei wechselnder Sicht.


Auf Baltrum große Aufregung: Im Watt bei Norderney sei ein Flugzeug abgestürzt. Muss weniger als eine Stunde, nachdem wir an der Stelle waren, passiert sein. Alle Fahrzeuge, die etwas beobachtet haben, sollen sich melden. Wir haben nichts wahrgenommen. Später haben wir dann aus der Pressemitteilung der Polizei erfahren, was wirklich passiert ist. Vor zwei Tagen haben wir den Fallschirmspringern noch zugesehen.

Jetzt auf Baltrum. Nach “Ney” doch recht ruhig und erholsam. Eine ganz andere Insel und ein ganz anderes Publikum. Auch ein anderer Altersdurchschnitt, mehr Kinder pro Gast.

Norderney, die Dritte

Gestern nach einer Rundfahrt durch den Yachthafen als dritte im Päckchen festgemacht. Heute morgen um 6 hat sich der innere nach Lauwersoog davon gemacht, wir haben dann den Innenplatz eingenommen, weil der mittlere auch am Vormittag weg wollte und ist, nur nicht so unchristlich früh. So ist das eben mit der Tide.
Da wir mit unseren knapp 9 Metern auf einem Platz liegen, der, mit Überhang, auch noch für 13 Meter ausreichend wäre, hätten wir uns gerne woanders hingelegt. Sonst hat man schnell vier solche Riesenteile an sich dran hängen, was dann zu sehr straffen Leinen und platten Fendern führen könnte. Und zu viel Durchgangsverkehr über das Vordeck. (Für die möglicherweise segelferne Leserschaft: Vorn geht man durch, hinten ist Privatbereich. So will es die Yachtetikette.) Mittags war immer noch nichts anderes frei und wir haben uns auf die Insel aufgemacht. Besuch beim Leuchtturm.
Sabine hat sich die zweihundertundnochwassechzig Stufen gespart, der Schreiber nicht. Der Blick lohnt sich. Der Leuchtapparat des Norderneyer Turms stammt übrigens aus Frankreich. Er wurde nach dem Krieg von 1870/71 als Reparationsleistung eingefordert und dreht als einziger deutscher Leuchtturm links herum. Die riesige Fresnel-Optik ist noch erhalten und auch noch in Betrieb. Obwohl man vermutlich heute die gleiche optische Leistung auf eine Frühstücksteller unterbringen könnte. 1870 musste die Optik so groß sein, weil auch die Lichtquelle, mehrere Lampen, so groß war.

Der Leuchapparat des Norderneyer Leuchtturms
Blick von oben

Gang am Strand, auch durchs FKK-Gebiet. Freikörper-Kultur, so’n Quatsch. Kultur fing damit an, dass man sich was anzog. Wir Deutschen haben ja noch den Kulturbeutel. Vermutlich kann kein anderes Volk auf Erden die Kultur in Beuteln abpacken.

Viererpäckchen

Bei Rückkehr in den Hafen waren wir dann der innere im 3-er Päckchen. Zwischendurch waren es mal 4, jetzt sind’s wieder 3, aber der Abend ist ja noch nicht zu Ende.

Pearl Harbour

Schiermonnikoog raus und vor dem Hafen in angemessen tiefem Wasser erst etwas warten. Aus dem Hafen kommt man nur nahe Hochwasser, und im Seegat wollen wir den Strom mit uns haben. Das schenkt uns einige Meilen.

Warten auf den Ebbstrom
Het Riff – Engelmans Plaat: Als Insel zu flach, als Sandbank zu groß

Bis Höhe (eigentlich Länge) vom Rottumer Oog unter Segeln, dann wurde der Wind so dürftig, dass wir mit ein wenig Diesel nachhelfen mussten. Die Meinungen darüber, ob man schon nachhelfen muss, sind da nicht immer einhellig, aber irgendwie einigt man sich schon.

Schiermonnikoog sollte man besuchen, Norderney kann man, Borkum muss man. Wenn die Tide es erfordert, sonst eher nicht. Jede der Ost- und/oder Westfriesischen Inseln hat ihre Fangemeinde, auch Borkum.

Für Boat-People wie uns gibt es allerdings nur einen guten Grund, Borkum anzusteuern. Nämlich den, dass es da liegt, wo es liegt, und bei nahezu jeder Tide angesteuert werden kann. Es gibt zwei Häfen: Den Schutzhafen und den Jachthafen.
Letzterer ist nur um Hochwasser herum befahrbar und gehört zu den unansehnlichsten, die dieses unser Land so zu bieten hat. Einzig das Restaurant dort kann etwas mit dem morbiden Charme der Nachkriegsanlage versöhnen. Den Spruch “pearl harbour = alles in Trümmern” für diese einzigartige Anlage hab’ ich von einem Borkumer.

Der Schutzhafen ist ein eben solcher. Er bietet Schutz vor Wind und Seegang. Erst der kaiserlichen, dann den nachfolgenden deutschen Marinen. Und dafür ist er auch ausgelegt und geprägt. Er hat das Flair, das Marineschutzhäfen eben so haben: Keines. Ein und ein halber der ehemaligen Marinepontons werden, neben einer eigenen Steganlage, vom örtlichen Segelverein mitgenutzt. An den anderen liegen hier Versorger, Lotsen und die Gesellschaft mit dem langen Namen und sorgen dafür, dass ständig etwas los ist. Schön ist das nordwestliche Eingangstor zu Deutschland nicht, aber groß und tief.

Am nächsten Tag mit dem Hochwasser, jetzt schon wieder am Vormittag, über die Fischerbalje und das Memmertfahrwasser nach Norderney. Vor Juist wurden wir gewarnt, Hafen zu voll.

Norderneyer bei der Arbeit

Da sind wir jetzt schon zum dritten Mal in diesem Jahr: Vor der Corona-Impfung, nach der Corona-Impfung und jetzt “auf der Durchreise”. Aber jetzt sind Ferien, das merkt am auch daran, dass es jetzt voll wird im Hafen.

Die Insel der grauen Mönche

Die Insel

Da sind wir, auf der Insel der grauen Mönche. Das bedeutet der Name: Schier = grau (westfriesisch), Monnik = Mönch, Oog = Insel. Siehe auch Lange-, Spieker-, Wange-, Old- und Minsener Oog bei uns. Und das kam so: Im Mittelalter gab es hier ein Kloster, zu dem die ganze Insel gehörte. Nach der Reformation hat man das Ganze dann säkularisiert, sprich vertickert. Wurde damit Kapitalanlage (soll ja schon immer Leute gegeben haben, die nicht wussten, wohin mit dem Geld) und im Laufe der Jahrhunderte mehrfach weiterverkauft. Bis die Insel als Privatbesitz bei einer deutschen Adelsfamilie landete, der sie bis zum Ende des 2. Weltkriegs gehörte. Wer das detailierter lesen möchte, findet es hier.

Die Mönche

Die grauen Mönche treten immer noch an diversen Stellen im Ortsbild des einen und einzigen Ortes auf, der wie die Insel selbst auch Schiermonnikoog heißt. Nicht als Personen, aber als Denkmal und als Verzierung von Straßenschildern oder des alte Leuchturms. Einen neuen gibt es auch, der hat aber eine Radar-Antenne oben drauf, da war kein Platz für einen Mönch. Oder es hätte wohl zu albern ausgesehen, wenn er sich immer hätte mitdrehen müssen.

Der Hafen

“Der Werner” (siehe unten) sagt, dass man beim Hafen von Schiermonnikoog schon mal damit rechnen müsse, dass er wegen Überfüllung gesperrt sein könne, zumindest in der Ferienzeit. Wir sind, glaub ich, zum ersten Mal während der Sommerferien hier. Gesperrt ist er nicht. Der Hafenmeister beweist aber großes Geschick darin, die in der Tat begrenzte Wasserfläche optimal auszunutzen. Ganz kommt man nicht trocken von einer Seite zur anderen, aber stellenweise kommt man diesem Zustand schon recht nah. Ein bisschen Platz für Schlauchboot oder SUP-Board bewegende Kinder bleibt aber noch. Und die meiste Zeit des Tages bewegt sich auch sonst nichts. Es ist sowieso nicht genug Wasser da. Bei Niedrigwasser liegt der Hafen hoch über der trockenen Wattlandschaft.