Geheimtip

Meinen Geheimtip kann ich hier nicht veröffentlichen, dann wäre er ja nicht mehr geheim. Wir hatten heute einen abwechslungsreichen Tag. Guten Segelwind, und da wir keine Rechte Lust hatten, genau gegen den Wind durch den Grönsund zu motoren, haben wir nach nur 16 Meilen in einem ebenso kleinen wie malerischen Hafen an der Ostseite Falsters wieder festgemacht. Der dazugehörige Ort ist ebenfalls klein und malerisch und hat etwas, was auf Neudeutsch (oder Industriedeutsch) ¨Alleinstellungsmerkmal¨ heißt: Viele Häuser sind nicht nur mit Stroh gedeckt – das gibt es öfter in Dänemark -, sondern die Außenwände sind auch mit Stroh verkleidet – das gibt es sonst nirgendwo in Dänemark. Ich wüßte auch sonst keinen Ort, wo man sowas macht. Diese Bauweise trägt sehr zu Malerischen des Ortes bei.

Mit Stroh verblendete Häuser, alte Technik trifft neue

Die ist nicht entstanden, die hat sich ein Architekt, Name ist Wikipedia bekannt, ausgedacht, nachdem der Ort durch eine Überschwemmung zerstört wurde und neu aufgebaut werden musste. Hinter dem Stroh verbirgt sich ganz normales Fachwerk.

Außer dem Hafen und den verkleideten Häusern gibt´s hier noch zwei Badestrände, viel Wald und im Wald angeblich 800 (achthundert) Hünengräber. Haben wir uns angesehen, den Wald, einen Strand und ein Hünengrab. Der Wald bewandert, den Strand bebadet und das Grab besichtigt.

Hünengrab

An dem Grab hat sich schon vor längerer Zeit ein dänischer König als Amateur-Archäologe betätigt. Was man durch eine Inschrift im größten der Hinkelsteine gewürdigt hat. Vielleicht nicht ganz die Art, wie man heute mit historischen Zeugnissen umgehen würde. Immerhin kann man, obwohl sich  die Anlage, laut erklärendem Schild, in einem schlechten Zustand befindet, noch gut erkennen, wie das Ganze einmal aufgebaut war. Unsere Dolmen sind in der Regel jedenfalls in einem wesentlich schlechterem Zustand.

Und zum Wald: In dem soll eine besondere Buche stehen, unter der der dänische (und deutsche) Dichter Adam Oehlenschläger (Originalschreibweise) den Text der dänischen Nationalhymne verfasst haben soll.  Angesichts der vielen Buchen in den umgebenden Wäldern konnte der historisch wertvolle Baum von uns nicht identifiziert werden. Vielleicht ist er ja auch nicht mehr. An der Abbruchkante der Steiküste haben sich offensichtlich schon mehrere Bäume auf den Weg in die Ostsee gemacht. Wir haben lieber einen sicheren Abstand von dieser bröseligen Struktur gehalten. Auch wenn man hier nicht so tief fällt wie an der benachbarten Kreide, es reicht.
Plan für Morgen: Weiter durch den Grönsund nach Westen. Bis wohin entscheidet der Wind.
Der malerische Hafen ist übrigens der einzige Hafen an der Ostküste von Falster.

Einmal rum

Wir sind einmal rum. Von Klintholm aus sind wir zur schwedischen Ostküste, jetzt sind wir von der Westküste über Kopenhagen wieder in Klintholm angekommen, haben also die große Schleife beendet. Immer wieder Klintholm. Liegt natürlich daran, das der Grönsund der einfachste Weg in den Osten Dänemarks ist, wenn man aus dem NOK kommt. Und von dort aus ist Klintholm ein einfach anzulaufender Hafen. Vom dortigen Fischbuffet ganz zu schweigen.

Heute von Rödvig aus mit schönem Segelwind aus West bis vor Möns Klint, dann weniger Wind, aber finstere Wolken. Da braute sich was zusammen, was so nicht vorhergesagt war.

Da braut sich was zusammen

Das Zusammengebraute reichte genau um´s Kliff, mit Fallböen und Wirbeln. Alles, was man so eigentlich nicht haben will. Es nicht fotografiert, weil man da die Hände für etwas anderes braucht. Und weil auf den Bildern sowieso außer einem schiefen Horizont nichts besonderes zu sehen ist.

Vor dem Hafen war alles vorbei, was Wind hieß. Der Regen ist geblieben. Wir bleiben unter Deck und warten auf das Ende. Des Regens natürlich!

 

Das kleine Kliff

Der Plan mit dem Wind hat geklappt, im Wesentlichen. Mit Halbwind in die Köge-Bucht, und heute mit Halbwind wieder heraus. Die Vorhersage war vormittags südwest, ab Mittags sollte er, der Wind, auf West drehen und zulegen, bis 6 Bft. Da hätten wir nur noch ein kleines Stück am Wind gehabt. Leider hat sich der Wind nicht genau  an die Vorhersagen gehalten und kam immer noch aus Südwest, als wir um die Ecke kamen. Was uns ein paar Kreuzschläge extra beschert hat.

Track Köge-Rödvig

Die Ecke, das ist Stevns Klint, sozusagen das kleine Geschwister (man beachte das Neutrum!) von Möns Klint. Nicht so hoch und nicht so berühmt, dafür aber länger. Auch nicht weit davon entfernt, wenn die Sicht einigermaßen ist, kann man Möns Klint in der Ferne sehen. An Stevn Klint kann man an einigen Stellen die Sedimentschicht sehen, die den Faunenschnitt der Kreidezeit markiert, das Aussterben der Saurier. Was dazu geführt hat, das die Klippen zum Weltnaturerbe erklärt wurden. Einerseits. Anderseits wird das Kreidegestein, was ja auch nichts weiter als Kalk ist, bis heute wirtschaftlich genutzt. Sprich: Abgebaut und in Kalköfen in Mörtel-Grundstoff oder, ohne Öfen,  in Schul- und Malkreide, verwandelt.

Kreideabbau an Stevns Klint

Da Kreide ja nun mal kein sehr stabiles Material ist, wird das Kliff immer kleiner. Nicht nur in geologischen Zeiträumen, man kann das auch sehr schön an der Kirche von Höjerup sehen. Die stand zu nahe an der Kante, heute fehlt ein Stück. Das ist 1928 mit dem Kliff in die Ostsee gefallen. Der Rest scheint aber stabil zu sein, er wird noch genutzt.

Kirche von Höjerup

Die gleiche Formation, die Möns Klint und Stevns Klint bildet, setzt sich übrigens auch unter Kopenhagen fort. Was dort für den Ubahn-Bau durchaus vorteilhaft war.

Rödvig, unser Zielhafen, lebte früher von der Fischerei und vom Kalk Brennen. Heute auch noch von der Fischerei, ein großer Teil der Fischereihafens ist heute allerdings für Yachten freigegeben. Der schon vorher vorhandene Yachthafen hat wohl nicht mehr ausgereicht. Ganz schön so, mehr Hafen- und weniger Campingplatz-Ambiente.

Morgen soll es weiter aus Südwesten wehen. Da sich das Planen nach der Windvorhersage gestern und heute bewährt hat, wird´s vermutlich Richtung Klintholm gehen. Einerseits liegt das gut zur vorhergesagten Windrichtung, andererseits gibt es da ein vorzügliche Fischbuffet. Wenn´s denn noch auf hat, wenn wir kommen. Da haben da so merkwürdige, mehr Anbieter-orientierte Öffnungszeiten. Man muss da seinen Hunger an das Restaurant anpassen, sonst kriegt man nichts mehr.

Nachtrag: Wie der Chronister aus lokaler Quelle erfahren hat, ist der oben angeführte Steinbruch schon seit längerem nicht mehr im Betrieb. Zumindest werden keine Steine mehr gebrochen. Dafür darf man Fossilien sammeln. Aber nur sammeln, nicht heraus brechen. Das passt auch besser zum Welterbe-Status.

Völlig benebelt

Der Abend in Kopenhagen wurde durch periodisch wiederkehrende Geräusche geprägt. Die kamen aus unterschiedlichen Richtungen, auch übers Wasser, und hatten vermutlich den Zweck, Primaten zum Bewegen der Extremitäten zu veranlassen. Der Lärm erstreckte sich bis weit nach Mitternacht ohne das sich an dessen Ausprägung wesentliches geändert hätte. (Dumm-dumm-tatata-dumm o. ä.)
Am Morgen wurde die akustische Umgebung dann durch lange Töne tieferer Frequenz geprägt. Erst allmählich dämmerte dem Erwachenden, dass es sich um Nebelsignale der vorbeifahrenden Schiffe handeln könnte.
Frühmorgendliche Sichtkontrolle ergab: Meerjungfrau völlig benebelt, gegenüber liegendes Ufer und Schifffahrt komplett außer Sicht.

Unter solchen Umständen kann man sich Zeit mit dem Frühstück lassen. Kein vernünftiger Skipper fährt bei solchem Nebel los. Zeitweise wäre es schon schwierig gewesen, überhaupt die Ausfahrt zu finden. Ein großes Kreuzfahrtschiff dicht an unserem Liegeplatz fest gemacht,  war kurz sichtbar, nach 2 Minuten aber schon wieder im Nebel verschwunden. Gegen neun verließen einige Yachten den Hafen, gegen 10 nach neun fuhren einige in den Hafen. Es waren die gleichen.

Erst gegen 10 löste sich der Nebel auf, die Sammlung der Kreuzfahrtschiffe wurde sichtbar und die Yachties strömten auf´s Wasser. Wir auch.

Abfahrt aus Kopenhagen

In der Nähe der Wasseroberfläche noch diesig, die Pylone der Öresundbrücke aber schon gut erkennbar. Man fährt vor Kopenhagen im spitzen Winkel in das Hauptfahrwasser, das über den Tunnel zur Öresundbrücke Richtung Süden, zur Ostsee, führt. Vor uns die Brücke, rechts der Flughafen und hinter uns ein Frachter. Und dann, in weniger als einer Minute, alles weg. Alles im Nebel verschwunden. Nun kann man sich zwar heute dank GPS auch ohne Sicht außerhalb des Fahrwassers halten. Aber schön ist es trotzdem nicht, vor einem hupenden Frachter  durch den Nebel zu fahren. Das ist schon bei guter Sicht nicht schön.

Seenebel

Nächster Hafen: Dragör alter Hafen. Schon in der Einfahrt zu erkennen: Hier kreisen etliche, die hier Zuflucht gesucht haben. Also weiter, Dragör Marina. Das sind nur ein paar hundert Meter, und hier war Platz. Warten, dass der Nebel sich auflöst. Einmal auf die Festung, und siehe, bis man da oben ist, ist der Nebel schon deutlich weniger geworden. Also wieder an Bord. Inzwischen strahlender Sonnenschein.

Nur, es ist zu spät geworden für unseren Zielhafen. So beschließen wir, uns an die Windvorhersage anzupassen. Heute mit Südost nach Köge, morgen mit West wieder aus der Bucht und weiter.

Wir waren noch nie in Köge, wie wohl die meisten anderen nicht-dänischen Segler auch. Es liegt auf keiner normalen Route. Wenn man hier vorbeikommt, ist man entweder auf dem Weg nach Kopenhagen oder nach Mön. Jeder Segler kennt die Köge-Bucht, aber wenige kennen Köge. Auch wir haben erst im Hafen festgemacht und dann nachgesehen, wer oder was Köge eigentlich ist.

Köge

Und siehe, es wurde beschrieben als eine der Städte mit dem am besten erhaltenen mittelalterlichen Stadtbild in Dänemark. Wir können es bestätigen. Und ohne den Nebel wären wir nie hin gekommen.

Kopenhagen statt Malmö

Wie schon des Öfteren auf dieser Reise hatte der Plan wieder nur einen kurzen Bestand. Der Plan sah nämlich vor, Malmö zu besuchen. Weil Sabine da noch nicht war. Und ich, der ich schon mehrfach aus unterschiedlichen Gründen dort war, die Stadt durchaus sehenswert finde. Ist ja immerhin die drittgrößte Stadt Schwedens, auch wenn es aus dänischer Sicht mehr ein Vorort von Kopenhagen ist.

Von Borstahusen lag Malmö an diesem Tag allerdings fast genau in Windrichtung, was kreuzen erfordert. Ein schöner langer Kreuzschlag führte uns bis auf etwa sechs Seemeilen an Kopenhagen, dort drehte der Wind, so dass man Malmö fast anliegen konnte. So für 5 Minuten, dann gab`s fast gar keinen Wind mehr.

12 Meilen gegen fast gar keinen Wind nach Malmö oder 6 Meilen mit fast gar keinem Wind nach Kopenhagen. Wenn man hiet schon ist, kann man ja Kopenhagen nicht auslassen. Also noch eine Wende und ab Richtung Lynettelöb. Das ist die Einfahrt in das Hafengebiet, die Kleinfahrzeuge nehmen sollen. Die Großschifffahrt hat eine zweite, größere Einfahrt weiter nördlich, auf der anderen Seite der Lynette. Großes Schiffe großes Loch, kleine Schiffe kleines Loch. (Wasserflugzeuge auch kleines Loch.) Zwischen den Löchern liegt, was denn auch sonst, die Lynette. Die gibt es noch, wie vieles von Kopenhagens Befestigung.
Beim letzten Besuch in Kopenhagen hatten wir noch im Christians-Kanal gelegen. Das ist sehr zentrumsnah und geschützt. Leider, aus Sicht der Segler, liegt jetzt davor eine Fußgänger- und Radfahrerbrücke. Die wird zwar geöffnet, aber nur zu festen Zeiten und mit Abständen von mindestens einer Stunde. Da wir außerdem inzwischen wissen, dass man hier um diese Zeit des Jahres besser damit rechnet, dass attraktive Häfen früh voll sind, sind wir gleich in den ersten innerstädtischen, den Langelinie-Hafen. Es gibt noch weiter draussen große Häfen im Industriegebiet. Da findet man wahrscheinlich immer einen Platz, aber es ist eben auch weit bis in die Stadt und nicht sonderlich schön.

Nyhavn, der alte Hafen von Kopenhagen, wie der Name schon sagt 😉

So liegen wir innenstadtnah, wenn auch nicht besonderes ruhig. Zum einen kommt ein bisschen Schwell hereingeschwappt, zum anderen ist die Umgebung etwas von fotografierenden Touristen überlaufen. Die kleine Meerjungfrau ist nur ein paar Schritte entfernt, wenn auch durch ein paar Bäume von hier aus verdeckt.

Kleine Meerjungfrau

Für Morgen ist wieder Schwachwind aus Südost angesagt. Entweder lassen wir Malmö aus – wir werden wohl nicht das letzte Mal hier gewesen sein, Ven steht ja auch noch auf der Liste – oder wir fahren mit der S-Bahn hin.